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Gucci war gestern

Titel: Gucci war gestern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jen Lancaster
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nicht. Brian hatte keine Ahnung, dass ich ihn kennenlernen wollte. Mir schlotterten die Knie bei der Vorstellung, ihn um ein offizielles Bewerbungsgespräch zu bitten, und ich war überzeugt, in einer zwangloseren Situation wesentlich lockerer zu sein, weshalb Dee sich dazu breitschlagen ließ, mich im Restaurant auf ihn loszulassen. Als ich dann nach meiner Schicht ungeduldig darauf wartete, dass er endlich eintrudelte, schlürfte ich schnell einen kleinen Drink, um meine flatternden Nerven ein bisschen zu beruhigen. Schließlich wollte ich selbstbewusst und lässig rüberkommen. In so einem aufgelösten Zustand wollte ich ihm nicht gegenübertreten. Sonst hätte er mich für einen hoffnungslos neurotischen Fall für die Klapsmühle gehalten, und einer durchgeknallten Irren gibt doch niemand einen Praktikumsplatz.
Also trank ich schnell einen winzig kleinen Johnnie Walker Black mit Soda, weil ich zu nervös war, um was zu essen.
    Nach dem Drink war ich schon wesentlich unverkrampfter und glaubte, noch ein winzig kleines Schlückchen könnte nicht schaden, um noch ein bisschen selbstsicherer rüberzukommen. Ich meine, schließlich ging es hier um meine zukünftige Karriere! Ich war moralisch geradezu verpflichtet, mich im bestmöglichen Licht darzustellen, also ja, bitte, noch einen Johnnie Walker auf meinen Deckel. Und jetzt stellen Sie sich erst mal vor, wie viel lockerer ich nach den Drinks Nummer drei, vier und fünf war! Als Brian schließlich reinkam, war ich so was von grundentspannt , das kann ich Ihnen sagen.
    Dee kam mit ihm rüber, um uns miteinander bekannt zu machen. Das war meine Chance! Meine gesamte berufliche Zukunft stand auf dem Spiel! Wenn ich mich nicht allzu blöd anstellte, könnte aus so einem Praktikum bei C-SPAN im Handumdrehen auch eine Festanstellung bei einem Lobbyistenverband werden, und bei so einem Job wäre ich einsame Spitze. Schnell würde ich vom Lakaien zur einflussreichen Beraterin aufsteigen, und sämtliche Leute in Washington, die irgendwas zu sagen hatten, hätten meine Nummer im Kurzwahlverzeichnis. »Oh ja«, würden Sie sagen, »J. A. Lancaster ist genau die Richtige dafür. Die musst du anrufen, dann wird die Sache prompt erledigt.« Ich hatte mir überlegt, ganz geschlechtsneutral nur meine Initialen zu verwenden. Und dann? Wenn ich in einem umwerfenden kurzen Rock und langem Blazer auftauchte? Dann würde ich sie glatt umhauen, und sämtliche reichen Männer im Büro würden sich darum reißen, mich zum Abendessen ausführen zu dürfen, wo ich sie dann mit meiner Doppelpackung Schönheit und Köpfchen um den Verstand bringen würde, und sie würden nicht mal mit der Wimper zucken, wenn ich sowohl die Pistazien-Crème-brûlée ALS AUCH das Schokoladentörtchen mit dem Kern aus flüssiger
Schokolade bestellte, weil ich von beiden »nur ein kleines Häppchen probieren« wollte.
    Ich wäre das heißeste Gesprächsthema von ganz Washington, und die Nachrichtensendungen würden sich darum reißen, mich als Sonderkorrespondentin zu engagieren. Dann würde ich in einem offenen Cabrio mit Pillbox-Hütchen durch die Stadt cruisen und eigenhändig Jackie Kennedys Camelot-Style wiederbeleben. Ich würde in einem luxuriösen Stadthaus in Georgetown residieren, genau wie die Hauptfigur aus der Serie Murphy Brown , und hätte zwei riesige, sabbernde Bulldoggen namens Winston und Churchill. Die Washington Post würde mich zur »begehrtesten Junggesellin von ganz D.C.« küren. Und ehe man sich’s versah, wäre ich Mrs Senator Soundso, und meine Soireen wären so cool, dass sogar die US Weekly darüber berichten würde. Dann würde man meinen Mann als Diplomaten ins Ausland berufen, und zwar an einen richtig wahnsinnig tollen, exotischen Ort wie Fidschi, und dann könnte ich meine besten Jahre damit zubringen, am Strand zu liegen und mich zu bräunen und mir von Dutzenden von weiß livrierten Butlern Cocktails in geköpften Ananas servieren zu lassen, damit ich nicht austrockne.
    In Gedanken ganz bei meiner herrlichen, sonnendurchfluteten Zukunft und mit einer dicken Portion Selbstvertrauen ausgestattet schaute ich Brian Lamb geradewegs in die Augen und sprach die vier Worte, die mein Schicksal bei C-SPAN besiegeln sollten.
    » Ischhhh maaag den Kongreschhh!«
    Angewidert schüttelte Brian mir einmal kräftig die Hand und kehrte dann an seinen Tisch zurück, wo er sich mit der Serviette verstohlen meine Spucke von der Stirn wischte.
    Auf diese kongressvernarrte Politikwissenschaftlerin

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