Gucci war gestern
sechs Minuten auf meiner Webseite waren. Und doch sind Sie der festen Überzeugung, mir nach gerade mal sechs Minuten sagen zu können, was ich tun sollte, damit ich mein Leben in den Griff bekomme. Ganz schön anmaßend, finden Sie nicht? Hätten Sie allerdings ein bisschen genauer hingeschaut und sich mehr als durchschnittlich acht Sekunden Zeit pro Seite zum Lesen gelassen, 160 hätten Sie die Antworten auf alle Ihre Fragen und hinreichende Begründungen für all meine Entscheidungen gefunden. Kurz und gut, es beunruhigt mich etwas, dass jemand ohne Liebe zum Detail oder eine Leidenschaft dafür, den Dingen auf den Grund zu gehen, Autos entwirft. Weshalb ich Sie nicht nur persönlich für den bescheidenen Getränkehalter in meinem alten Cadillac verantwortlich mache, sondern auch dafür, ein Auto gebaut zu haben, das in den vergangenen fünf Jahren, seit es vom Band gelaufen ist, sage und schreibe 35 000 Dollar an Wert verloren hat. Hätten Sie ein besseres Auto designt, dann hätte ich jetzt mehr als 2500 Dollar zum Leben, nachdem ich gezwungen war, den Wagen zu verkaufen. (Und das auch noch in fast jungfräulichem Zustand!) Also, mal ehrlich, sogar die Koreaner lassen den GAA alt aussehen, weshalb ich vorschlagen würde: Verschwinden Sie aus dem Internet, und fangen Sie endlich an, einen ordentlichen Getränkehalter zu entwerfen. Und zwar AUF DER STELLE. Großes erwartend
Jen
Wir waren gerade zum Osterausflug zu meinen Eltern aufgebrochen und noch keine zehn Minuten unterwegs, als irgendein wichtiges Teil von Fletchs Geländewagen sich von irgendwas anderem Wichtigen löste und wir mitten auf dem Kennedy Expressway festsaßen. Der zu Hilfe gerufene Mechaniker beschrieb das Problem später mit den Worten Ansaugstutzen , Dichtung und gerissener Motorblock , doch ich hörte bloß blablabla, sehr teuer, blablabla . Die Reparatur verschlang einen Riesenbatzen von dem Geld, das wir für den Verkauf meines heißgeliebten Cadillacs bekommen hatten. Weshalb wir jetzt statt der Miete für den ganzen Sommer ein RIESENPROBLEM haben.
Normalerweise verlasse ich mich darauf, dass Fletch sämtliche unserer Krisen meistert, aber sich mit dieser aktuellen auseinanderzusetzen, fällt ihm nicht leicht, da er es gegenwärtig kaum schafft, überhaupt aus dem Bett zu kommen. Nein, streichen Sie das. Er schafft es, gerade lange genug aus dem Bett zu kriechen, um zum Getränkemarkt zu schlurfen und sich einen Zwölferpack Bier zu holen. Normalerweise würde ich ihm die Hölle heißmachen, weil er so viel trinkt, aber augenblicklich scheint die kleine Flucht ins Miller-High-Life-Traumland das Einzige zu sein, das ihn ansatzweise glücklich macht. Ansonsten schlurft er den ganzen Tag mit hängendem Kopf herum und ergeht sich in Schuldgefühlen.
Wobei er momentan nicht der Einzige ist, der Trübsal bläst. Wohin ich auch schaue, verfolgen mich die Geister der vergangenen falschen Entscheidungen. Jedes Mal, wenn ich den Wandschrank im Flur aufmache, wird mir beim Anblick meiner Designereinkäufe richtiggehend schlecht. Warum um alles auf der Welt habe ich eine Tasche für 800 Dollar gebraucht, bloß um mich wichtig zu fühlen? Und warum habe ich erwartet, ein nerzgefütterter Regenmantel könne mein Leben bereichern?
Um mich ein bisschen von unserer hoffnungslosen Situation abzulenken, setze ich mich vor den Fernseher. Gerade zappe ich
durch die diversen Sender, als eine weitere fatale Fehlentscheidung der Vergangenheit mich wieder einholt. Brian Lamb, Gründer von C-SPAN, erscheint auf der Mattscheibe, und plötzlich muss ich an unser Gespräch denken, damals, als ich noch auf dem College war.
Brian ist der Onkel meiner College-Freundin Dee Dee, und, soweit ich das mitbekommen habe, einer von der wirklich netten Sorte. Er vergötterte Dee Dee, und wenn die ihn bat, ihr zuliebe einen ihrer Freunde zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, tat er ihr meist den Gefallen. Obwohl es ganz vom Talent des jeweiligen Bewerbers abhing, ob er oder sie nun einen Praktikumsplatz bekam oder nicht, gab er ihren Freunden immer gern eine Chance.
Als Politikstudentin lief mir bei der Aussicht auf einen Job bei C-SPAN buchstäblich das Wasser im Mund zusammen. Als Dee mir also erzählte, ihr Onkel sei demnächst wieder in der Stadt (und habe sogar vor, in dem Restaurant zu essen, in dem wir beide arbeiteten), war mir klar, das wäre die Gelegenheit, ihn kennenzulernen und mich für einen Job zu empfehlen.
Einen formellen Vorstellungstermin gab es
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