Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)
Und damit zeige ich auf das Formular, das halb unter einem Stapel ihrer Unterlagen verborgen liegt, woraufhin sie knallrot anläuft.
»Das war’s, Sie können gehen«, schnauzt sie aggressiv, schiebt mir das Blatt zu, packt ihren Aktenordner und stampft wütend aus dem Zimmer.
»Ach, schon in Ordnung«, rufe ich ihr hinterher. »So was kann ja passieren. Entschuldigung angenommen!«
Die letzte Hürde, die ich nehmen muss, besteht darin, mich vor eine Reihe uralter Computer zu setzen, an denen ich vielleicht um 1982 mal Pong gespielt haben könnte, und mich auf der Seite der behördlichen Jobbörse anzumelden. Eingangs finde ich die Idee klasse, weil ich hoffe, dort möglicherweise auf Jobangebote zu stoßen, die nicht auf Seiten wie Monster.com gelistet sind. Aber nach einer Stunde suchen und nichts als Billiglohnjobs, für die man einen Schrubber und einen robusten Rücken braucht, winke ich den zuständigen Mitarbeiter an meinen Platz.
»Hallo, ich hätte da mal eine Frage«, sage ich.
»Und die wäre?«, fragt der Mitarbeiter.
»Könnten Sie mir bitte sagen, ob ich die Suchbegriffe richtig verknüpft habe? Jedes Mal, wenn ich meine Infos eingebe, bekomme ich Hausmeistertätigkeiten und Fließbandjobs.«
»Und was wollen Sie jetzt wissen?«
»Ich denke, ich suche eine etwas anspruchsvollere Tätigkeit.«
»Gebäudereinigung kann sehr anspruchsvoll sein. Schon mal probiert?«
»Ähm, nein, könnte ich jetzt nicht behaupten. Ich suche eher nach einer Stelle, die mehr meinen Qualifikationen entspricht, und da finde ich rein gar nichts. Wissen Sie vielleicht, ob ich lieber andere Suchkriterien angeben sollte, um die besseren Jobangebote zu finden?«
»Wollen Sie damit sagen, Sie sind sich zu fein für diese Arbeit? Was, zu vornehm, sich die Hände ein bisschen schmutzig zu machen? Versaut Ihnen das die Maniküre?«
»Nein, aber ich habe einen College-Abschluss und …«
»Oooh, einen College-Abschluss … Sie sind also zu schlau für so eine Arbeit? Sie wollen wohl eine Extrawurst, was?«
Was zum Teufel ist bloß los mit diesen Leuten? Warum sind die alle so verdammt unfreundlich? Soweit ich weiß, habe ich mich nur eines einzigen Vergehens schuldig gemacht: eine teure Tasche zu tragen, die ich selbst vom Gehalt meines alten, gut bezahlten Jobs gekauft habe . Die müssen doch meine Arbeitslosenunterstützung nicht aus eigener Tasche zahlen, also besteht überhaupt keine Veranlassung, derart barsch zu reagieren, vor allem weil ich genauso wenig Wert darauf lege, hier zu sein, wie die, mich hierzuhaben.
Mit meinem gewinnendsten Miss-Amerika-Lächeln entgegne ich: »Ich will damit nur sagen, dass ich für jeden der hier aufgeführten Jobs gnadenlos überqualifiziert bin. Und ich wüsste zu gerne, ob es auch irgendwelche Jobangebote gibt, die nicht zum Himmel stinken?«
Klingelingeling …
»Mhm … mhm … Ich hätte da nur eine Frage: Gibt es heutzutage wirklich noch eine Nachfrage für gebundene Enzyklopädien? Wenn man der Werbung von IBM Glauben schenken darf, ist doch alles Wissen der Menschheit nur einen Mausklick entfernt im Internet. Warum also sollte jemand Ihre Bände kaufen? Hallo … hallo?«
Klingelingeling …
»Ich freue mich ja so, dass Sie anrufen! Seit Jahren verfolge ich die Aktienentwicklung Ihres Unternehmens! Eine wirklich solide Anlage – mit pharmazeutischen Erzeugnissen kann man eigentlich nichts falsch machen.… Natürlich, ich bin früher ständig in Arztpraxen gewesen, als ich noch für ein Versicherungsunternehmen gearbeitet habe.… Ach, verstehe. … Nein, das wusste ich nicht … Ähm, ja, wenn man bedenkt, dass ich mir die Beine mit Wachs enthaaren lasse, weil ich mich quasi jedes Mal übergeben muss, wenn ich mich mit dem Rasierer schneide, dann hätte ich wohl ein Problem damit, einen OP zu betreten, um ihr neuestes Herzgerät an einem lebenden Patienten vorzuführen. … Okay, dann danke, dass Sie sich die Zeit genommen haben, und bitte denken Sie an mich, sollten Sie jemanden für die Vermarktung eines weniger invasiven Produkts brauchen.«
»Ich bin da«, ruft Fletch, klopft sich den Schnee von den Schultern, hängt seinen Mantel auf und verstaut die Computertasche im Wandschrank.
Meine eigene Gesellschaft langweilt mich inzwischen so sehr, dass ich mich regelrecht auf ihn stürze, sobald er einen Fuß in die Wohnung setzt, und ihn in einem Anfall verbalen Brechdurchfalls mit sämtlichen unwichtigen Details des Tages überschütte. Heute
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