Grundlagen Kreatives Schreiben (German Edition)
Nebenfigur auftreten und sie darf interpretieren, kommentieren, verschweigen, lügen … Der Ich-Erzähler sollte über eine charakteristische, individuelle Stimme verfügen. Diese Perspektive ist besonders geeignet, wenn über innere Konflikte erzählt wird und wenn der Plot linear verläuft. Auch hier ist die Einschränkung zu beachten, dass der Ich-Erzähler nur von seinem notwendigerweise beschränkten Wissen berichten kann.
Zweite-Person-Erzählperspektive
Sehr selten wird die zweite Person Singular als Perspektive genutzt, bei der die gesamte Geschichte einem „Du“ erzählt wird. „Du mochtest das Steak nicht und warfst es aus dem Fenster.“ Man braucht einen sehr guten, in der Geschichte verankerten Grund um diese Perspektive zu wählen und über eine längere Strecke kann die Perspektive den Leser nerven. Nichtsdestotrotz stellt sie eine große Nähe zwischen Leser und Erzähler her.
Der objektive Erzähler
Nüchtern und sachlich berichtet der objektive Erzähler die Geschichte und befindet sich in einer sehr großen Distanz zum Leser. Ähnlich wie in einem Nachrichtentext enthält er sich jedes Kommentars und jeder emotionalen Einmischung. Gerade wenn sensationelle, aufwühlende Ereignisse und schreckliche Begebenheiten geschildert werden, kann der objektive Erzähler die geeignete Perspektive sein, um durch den Kontrast eine unsentimentale und umso wirkungsvollere Schilderung zu erreichen.
Die Multiperspektive
In einem Roman ist auch die sogenannte Multiperspektive eine Option. Verschiedene personale Erzähler oder verschiedene Ich-Erzähler wechseln sich dabei ab. Zu beachten ist, dass sich die Erzähler ausreichend voneinander unterscheiden, damit es überhaupt sinnvoll ist, mehrere zu haben. Ihre Zahl sollte auch übersichtlich bleiben.
Um sich im Perspektivendschungel zu orientieren, können diese Fragen helfen:
• Gibt die Struktur der Geschichte eine Einschränkung auf eine bestimmte Erzählperspektive vor?
• Sind die Figuren oder ist die Handlung wichtiger, stehen innere oder äußere Konflikte im Mittelpunkt?
• Wie nah oder distanziert soll das Verhältnis zwischen den Lesern und Figuren sein?
• Welche Figur hat genug Freiheit, um bei den wichtigsten Handlungen anwesend zu sein?
Die auktoriale oder personale E rzählperspektive
Da sie ein so zentrales Thema ist, wird sie in sämtlichen Schreibratgebern behandelt: die Erzählperspektive. Überall liest man von der Unterscheidung in die auktoriale, also allwissende, die personale und die Ich-Perspektive. Auch die neutrale Perspektive und der unzuverlässige Erzähler werden manchmal no ch erläutert. Es lohnt sich jedoch das Thema Erzählperspektive einmal aus einem deutlich ande ren Blickwinkel zu betrachten. Statt mit einer Handvoll unterschiedlicher Perspektiven zu jonglieren, reicht es von zwei verschiedenen Perspektiven auszugehen, nämlich der auktorialen und der personalen. Sie sind zwei Gegenpole und jeder Text siedelt sich irgendwo auf der Strecke zwischen diesen beiden Polen an.
Der auktoriale Erzähler als Bescheidwisser
Der auktoriale Erzähler ist durch zwei Merkmale gekennzeichnet: Er verfügt über Weltwissen und er ist von den Geschehnissen, über die er berichtet, nicht betroffen. Dieser Erzähler weiß alles, erklärt die Welt und tritt sicher auf . Er weiß, was in allen Figuren vor sich geht und verfügt auch über alle Zeiten, kennt also nicht nur die Vergangenheit und Gegenwart, sondern auch die Zukunft. Aus all dem resultiert auch Distanz zum Erzählten, deswegen verwendet man für ihn gern das Bild eines Gottes, der hoch oben über der Welt thront. Einen typischen auktorialen Erzähler, einen „Bescheidwisser“, findet man, wenn man Musils „Der Mann ohne Eigenschaften“ aufschlägt. Auf den ersten Seiten ist er gleichzeitig Meteorologe, Soziologe, Physiker und Stadtgeograf, kennt die Figuren bis auf ihre Unterwäsche, beurteilt sie und schildert mit kühl-unbeteiligtem Blick die Folgen eines Autounfalls.
Der personale Erzähler auf der Suche nach Erkenntnis
Der personale
Weitere Kostenlose Bücher