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Gurkensaat

Gurkensaat

Titel: Gurkensaat Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F Steinhauer
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er sich, abgesehen von den Tagen, an denen er sich nach dem Aufstehen schon wie 80 fühlte.
    Ein Jugendlicher kam auf sie zugehetzt. Nachtigall schätzte ihn auf etwa 14. Die Baggyhose behinderte ihn beim Laufen und er stolperte mehrfach über seine eigenen Füße, die locker in Sneakers steckten. Unter der geöffneten Jacke blitzte ein T-Shirt mit dem Abbild von Che Guevara hervor. Durch die aufgeregte Suche war der Junge erhitzt.
    »Da bist du ja!«, keuchte der Teenager erleichtert und wischte mit dem Jackenärmel Schweiß von der Stirn.
    »Vergessen Sie meine Worte nicht!«, mahnte Walter eindringlich. »Der Schrei des Todesvogels …«
    »Du liebe Güte, Opa! Wir suchen schon überall nach dir!«, informierte ihn der Enkel vorwurfsvoll.
    »Wenn schon endlich mal was in unserer Gegend passiert, werde ich wohl noch nachsehen dürfen, was genau los ist! Und hätte ich schnell gefunden werden wollen, hätte ich eine Spur mit Brotkrümeln für euch gelegt!«, meckerte Walter lautstark.
    »Wie sind Sie überhaupt aufs Grundstück gekommen? Eigentlich wimmelt der Beamte vorne am Tor alle Besucher ab.«
    »Ich habe ihm gesagt, ich sei der Bruder des Hausherrn. Da hat er mich passieren lassen.« Der alte Mann zwinkerte zufrieden.
    »Komm jetzt, Opa. Ich begleite dich nach Hause«, drängelte der Enkel und Walter setzte sich widerstrebend in Bewegung. Dabei stützte er sich schwer auf einen knorrigen Stock.
    Nachtigall sah dem ungleichen Gespann nach. Plötzlich drehte der alte Mann sich noch einmal um. »Denken Sie an meine Worte: Der Todesvogel fliegt wieder. Er wird noch mehr Opfer unter den Gieselkes fordern!«

4
    Der Vater der Geschwister erwies sich als zorniger Mittvierziger. Johannes Gieselke war ohne den Umweg über sein Elternhaus direkt in die Klinik gefahren. Als Nachtigall ebenfalls dort eintraf, sprach er gerade mit den Ärzten, gestikulierte wild und wurde mit einem knappen Wink in den Wartebereich verwiesen.
    Peter Nachtigall setzte sich auf einen Stuhl neben ihm. »Es tut mir sehr leid. Die Nachricht muss ein schrecklicher Schock für Sie sein. Mein Name ist Nachtigall, Kriminalpolizei Cottbus.«
    »Annabelle redet nicht mit mir. Sie guckt durch mich hindurch. Wenn ich sie anfassen will, fängt sie an zu greinen. Mein Gott!«, murmelte der Vater abwesend, als habe er gar nicht bemerkt, dass er angesprochen wurde.
    »Es ist eine furchtbare Situation für die ganze Familie.«
    »Er war doch noch so klein! Die beiden sollten einfach schöne Ferien haben, gemeinsam, ohne Stress. Bei Oma und Opa kann man so toll spielen, toben und Spaß haben. Das haben die beiden auch immer sehr genossen.« Er betrachtete kurz seinen Nachbarn, um sich anschließend wieder seinen Schuhspitzen zuzuwenden. »Wissen Sie schon, wie es passiert ist?«
    »Nicht genau. Die Großeltern hielten Mittagsschlaf und Annabelle ist nicht vernehmungsfähig. Wir werden auf die Informationen angewiesen sein, die der Tatort bietet.«
    »Der arme Kleine. Kann ich meinen Sohn sehen?«, flüsterte der Vater mit Tränen in der Stimme.
    »Ich werde den Rechtsmediziner danach fragen«, versprach Nachtigall und versuchte, die Bilder des zerstörten Kindergesichts zu verdrängen.
    »Ein Unfall. Wie konnte Maurice nur an das Gewehr kommen? Und meine Eltern schlafen seelenruhig, während sich praktisch nebenan eine Katastrophe anbahnt. Schlafen!« Die Venen an Gieselkes Hals schwollen bedenklich an, seine Worte klangen wie ein heiseres Husten.
    »Tatsächlich liegt der Fall etwas anders«, klärte Nachtigall ihn auf. »Wir können zum jetzigen Zeitpunkt ein Fremdverschulden nicht ausschließen.«
    Der Vater sah den Hauptkommissar so verzweifelt an, dass es dem Ermittler Schmerzen verursachte, dort, wo er seine Seele vermutete.
    »Mord?«, keuchte der sportliche Mann. »Mord?«
    »Wie schwierig ist es, unbemerkt ins Haus Ihrer Eltern einzudringen?«, wechselte Nachtigall das Thema.
    »Für die, die sich nicht auskennen, nahezu unmöglich. Für Wissende eher leicht.« Er taxierte den Ermittler mit einem schnellen Blick. »Dazu muss man allerdings schlank und wendig sein.«
    »Kein Weg, den ich nehmen könnte«, stellte Nachtigall trocken fest.
    Johannes Gieselke zuckte gleichgültig mit den Schultern. »Eine Katzenklappe. Mein Vater hat sie selbst gebaut – wahrscheinlich dachte er, der Kater würde sich am Ende zu einem Puma auswachsen. Man gelangt durch sie in die Kellerräume. Diesen Weg kennen nur wenige. Und ihn zufällig zu entdecken, ist mehr als

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