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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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langen Haare hingen kraftlos bis über die Schultern hinunter. Nachtigall registrierte den weichen Hausanzug, der ihr einige Nummern zu groß war, und erinnerte sich daran, dass Frau Gieselke aus dem Mittagsschlaf geschreckt worden war.
    »Es ist sinnlos. Annabelle spricht nicht«, wiederholte die Großmutter trostlos.
    »Die beiden Kinder wollten die Ferien bei Ihnen verbringen?«
    »Ja. Sie kommen gern. Mein Sohn … er kommt auch sofort … ich habe … telefoniert …«, ihre Stimme torkelte und verstummte plötzlich vollständig.
    »War es für einen Fremden möglich, unbemerkt ins Haus einzudringen? Oder verfügen Sie über eine Alarmanlage?«
    »Natürlich haben wir so ein Ding. Aber wir aktivieren es nur nachts oder wenn wir das Haus verlassen. Bisher fühlten wir uns hier ausgesprochen sicher.«
    »Ist Ihnen irgendetwas aufgefallen? Etwas Merkwürdiges?«
    Die alte Dame starrte ihn entgeistert an. »Mein Enkel ist tot! Das ist wohl auffällig genug!« Ihre Stimme überschlug sich hysterisch und Nachtigall zuckte zusammen.
    »Nun, ich denke dabei an das Zuschlagen einer Tür, obwohl alle im Zimmer waren. Oder Sie fanden ein Fenster geöffnet vor, das normalerweise geschlossen ist. So etwas zum Beispiel«, präzisierte der Hauptkommissar.
    »Nein! Allerdings beschäftigt mich im Moment nicht die Frage nach geöffneten Fenstern! Maurice ist …« Frau Gieselke sah ihre Enkelin verzweifelt an. Tränen standen in ihren Augen.
    Nachtigall, der ahnte, wie schwer es der Großmutter fiel, mit ihm über die Ereignisse des Nachmittags zu sprechen, blieb nichts anderes übrig, als dennoch weiterzufragen: »Es ist heute Entsetzliches geschehen. Und ich weiß, dass Sie mich ans Ende der Welt wünschen – doch ich bin es, der diesen Fall bearbeitet und dazu brauche ich Ihre Unterstützung, wenn ich schon Annabelles nicht bekommen kann.«
    Die alte Dame senkte den Kopf.
    »Wenn der Täter von außen kam, müssen wir herausfinden, welchen Weg er möglicherweise genommen hat. Wer verfügt über einen Schlüssel zu diesem Haus?«
    »Wir. Mein Sohn. Ein Teil des Personals. Ein Schlüssel zur allgemeinen Verfügung liegt in einem Kästchen auf der Kommode im Eingangsbereich.«
    »Zur allgemeinen Verfügung?«, echote Nachtigall irritiert.
    Die Großmutter stöhnte. »Falls jemand unerwartet aus dem Haus muss«, erklärte sie gereizt. »Er legt ihn einfach zurück, wenn er wieder hereinkommt.« Ihre Stimme brach und sie wich dem Blick des Hauptkommissars aus.
    Peter Nachtigall entschuldigte sich, zog sein Handy hervor und bat Michael Wiener zu überprüfen, ob in dem Kästchen tatsächlich ein Hausschlüssel lag.
     
    »Sie legen sich jeden Tag mittags hin?«, fuhr der Ermittler wenig später mit der Befragung fort.
    »Ja. Das ist nicht verboten!«
    »Nein, natürlich nicht«, versuchte er, Frau Gieselke zu beschwichtigen. »Mich interessiert, was die Kinder normalerweise in dieser Zeit tun.«
    »Sie schlafen ebenfalls, hören Musik, lesen«, zählte sie auf. »Sie beschäftigen sich leise.«
    »Vielleicht stöbern sie aber auch im Haus herum? In diesem Alter suchen sie gerne nach Abenteuern«, gab Nachtigall zu bedenken.
    »Wenn Sie damit andeuten wollen …«
    »Ich möchte gar nichts andeuten.«
    »Das brauchen Sie auch gar nicht. Mein Sohn hat uns schon Versager genannt!«, schrie sie auf und begann hemmungslos zu schluchzen. »Versager!«
    Peter Nachtigall war ratlos. Das Gespräch mit der schockierten Großmutter gestaltete sich schwierig und erwies sich als wenig ergiebig. Beide Zeuginnen waren traumatisiert und er wollte ihren psychischen Zustand nicht durch Fragen nach dem Auffinden des Jungen am Tatort verschlechtern.
    »Bisher haben die beiden immer friedlich in ihren Betten gelegen, wenn ich nach dem Mittagsschlaf bei ihnen reinschaute!« Jammernd schlug sie die Hände vors Gesicht. »Dieses Bild, die beiden so innig einander zugewandt – das werde ich nie wieder sehen!«
    Nachtigall war direkt dankbar, als es klopfte. Ein jungenhaftes Gesicht mit dominierender runder Nickelbrille schob sich durch den Türspalt.
    Die Erleichterung, die das Auftauchen des Mannes für Frau Gieselke brachte, war unübersehbar. »Dr. Auwald! Wie gut, dass Sie da sind!«
    Mit zwei raumgreifenden Schritten hatte der Arzt die alte Dame erreicht und umfasste ihre zitternden Hände mit seinen muskulösen Fingern. »Was für eine Tragödie!«, rief er dabei empathisch und warf schwungvoll sein Haar in den Nacken zurück.
    »Herr Dr.

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