Gut reicht voellig

aus der einheitsgrauen Masse hervorzutun, weil wir das können. Weil wir wirklich Außergewöhnliches zu bieten haben und das dann selbstbewusst zeigen können. Weil wir uns trauen sollten, zu sagen und zu zeigen: „Ich kann das. Schaut her. Ich bin stolz darauf.“ Das mache ich auch hin und wieder – ich nenne mich zum Beispiel ausgesprochen gerne „Bestseller Autorin“ – weil ich es bin und außerdem saustolz darauf.
    So. Und jetzt kommt mein dickes fettes Aber. Was, zum Teufel, ist so schlimm an „normal“?
    Als ich ein Teenager war, meinte mein Vater einmal süffisant, dass ich ja wohl nie wirklich eine große Steptänzerin werden würde, wenn ich nur einmal die Woche zum Üben ginge. Ich wollte nie Weltklassetänzerin werden – ich hatte einfach ein ganz normales Interesse an Steptanz und ging (immerhin über zehn Jahre) einmal die Woche in den Kurs. Heute weiß ich, dass das ganz normal war.
    Normal kann auch sehr entspannend sein. Ich brilliere vielleicht nicht damit, ich steche nicht leuchtend hervor – aber ich gehöre dazu. Zu den vielen, die als Hobby gerne Steptanz ausgeübt haben. Die nur zweimal im Jahr, dann aber sehr gerne in Ausstellungen gehen. Die einfach mal nur ein Käsebrot essen.
    Ich kann zwar sicher überdurchschnittlich gut Bücher schreiben, coachen, Vorträge halten und kochen (und ich bin mit 1,83 m sicher außergewöhnlich groß für eine Frau) – aber ich bin völlig normal, was Klamottengeschmack angeht oder Vorlieben in der Musik, ich bin normal sportlich und normal fremdsprachenbegabt. Und ausgesprochen mies ist mein mathematisches Verständnis und mit Disziplin und Struktur hab ich es auch nicht so.
    Außergewöhnlichkeit, Un-normal-Sein kann auch elendig anstrengend sein, kann großen Druck aufbauen, weil ich ständig etwas dafür tun muss.
    Die ständige Hetze und Suche danach kostet viel Kraft, lässt Sie rast- und ruhelos werden, wenn es zu viel ist.
    Hin und wieder – kein Problem. Aber nicht als Lebensmotto, bitte!
    Außerdem: Außergewöhnlich sind wir sowieso alle – weil wir im wahrsten Sinne des Wortes einzigartig sind. Jeden von uns gibt es nur einmal. Jeder von uns hat seine ganz eigene Persönlichkeit mit seinen Stärken und Schwächen, mit seinen Sonnen- und Schattenseiten, mit Großartigem, Normalem, Schönem und nicht so Schönem, Interessantem und Langweiligem.
    Hermann Hesse sagte einmal:
    Hermann Hesse (1877–1862), deutscher Schriftsteller in „Augenblicke“
    Jeder Mensch ist nicht nur er selbst,
    er ist auch der einmalige, ganz besondere,
    in jedem Fall wichtige und merkwürdige Punkt,
    wo die Erscheinungen der Welt sich kreuzen,
    nur einmal, so und nie wieder!
    Seien Sie normal, seien Sie unvollkommen, seien Sie Mensch, seien Sie großartig und außergewöhnlich und haben Sie Freude daran!
    Herzlichst, Ihre Bettina Stackelberg

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