Gut gegen Nordwind
Kaffee, dann Rotwein. Rauchte eine Zigarette. (Sah dabei sehr genießerisch und gar nicht süchtig aus.) Körpergröße: gut 1,75. Schlank, lange Beine. Rote Markenturnschuhe. (Schuhgröße etwa 37!!!) Verwaschene Jeans, enges schwarzes T-Shirt (großer Busen, wenn ich mir diese Anmerkung erlauben darf). Beobachtete Männer perfekt beiläufig. Gesichtszüge: locker. Gesicht: schön. Typ: weiblich, selbstsicher, cool.
C.) Der Antityp, Überraschungs-Emmi. Machte immer wieder Streifzüge durch den Salon, stand mehrmals kurz an der Bar. Sehr schüchtern. Exotischer Teint, große, mandelförmige Augen, verschleierter Blick, scheinbar menschenscheu. Schulterlange, vorne stufige, brünette Haare. Alter um die 35. Getränke: Kaffee, Mineralwasser. Größe: etwa 1,70. Schlank, tolle schwarz-gelbe Hose (war sicher nicht billig), lässige, dunkle Stiefeletten. Markanter, eckiger Ehering! (Schuhgröße etwa 37!!!) Schaute suchend um sich, wirkte dabei verträumt, verklärt, melancholisch, traurig. Gesichtszüge: weich. Gesicht: schön. Typ: feminin, sinnlich, schüchtern, scheu. Und vielleicht gerade deshalb: Emmi Rothner.
So, liebe Emmi, die drei kann ich Ihnen anbieten. Vielleicht zum Abschluss noch eine Antwort auf Ihre drängende Frage 1.), ob Sie mich nicht übersehen haben konnten: Ja, selbstverständlich, Sie hätten mich übersehen können. Aber Sie haben mich nicht übersehen, tut mir Leid! Ihr Leo.
Fünf Stunden später
AW:
Liebe Emmi, krieg ich heute keine Mail mehr von Ihnen? Leiden Sie so sehr unter den Grenzen Ihrer optischen Vorstellungskraft? Ist es Ihnen nunmehr egal, ob ich mich nächtelang in den Plüschbars herumtreibe? (Und mit wem?) Gute Nacht, Leo.
Am nächsten Tag
Betreff: Rätselhaft
Mahlzeit, Leo. Sie reiben mich auf, ich kann an nichts anderes mehr denken! Die haben Sie ja ganz nett beschrieben, die drei! Ich bin verblüfft, Sie überraschen mich andauernd. Ach, hätte ich Sie nur nie gesehen!!! Leo, angenommen, ich bin tatsächlich eine der drei Frauen: Wie war es Ihnen möglich, die so genau zu beobachten, ohne als Beobachter sofort erkannt zu werden? Waren Sie mit einer Videokamera unterwegs? Oder andersrum: Sollte ich tatsächlich eine der drei gewesen sein, muss ich Sie ebenfalls sehr genau wahrgenommen haben. Habe ich Sie sehr genau wahrgenommen, bestätigt sich mein Verdacht, dass Sie einer von denen waren, die nicht Leo Leike sein dürfen, weil sie – Verzeihung – einfach stinklangweilig aussahen. Zweitens (heute keine Zahl, nur Worte. Sie haben ja mit Zahlen nur so herumgeworfen, da haben eigentlich nur noch die genauen Körpermaße gefehlt): Also warum gerade die drei? Drittens: Welche der drei wäre Ihnen am liebsten?
Viertens: Sagen Sie, wer Sie waren. Bitte! Geben Sie mir wenigstens einen kleinen Hinweis.
In freundlicher, wenn auch wachsender Ungeduld, Ihre Emmi.
Eineinhalb Stunden später
AW:
Warum gerade die drei? – Emmi, für mich ist einfach schon seit längerem klar: Sie sind eine so genannte »verdammt gut aussehende Frau«. Denn, verdammt: Sie wissen, dass Sie gut aussehen. Sie lassen es sich nämlich anmerken, dass Sie wissen, dass Sie gut aussehen. Sie schreiben es immer wieder zwischen und manchmal sogar in den Zeilen selbst. Damit blufft keine Frau, die nicht hundertprozentig sicher ist, dass sie auf Männer gut wirkt. Sie sind sogar beleidigt, wenn Sie als »interessante Frau« nicht sofort alle anderen anwesenden Frauen hinter sich lassen und vergessen machen. Ich erinnere Sie an Ihren Punkt 2.) von gestern. Da schrieben Sie: »Vielleicht waren gar nichtso viele ›auffallend interessante Frauen‹ im Lokal. Vielleicht interessiert sich nur Mister Leike auffallend für (auffallend viele) Frauen.« Sie halten sich also für die Interessanteste von allen und empfinden es beinahe als Frechheit, nicht sofort als diese erkannt zu werden. So hatte ich es leicht: Ich musste nur nach attraktiven Frauen Ausschau halten, die erstens suchend wirkten (wie gut oder schlecht auch immer getarnt) und die zweitens Schuhgröße 37 haben konnten. Und das waren exakt diese drei.
Zu Ihrem »Drittens«: Die Frage, welche der drei mir am liebsten wäre, stellt sich nicht. Alle drei sind auf ihre Art anziehend, aber alle drei sind für mich glücklich verheiratet, haben zwei Kinder und wenn schon nicht sechs Streifenhörnchen, so doch einen Kater namens Wurlitzer. Alle drei leben für mich in einer anderen Welt, in die ich nur virtuell hineinblicken darf, in die real
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