Gun Machine
glaube, er ist ein gesteuerter Mörder. Auftragsmörder wäre wohl der falsche Begriff. Und er ist so gut, so verdammt gut, dass sich mindestens eine der Personen, die ihn steuern, sicher sein konnte, dass seine Morde schlussendlich in der jährlichen Aufstellung ungelöster Mordfälle landen würden, die eine extrem dicht besiedelte Metropole mit hoher Kriminalitätsrate nun mal hervorbringt. Die wussten, dass die ganze Operation unbemerkt bleiben würde, solange niemand in ihr unsichtbares Netz stolpert. Und währenddessen hat nur ein Aspekt für uns gearbeitet– dass der Mörder ein Irrer ist, der alle seine Waffen aufbewahrt hat. «
» Aber warum? Ich will wissen, warum er sie aufbewahrt hat. Ist das bloß irgend so ein Serienmörder-Trophäen-Tick? «
» Das würde er sicher anders sehen. Das Apartment ist ein visueller Ausdruck von Sprache, eine Aussage, die in Bildern kodifiziert wird. Was für eine Aussage? Ich weiß es nicht. Sie existiert nur in seinem Kopf. Aber als wir einige der Waffen aus dem Apartment entfernt und sie untersucht haben, haben wir sein Lebenswerk aufgedröselt. Als hätten wir ein Gemälde ausradiert oder einen Teppich aufgeknüpft. «
» Jetzt mal im Ernst, John. Sind wir schon näher an dem Typen dran, und wenn ja, wie viel näher? Der Captain hat Ihnen gerade gesagt, dass er Ihnen nicht den Rücken freihalten kann, ich kann es erst recht nicht, und der Assistant Chief hat Mittel und Wege, Sie von dem Fall abzuziehen und für den Rest Ihres Lebens in Ihrem Apartment einzupferchen. Wenn ich ehrlich bin, war ich selbst mehr als einmal kurz davor. Sollte der Chief zu dem Schluss kommen, dass er den Fall in der Versenkung verschwinden lassen kann– und Sie können mir glauben, dass er bereits ganz fest darüber nachdenkt–, wird er nicht lange zögern. Deshalb brauche ich jetzt eine Antwort. Sie haben keine DNA . Sie haben gar nichts außer einem Indizienwirrwarr, einer Handvoll zugeordneter Tatwaffen und einem Haufen brillanter, faszinierender und großteils völlig irrsinniger Mutmaßungen. Also raus mit der Sprache– wie viel näher sind wir dem Typen schon? «
John Tallow schloss die Augen und atmete durch. » Wahrscheinlich nicht so nah, wie er mir ist, Lieutenant. «
Sechsundzwanzig
Vom Dach an der Ecke aus beobachtete der Jäger, wie sich der soldatische Mann einen flüchtigen Überblick über die Straße verschaffte und wieder in Kutkhas Haus ging.
Als die Autowerkstatt an der anderen Straßenseite für eine späte Mittagspause schloss, durchquerte der Jäger den Zufahrtsweg hinter der Eisenwarenhandlung und umrundete den Block, brach in die Werkstatt ein und nahm sich ein paar Dinge, deren Fehlen nicht sofort auffallen würde– darunter eine Jacke und eine Schirmmütze, die er zusammengeknüllt in einer Tasche im hinteren Bereich fand. Beide stanken nach Maschinenteilen. Da der Jäger bei seinem Kommen und Gehen in den nächsten paar Stunden unscheinbarer wirken wollte, zog er sie über, bevor er mit seinen eingewickelten Fundstücken in die Eisenwarenhandlung zurückkehrte.
In den kühlen Schatten des verlassenen Geschäfts begann er, Werkzeuge anzufertigen.
Vorsichtig verzwirnte er lange Fadenstücke und weichte sie in einem Benzinkanister aus der Autowerkstatt ein.
Das tote Scheusal diente ihm als Rohstoffquelle. Der Jäger studierte den orangefarbenen Anzug, kam zu dem Schluss, dass das Gewebe einen hohen Anteil an Polymerfasern enthielt, und schnitt mehrere dünne Stoffstreifen herunter, die er im Blut des Toten einlegte. Als sie sich gründlich vollgesogen hatten, stopfte er sie in zwei der drei leeren Wasserflaschen aus dem Hinterzimmer des Ladens und schüttete eine Handvoll Styroporflocken dazu, die er vom Boden aufgesammelt hatte.
Im ganzen Geschäft war keine vernünftige Eisensäge aufzutreiben, aber vielleicht hätte er damit ohnehin zu viel Lärm gemacht. Der Jäger schlich auf der Suche nach möglichst fragilen Kupferrohren durchs Haus und verwandte einige geduldige Minuten darauf, zwei Rohre so leise wie möglich von der Wand zu lösen. Danach verbrachte er ein wenig Zeit mit dem Schleifen einer Schraube, mit der er Luftlöcher in die gesamte Länge beider Rohre bohrte. Als er je einen Faden durch die Rohre fädelte, ermahnte er sich, den Lauf der Zeit im Auge zu behalten. Diese Arbeit wärmte und bezauberte ihn so sehr, er hätte ganze Tage daran verlieren können. Es gab kaum etwas Schöneres, als Werkzeuge anzufertigen– selbst krude Werkzeuge,
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