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Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)

Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition)

Titel: Gucci war gestern: Bekenntnisse einer eingebildeten Glamour-Queen, oder warum Sie nie mit Ihrer Pradatasche aufs Arbeitsamt gehen sollten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jen Lancaster
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gewinnend mit den Augen.
    Mit verkniffener Miene blättert er empört die Unterlagen durch auf der Suche nach weiteren Fehlern. Als er keine findet, knallt er an ein paar Stellen einen Stempel darauf und bombardiert mich mit einem weiteren Stapel Fragebögen. »Nehmen Sie die mit, und setzten Sie sich zu den anderen Leuten da drüben, bis Ihre Gruppe aufgerufen wird«, quietscht er. Und kaum hörbar fügt er hinzu: » Miss Prada. «
    Während ich warte, lasse ich die Atmosphäre auf mich wirken. Bis auf die Wachleute habe ich hier noch keinen der Angestellten lächeln sehen. Dieser Laden ist derart deprimierend, da ist es kein Wunder, dass alle so miesepetrig sind. Die niedrigen, mit Styroporplatten verkleideten Decken, die von verrosteten, leckenden Wasserrohren verunstaltet werden, wollen einem jeden Moment auf den Kopf fallen. Alles ist in Fabrikhallengrau gehalten – die Wände, die Büroabtrennungen, die Stühle, die Böden und sogar die blassen Gesichter der Mitarbeiter. Die wenigen verdorrten Gummibäume hier und da tragen auch nicht gerade zur Verbesserung des Betriebsklimas bei. Die Fenster sind schmal und dreckverschmiert und bieten einen atemberaubenden Ausblick auf den mit Schlaglöchern übersäten Parkplatz und die Müllcontainer hinter McDonald’s. Die blendende Nachmittagssonne wird von den verbeulten, schmutzigen Jalousien und den träge durch die Luft wirbelnden Staubflocken kaum gefiltert. Die einzigen Geräusche sind das unablässige Dröhnen angestrengt arbeitender Drucker und gelegentliches Kindergeschrei. Wie in einem dieser Cartoons von Dilbert, bloß nicht ganz so putzig.
    Um halb zwei wird meine Gruppe zu einem Informationsgespräch in einen kleinen Warteraum geführt und über die Feinheiten und Regularien den alle zwei Wochen fälligen Anruf bei der Behörde betreffend aufgeklärt. Zu zehnt schlurfen wir in den Raum, und verstohlen gucke ich mir meine arbeitslosen Mitbrüder und -schwestern an. Wobei mir auffällt, dass ich als Einzige nicht Flanellhemd und Arbeitsstiefel trage. Die verbissene kleine Frau, die das Gespräch leitet, mustert mich abschätzig von Kopf bis Fuß, und als ihr Blick das Schildchen meiner Handtasche streift, verengen sich ihre Augen zu schmalen Schlitzen. Irgendwie beschleicht mich der Verdacht, mich heute mit meiner Garderobe kolossal vergriffen zu haben. Schließlich reißt sie mir ungeduldig die Formulare aus der Hand und blättert die Seiten durch, bis sie zu meiner Einkommensauflistung kommt. Ich schließe scharfsinnig, dass ihr Schnauben kein freudiges ist, und bemerke, dass sie die Unterlagen der übrigen Anwesenden nicht prüft. Sie reißt eine Seite heraus und gibt mir dann das Papierbündel zurück.
    Dann setzt sie zu ihrer Einführung an.
    Auf Spanisch.
    Ich hebe die Hand. »Entschuldigen Sie bitte, aber habe ich da was falsch verstanden? Sollte ich nicht einer anderen Gruppe zugeteilt werden? Ich spreche nämlich kein Spanisch.«
    Die verbissene kleine Frau verdreht die Augen. »Nein, da alle anderen hier allerdings spanischsprachig sind, dachte ich, es wäre für sie einfacher, wenn ich die Einführung in ihrer Muttersprache halte«, giftet sie. »Aber wenn es nach Ihrer Nase gehen muss, bitte schön, ich kann auch Englisch sprechen.« Neun dunkle unglückliche Augenpaare starren mich empört an. Ach, kommt schon. Es ist doch keine Zumutung, in einer amerikanischen Behörde zu erwarten, dass man meine Muttersprache spricht.
    Mit ziemlich unverhohlener Abneigung erklärt die verbiesterte kleine Frau die Formalitäten wie regelmäßige Anrufe beim Amt. Alle zwei Wochen muss ich Rede und Antwort stehen, ob ich mich auch tatsächlich um einen Job bemüht habe. Anscheinend bin ich von Amts wegen verpflichtet, innerhalb dieser zwei Wochen läppische drei Bewerbungen loszuschicken. 63 Am Ende erklärt sie, was wir mit dem letzten Formular machen sollen. Hektisch blättere ich meine Unterlagen durch, kann aber das besagte Formblatt nicht finden. Als sie sich erkundigt, ob es noch Fragen gebe, hebe ich erneut die Hand. »Ähm, hallo, ich habe dieses Formular nicht …«, setze ich an zu erklären.
    »Und warum nehmen Sie dann hier jemandem den Platz weg? Sie sollten Ihre Unterlagen vollständig beisammenhaben, ehe Sie hier reinkommen«, brüllt sie mich wutentbrannt an.
    »Wie ich gerade erklären wollte, habe ich dieses Formular nicht, weil Sie es abgerissen haben .«
    »Nein, das habe ich ganz bestimmt nicht …«
    »Ma’am, es liegt direkt vor Ihnen.«

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