Guten Morgen, meine Schoene
vermeiden wollen, da sie der ständigen Lügen müde war.
Nun, Fragen würde sie heute nicht mehr beantworten müssen, aber dafür war sie zum Bügeln verdammt. Dabei hätte sie sich viel lieber hingesetzt und die Beine hochge-legt. Es stand nur kein Stuhl im Zimmer.
Wie auf ein Stichwort ging die Tür auf, und Jed kam herein, in jeder Hand einen Stuhl. Verblüfft beobachtete sie, wie er die schwarz gepolsterten Küchenstühle, mit einem kleinen Zwischenraum in der Mitte und der Sitzfläche nach innen, einander gegenüberstellte.
»Setz dich«, befahl er.
»Nein, ich muss…«
»Du musst dich ausruhen«, fiel er ihr barsch ins Wort.
»Und da offenbar dein Seelenheil davon abhängt, dass du noch heute dieses Zeug bügelst, werde ich es eben für dich tun.«
Sein entschlossener Blick verriet, dass er ein »Nein« nicht gelten lassen würde.
»Danke.« Sarah musste sich zwingen, um weiter zuspre-chen.
»Wenn du unbedingt meine Arbeit machen willst, habe ich keineswegs etwas dagegen. Aber ich setze mich inzwischen lieber ins Wohnzimmer.«
»Oh nein!« Er schob sie vor sich her zu dem ersten Stuhl und drückte sie darauf nieder. Dann umfasste er ihre Beine und legte sie auf den anderen Stuhl. »Du bist schon den ganzen Abend vor mir weggelaufen und bleibst jetzt hier sitzen.«
Sarah wusste, wann sie sich geschlagen geben musste.
Und außerdem war sie froh, endlich die Beine hochlegen zu können, ob nun im Wohnzimmer oder hier.
Wie hat der Mann sich doch verändert! ging es ihr durch den Kopf, während sie ihm beim Bügeln zusah. Bei ihrer ersten Begegnung war er ihr wie ein Finsterling aus einem Schauerroman erschienen – düster, feindselig und voller Hass. Nach dem Unfall hatte sie ihn von einer völlig anderen Seite kennen gelernt: einen liebevollen und fürsorgli-chen Mann, der zugleich verletzlich und stark war, humor-voll und zärtlich – und in den sie sich verliebt hatte.
Sarah lehnte sich auf dem Stuhl zurück und schloss die Augen. Was für eine himmlische Ruhe im Zimmer herrschte! Nur das rhythmische Abstellen und gele-gentliche Zischen des Dampfbügeleisens waren zu hö-
ren. Es waren friedliche, einschläfernde Geräusche…
Jed presste die Spitze des Bügeleisens zwischen die Knöpfe von Jamies blauem Hemd. Es handelte sich um das letzte noch zu bügelnde Stück. Sorgfältig führte er das Eisen über den dünnen Baumwollstoff zum Kragen und achtete peinlich genau darauf, keine Falten zu hinterlassen.
Geschafft.
Er stellte das Eisen ab, schaltete es aus und legte Jamies Hemd gefaltet auf den Stapel gebügelter Wäsche.
Mit nachsichtigem Lächeln blickte er zu Sarah, die, kaum hatte sie sich hingesetzt, auch schon eingeschlafen war.
Letztendlich war es ihr also doch noch geglückt, einem Gespräch auszuweichen. Er sah es ihr gern nach, denn nichts wollte er weniger, als sie in die Enge treiben.
Dazu hatte er sie viel zu gern. Nur gern? Nein, er liebte sie!
Bestürzt über diese jähe Erkenntnis, betrachtete er das Gesicht der Frau, die innerhalb so kurzer Zeit sein Herz erobert hatte.
In diesem Moment schlug sie die Augen auf und sah ihn verwirrt an. Dann lächelte sie verlegen. »Oh, ich muss eingenickt sein.« Sie ordnete die Falten ihrer Bluse. »Tut mir Leid, dass ich eine so schlechte Gesellschafterin bin.«
Jed wurde bewusst, dass er sie wie ein Narr anstarrte, aber er war noch völlig durcheinander von der Feststellung, dass er sich in seine Schwägerin verliebt hatte.
»Alles fertig gebügelt?« Sie gähnte hinter vorgehaltener Hand, schwang die Beine vom Stuhl und stand auf.
»Ja.« Er erkannte seine Stimme kaum wieder.
Sie verzog das Gesicht. »Ich hasse es, wenn mir die Leute beim Schlafen zusehen«, sagte sie, peinlich berührt.
»Ich bin nicht ,die Leute’, Sarah.«
Anscheinend war ihr sein bedeutungsvoller Tonfall nicht entgangen, da ihre Antwort ungewohnt schnoddrig ausfiel.
»Stand mein Mund offen? Habe ich geschnarcht oder wie ein gestrandeter Wal ausgesehen?«
»Sarah, ich muss dir etwas Wichtiges sagen.«
Er bemerkte in ihren Augen einen Anflug von Panik, ehe sie ihm den Rücken zuwandte und sich den Stapel gebü-
gelter Wäsche griff. »Wenn du nichts dagegen hast, würde ich jetzt gern ins Bett gehen.« Ihm blieb nicht verborgen, wie sie die Schultern straffte und tief durchatmete, bevor sie sich wieder zu ihm umdrehte. »Ich bin schrecklich mü-
de.« Sie presste sich die gebügelten Sachen wie ein Schutz-schild gegen die Brust. »Kann das, was du mir
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