Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
schreiben?«
»Darüber denke ich gerade nach. Wenn mir was einfällt, lasse ich es dich erst lesen, ehe ich es wegschicke.« Fletch verschwindet, um mit den Hunden eine Runde zu drehen.
Ich schnappe mir ein Dr. Pepper light und ein Glas voller Eiswürfel und richte mich vor dem Rechner ein, um eine schlagfertige Erwiderung zu zimmern. Während ich an der perfekten Retourkutsche bastele, muss ich an alte Zeiten denken.
Calvin war in derselben Studentenverbindung wie mein Bruder. Seit der Hochzeit meines Bruders vor beinahe zehn Jahren, bei der er Trauzeuge war, habe ich ihn nicht mehr gesehen. Cal und die anderen geladenen Verbindungsbrüder haben sich bei der Trauung allesamt gründlich danebenbenommen. Zum Glück waren sie so betrunken, dass keiner von ihnen es bis zur eigentlichen Hochzeitsfeier geschafft hat.
Todds Hochzeit war deshalb so wichtig, weil sie eine Art Wendepunkt in meinem »Verhältnis« zu Calvin und der restlichen Crew markierte. Es war nämlich so: Als ich damals als junges, naives Gör ans College kam, war ich von beinahe allem ganz schwer beeindruckt. Und ich wollte unbedingt ein für alle Male meine kleinbürgerlichen Wurzeln hinter mir lassen.
Als ich Calvin und den Rest der Truppe kennenlernte, war ich hin und weg, wie klug und schlagfertig und weltgewandt sie alle waren. 189 Die waren alle in wohlhabenden Städtchen aufgewachsen wie Newport und Greenwich und Alexandria. Jedenfalls hatte keiner von denen seine Teeniejahre in einem Kuhdorf in Indiana verlebt so wie ich! Und die hatten alle schon Sachen gemacht, von denen ich bisher nur in irgendwelchen Romanen gelesen hatte. Die waren auf Privatschulen gewesen, hatten die Sommerfrische an diversen Caps verbracht und waren auf Yachten übers Meer geschippert. Wohingegen ich den Sommer meistens damit zugebracht hatte, Laub aus dem Pool meiner Eltern zu fischen. Zugegeben, das Schicksal kann es schlimmer mit einem meinen, als einen eigenen Pool im Garten zu haben, den man sauber machen muss, aber das wusste ich damals noch nicht.
Ich hatte noch nie zuvor jemanden kennengelernt, der eine Dose Little-Kings-Bier auf ex trinken UND Arthur Miller zitieren konnte UND den ganzen Schrank voller Alexander-Julian-Hemden hatte. Natürlich verknallte ich mich Hals über Kopf in Cal, denn in meinen Augen einer Siebzehnjährigen war er einfach alles, was ich für »cool« hielt. Seine Freundin wollte ich aber trotzdem nicht sein, weil ich nicht im Traum daran gedacht hätte, er könne mich auch nur zur Kenntnis nehmen. (Irgendwie ironisch, wenn man bedenkt, dass ich damals gertenschlank war und während meiner Highschoolzeit bei diversen Misswahlen angetreten bin.) Stattdessen setzte ich meine entzückende Zimmergenossin Joanna auf ihn an und erlebte ihren harmlosen Flirt sozusagen aus zweiter Hand mit.
Aber ich wünschte mir so sehr, von ihm akzeptiert zu werden. Immer war er eher widerwillig freundlich zu mir, aus Respekt meinem Bruder gegenüber und weil er gut erzogen war. Hätte man diese beiden Faktoren abgezogen, hätte ich in seiner Welt überhaupt nicht existiert. Und doch wollte ich so gerne um meiner selbst willen anerkannt werden. Ich habe alles in meiner Macht Stehende versucht, mir seinen Respekt zu verschaffen, und habe dabei gar nicht gemerkt, dass ich für ihn nur ein Fußabstreifer war, weshalb wir uns nie auf Augenhöhe begegnen würden. So habe ich mich beispielsweise als Gegenleistung dafür, dass ich in seinem Zimmer im Verbindungswohnhaus abhängen DURFTE, freiwillig als Laufbursche zur Verfügung gestellt und alle möglichen Sklavenarbeiten übernommen. »Da fehlt ein Knopf an deinem Hemd? Ich mache das schon!« »Du willst ein paar hübsche Erstsemestlerinnen auf deiner nächsten Party haben? Dein Wunsch ist mir Befehl!«
Aber lange habe ich mich nicht als Arbeitssklave ausbeuten lassen. Je mehr eigene Freunde ich fand, desto selbstbewusster wurde ich. Verstehen Sie mich nicht falsch, ich war noch immer schwer beeindruckt von ihm. Nur ließ ich es mir nicht mehr so anmerken. 190 Wie dem auch sei, irgendwann machte Cal seinen Abschluss, und bis zur Hochzeit meines Bruders sah ich ihn nicht wieder, obwohl ich hin und wieder die eine oder andere Neuigkeit aus seinem angeblich ach so tollen Leben hörte.
Als Cal und seine Kumpels sich dann bei der Hochzeit meines Bruders aufführten wie eine Horde wildgewordener Affen – UND DAS MIT MITTE DREISSIG -, fiel es mir wie Schuppen von den Augen, und ich fragte mich ernsthaft, wie um
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