Gullivers Reisen
anfangs Lord Godolphin , nachher Lord Oxford , so daß sie mich etwas sagen ließen, was gar nicht der Fall war. Dann haben Sie in meiner Schilderung der Akademie der Projektenmacher und in einigen Stellen meiner Rede an meinen Lehrer, den Huyhnhmn, wesentliche Umstände hinweggelassen, oder Sie haben dieselben so verdünnt und verändert, daß es mir schwer war, mein eigenes Werk wieder zu erkennen. Wenn ich Ihnen in einem meiner Briefe einen ähnlichen Vorwurf gemacht habe, antworteten Sie mir, Sie fürchten die öffentliche Gewalt zu beleidigen, die in Beziehung auf die Presse stets wachsam und geneigt sey, Alles, was den Schein einer Anspielung (das ist glaube ich, der Ausdruck) habe, nicht bloß auszulegen, sondern auch zu strafen. Aber ich bitte Sie, wie kann das, was ich vor so vielen Jahren in einer Entfernung von fünftausend Stunden in einem ausländischen Königreiche gesagt habe, auf irgend einen der Yahus eine Anwendung finden, die jetzt, wie man sagt, unsere Heerde beherrschen, zumal da ich meine Worte zu einer Zeit sprach, wo ich nicht fürchten konnte, mich je wieder einmal unter ihrer Herrschaft zu befinden? Habe ich nicht das größte Recht, mich zu grämen, wenn ich diese nämlichen Yahus von Huyhnhnms im Wagen fortgezogen sehe, wie wenn die letzten das Vieh und die ersteren vernünftige Geschöpfe wären? Wahrhaftig, besonders deßhalb habe ich mich hieher zurückgezogen, um diesem abscheulichen, verwerflichen Schauspiel zu entfliehen.
Dies ist es, was ich Ihnen in Beziehung auf Sie selbst und auf die Aufgabe, die ich Ihnen anvertraut habe, sagen zu müssen glaubte.
Für's zweite muß ich mir den Vorwurf machen, daß ich so wenig Verstand gezeigt habe, indem ich den Bitten und falschen Gründen nachgab, die von Ihnen und einigen Andern angewendet wurden, um mich gegen meine Ueberzeugung dazu zu vermögen, meine Reisen veröffentlichen zu lassen. Wollen Sie sich doch gefälligst erinnern, wie oft ich Sie gebeten habe, als Sie den Beweggrund des öffentlichen Wohls vorbrachten, um über mein Widerstreben zu siegen, wie oft, sage ich, ich Sie gebeten habe, zu bedenken, daß die Yahus Thiere seyen, die völlig unfähig sind, durch Lehre oder Beispiel sich zu bessern. Der Thatbestand hat diese Behauptung bestätigt; denn, anstatt daß mein Buch sie belehrt hätte, die Mißbräuche und das Verderbniß, wenigstens auf dieser kleinen Insel, abzustellen, wie ich hoffen durfte, sehen Sie, daß mein Buch, nachdem es jetzt sechs Monate lang veröffentlicht ist, nicht eine einzige der guten Wirkungen hervorgebracht hat, die ich hatte hervorbringen wollen. Ich hatte Sie gebeten, mich durch einen Brief zu benachrichtigen, sobald die Parteiunterschiede verwischt, die Richter aufgeklärt und unbestechlich, die Processirenden ehrlich, gemäßigt und nicht ganz vom Verstande entblößt; wo die Ebene von Smithfield vom Feuer erleuchtet seyn würde, das die Pyramiden von juridischen Büchern verzehrte, und alle Aerzte verbannt; die Weibchen der Yahus reichlich mit Tugenden, Ehre, Aufrichtigkeit und Vernunft geschmückt, die Höfe und Audienzzimmer der Minister von ihrem Unrath gesäubert, das Verdienst und die Wissenschaft belohnt, und diejenigen, die in Prosa oder in Versen die Presse schänden, verurtheilt würden, zur einzigen Nahrung ihr Papier, und zum einzigen Getränke ihre Dinte zu erhalten. Ich rechnete, nach Ihren Ermuthigungen, auf diese Reformen und auf tausend andere, und wirklich waren sie in meinem Buche klar angedeutet; und man muß gestehen, daß sieben Monate wohl hinreichten, alle Laster und alle Schwächen zu verbessern, denen die Yahus unterworfen sind, wenn auch nur ein wenig Weisheit oder Tugend in ihrem Wesen Platz finden könnte. Aber weit entfernt meiner Erwartung zu entsprechen, brachte mir ein jeder Ihrer Boten mit Ihren Briefen eine ganze Ladung kleiner Schriften, Betrachtungen, zweiter Theile , in denen man mich anklagte, Staatsmänner zu verläumden, das menschliche Geschlecht herabzuwürdigen (denn sie haben noch die Unverschämtheit, sich diesen Namen beizulegen) und das weibliche Geschlecht zu beschimpfen. Ich erkannte bald, daß die Verfasser dieser Scharteken nicht einmal unter einander einig sind; denn die Einen wollten nicht zugeben, daß ich der Verfasser meiner Reisen sey, und die andern legten mir Schriften bei, denen ich gänzlich fremd bin.
Noch muß ich bemerken, daß Ihr Buchdrucker mit dem Datum einiger meiner Reisen und der Zeiten meiner Rückkehr sehr ungenau
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