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Grundwache

Grundwache

Titel: Grundwache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Laurent Bach
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auszusprechen. In dieser Hinsicht war er ebenso abergläubisch wie jeder Seemann. Er rief sich in Erinnerung, dass die Barentssee maximal nur gute 200 Meter tief war, doch dieses Wissen tröstete ihn kaum. Er hielt Vitali am Arm fest und zog ihn zu sich heran, sodass sein Freund sich durch das Schott beugen musste.
    „Sag mir jetzt auf der Stelle, was los ist. Hast du etwas vor? Bist du ein Saboteur? Ein Terrorist? Oder willst du mir nur Angst machen?“
    Vitalis Gesicht verhärtete sich für einen Augenblick zu einer abweisenden Maske, die Alexej irritierte. Die Augen, die sonst so leuchteten, wurden ausdruckslos. Doch dann war dieser Moment vorüber und Vitali prustete:
    „Quatsch, ich sage das, weil Kolja heute eine Torpedo-Ladeübung machen wollte. Da störst du nur.“
    Alexej ließ ihn los, verwirrt und verlegen.
    „Ach so.“
    Vitali schüttelte den Kopf. „Du hast wohl zu viele Thriller gelesen, was? Terrorist, ja klar!“
    Er tippte sich vor die Stirn und ging wieder auf seinen Posten. Alexej schaute ihm nach und biss sich auf die Lippen. Ihm war klar: irgendetwas würde heute passieren. Ob er Kolja einen Streich spielen wollte? Er hatte gesehen, dass Vitali sehr an den Torpedos interessiert gewesen war und sich einiges von einem Techniker hatte erklären lassen.
    Als eine Stunde später der Tauchbefehl kam, sah Alexej durch das Schott, dass Vitali, der gerade an einem Schaltschrank stand, sich aufrichtete und reckte. Er starrte blicklos vor sich hin, dann gab er sich einen Ruck, murmelte etwas und arbeitete weiter. Alexej runzelte die Stirn, doch er sprach ihn nicht noch einmal an.
     
    Als nur wenige Minuten später ein seltsames, ungewohnt erscheinendes Krachen und Beben aus dem Bug des U-Bootes drang, zuckte Alexej zusammen und schaute den E-Maschinisten fragend an. Dieser öffnete seinen Mund, schloss ihn, öffnete ihn wieder, wie ein Fisch. Seine Augen wurden groß. Geschrei und Poltern waren zu hören, laute Befehle wurden gerufen, dann hörten sie Schreie voller Angst. Feueralarm wurde gegeben, die Männer folgten als eingespieltes Team ihren Anweisungen. Alexej und der E-Maschinist blieben jedoch auf ihrem Posten, schauten nur immer wieder durch das Schott. Rauch drang zu ihnen. Nach einigen Minuten lief ein Zittern durch das Boot, das einem die Furcht in die Füße trieb. Alexej stand da wie angewurzelt, als eine ungeheure Explosion das Schiff aus den Fugen warf. Die Wände wankten und bebten, Wasser rauschte und die Stimmen erstarben in dem Zischen, Fauchen und Krachen, das mit einem Funkenregen einherging. Alle E-Motoren fielen aus, Kurzschlüsse in der 5. und 4. Abteilung. Weiter konnte Alexej nicht schauen. Da neigte sich das Schiff mit dem Bug, es taumelte so ungewohnt, sodass Alexej sich an einer Stiege festhielt und sich nach Vitali umschaute. Dieser schaute aus dem Schott und winkte ihm zu:
    „Komm hier herein! Schotten dicht!“
    Gerade setzte er den Fuß in die 7. Abteilung, als er grob zurückgerissen wurde. Mehrere Kameraden, die aus den vorderen Abteilungen geflohen waren, standen hinter ihm. Sie rochen nach Rauch, einer von ihnen heulte Rotz und Wasser. Alexej wurde zurückgestoßen, doch dann wich seine Verwirrung einer heißen Panik. Er drängte sich zwischen seine Kameraden, schob und schubste, bis er endlich das Schott durchsteigen konnte und Vitali ihn an sich zog. Mit Entsetzen bemerkte Alexej, dass einige Männer nass bis an die Knie waren.
    „Wassereinbruch?“ fragte er mit zitternder Stimme.
    Der Mann, der sonst im Sonarraum arbeitete, nickte nur. Das Entsetzen stand ihm ins Gesicht geschrieben. In diesem Moment tauchte der massige Körper Koljas im Schott auf. Er verschloss das Schott und lehnte sich schwer atmend gegen die runde Luke.
    „Alle tot, Kommandant, Offiziere, vorn alle“, keuchte er und warf einen gehetzten Blick in die Runde. Alexej schaute sich ebenfalls um. Sieben Mann befanden sich nun in der letzten Abteilung, eingequetscht zwischen den Leitungen des Ruderhydrauliksystems, dem Schraubentunnel und dem Notsteuerstand. Alle hielten sich irgendwo fest, denn das U-Boot neigte sich in eine immer aberwitzigere Schieflage.
    „Der Bug ist praktisch abgerissen, eine gewaltige Explosion“, murmelte Kolja noch. Dann ging auch hier das Licht aus. Alexej sah noch den roten Schimmer vor seinen Augen, dann umgab ihn eine Dunkelheit, die sein Herz zusammenpresste.
    „Wir sinken“, sagte einer von ihnen. Eine Taschenlampe leuchtete auf. Kolja hielt sie in seiner

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