Grusel Box: Drei Mystery-Thriller (German Edition)
zog es vor zu denken, dass Beth an einem besseren Ort war, weit entfernt von den Sorgen seiner kümmerlichen Existenz. Wenn er sie aus der ewigen Glückseligkeit gezerrt hatte nur um seiner Launen willen, würde er noch einen weiteren Grund haben, sich schuldig zu fühlen.
»Ich habe es versucht«, sagte er. »Ich wollte für dich da sein, aber ich wusste nicht wie.«
Der Schatten in einer Ecke des Zimmers wurde heller, obwohl draußen die Sonne unterging und purpurfarbene Abenddämmerung über den Bergen hing.
»Ich war nicht so schlecht mit Butterblume«, sagte er. Die Behauptung fühlte sich zäh auf seiner Zunge an, so als ob er Staub geleckt hatte.
Wayne tastete in seiner Tasche nach seinem EMF-Detektor, stellte sicher, dass er ausgeschaltet war, und legte ihn auf den Schreibtisch. Das Spielzeug beschämte ihn, hier im Angesicht eines ehrfurchtgebietenden Mysteriums.
Ein Umriss begann, sich deutlich vor der Wand abzuzeichnen. Wayne hielt den Atem an.
Dem Umriss wuchsen Stränge und er begann, sich zu bewegen.
Und sie war hier.
Acht Jahre, nachdem der Krebs sie verwüstet hatte, acht Jahre, nachdem ihr Herz ein letztes Mal geschlagen hatte, so fein, dass auf dem grünen Monitor ein grünes Zittern kaum zu erahnen gewesen war, mehrere tausend Jahre, nachdem sie Wayne damit betraut hatte, Kendra ins Erwachsenenalter zu führen, war sie hier. Zwar nicht vollständig, aber trotz der Tränen, die seinen Blick trübten, war er sich sicher.
»Beth.« Seine Stimme überschlug sich nicht, aber alles andere barst.
Er suchte in der amorphen Masse nach ihren Gesichtszügen, aber die Stränge wirbelten herum und wurden stärker und schwächer wie Nebel im Windhauch. Ihre Haare, ihre Beine – ist das ihr Totenkleid oder ihr Hochzeitskleid? – und die Hand, die sie ihm reichte, veränderten sich im Dämmerlicht, und er konnte nicht entscheiden, ob sie lächelte oder eine Grimasse schnitt. Die Augen, die Löcher in ihrem Gesicht, waren schwarz und tief und verrieten nichts.
Dies war der einzige Geist, den er jemals treffen wollte, und nun, da sie hier war, wünschte er, selbst auch tot zu sein.
»Beth, es tut mir leid...«
Sein Satz endete in einem Seufzer. Blödsinn. Die Zeit für Entschuldigungen ist vorüber. Was kannst du ihr geben? Was braucht sie? Was kannst du aus deinem leeren Kelch ausschenken?
Er wollte aufstehen und zu ihr gehen, sie auf halbem Weg treffen. Wenn sich die Tür zwischen den Welten öffnete, dann würde er vielleicht mehr sehen und verstehen. Aber er konnte weder seinen Beinen noch seinen Augen trauen.
Die Luft knisterte in gespannter Erwartung, als ob die Ionen aufgeladen waren. Ein leichter Rauchgeruch legte sich über den modrigen und von Reinigungsmitteln geprägten Geruch des Zimmers. Der Rauch war beißend genug, um seine Nasenschleimhäute zu reizen, und erinnerte ihn an den alten Kohleofen in seiner Grundschule, der in einem Ziegelsteinschuppen ausgelagert und von Haufen rotgrauer Asche umgeben war.
Warum riecht sie nicht nach Patschuli oder Lavendel, den Düften, die sie sich immer auf ihr Handgelenk tupfte? Oder nach den Rosen, die ich auf ihren Sarg legte, oder dem Dreck aus dem Grab oder dem Dieselkraftstoff des Traktors des Totengräbers?
Er versuchte, einem Wunder Logik aufzuzwingen, aber seine Gedanken jagten vor der Konfrontation davon. Was sagt man, wenn man alles sagen muss, aber nicht weiß, wie wenig Zeit man hat?
Die Stränge wirbelten weiterhin herum, ein Gewebe lebendigen Nichtlebens.
Man hat niemals viel Zeit, deshalb sollte man sie nicht verschwenden.
Und seine Gedanken kamen mit ihrer Stimme, auf die Art, wie sie in den ersten Monaten nach ihrem Tod gekommen waren, als er versucht hatte zu beten, aber es ihm nur gelang, Gott zu beschuldigen. Irgendwie komisch, denn sie hatte Gott niemals für ihren Krebs verantwortlich gemacht, und Wayne hatte nie viel übrig gehabt für ein Wesen, dass angeblich die Macht hatte, alles besser zu machen, sich aber weigerte. Doch Gott war praktisch, wenn man einen Sündenbock benötigte.
Egal was, nur selbst keine Verantwortung übernehmen.
Er schluckte und holte Luft. »Du siehst ... wundervoll aus.«
Wie ein Teenager, der seiner Verabredung vom Abschlussball beim Ausziehen zusieht. Worte ohne Gedanken, eine weitere Lüge, weil er sich nicht sicher war, wie sie aussah.
Ihr Gesicht nahm deutlichere Gestalt an, der Mund formte Worte, und obwohl er kein Lippenleser war, sah es so aus, als ob sie versuchte, »Kendra« zu
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