h3rzklopfen - Kurzgeschichten
Ein schneller Traum
Metall. Lack. Meine Fingerspitzen fahren eine klare Linie entlang – streichen über eine Kante. Schwarz und kühl. Reflektionen einer Straßenlampe. Dunkelheit und Nieselregen. Nacht.
Ich steige ein. Geruch von Leder. Tief atme ich durch die Nase, rieche: Alles ist neu, unbenutzt, alles sauber. Setze mich in den Sitz, er ist hart und fest. Fahre mit den Händen an den Sitzseiten entlang, fühle das Leder, spüre die Nähte. Kilometerstand: 252 steht auf dem digitalen Dashboard – eine Jungfrau. Der Tacho geht bis 340. Ich habe ein Grinsen im Gesicht. 340 – das ist, was ich heute Nacht spüren will. Wilde und unfassbare 340 Stundenkilometer. Meine Hände fahren das Lenkrad ab, von oben nach unten. Ganz sanft. In der Mitte des Lenkrads prangt ein großes Logo. Ich streiche mit den Fingern darüber, beuge mich dann nach vorne und lecke mit meiner Zunge über das Zeichen. Dann lasse ich den Motor an. Schon flüstert sie mir leise dreckige Dinge in mein Ohr.
Ich drücke leicht auf das Gaspedal. Sie heult auf, zwei aggressive Biester erwachen – sie und ich. Sie jung und versaut, ich erfahren und eiskalt, beide brutal und todesmutig. Scheinwerfer leuchten kalt in die Nacht, Regentropfen glitzern. Langsam lasse ich das Biest auf die Straße. Ihre unbändige Energie gegen meine rationale Kontrolle. Maschine gegen Mensch. Biest gegen Drecksau.
Ich fahre auf die Autobahn. Es ist drei Uhr nachts – kaum Verkehr. Vereinzelt ein Transporter auf der rechten Seite. Zunächst halte ich mich ebenfalls rechts – moderate Geschwindigkeit. Vorfreude, Herzklopfen! Ich hänge mich hinter zwei Kleintransporter – bei etwa 120 km/h. Die Tacho-Nadel ist noch im unteren Drittel. Ich schalte meinen MP3-Player ein, wähle meine Playlist. Ich drehe die Lautstärke auf, elektronische Beats durchdringen meinen Körper. Ein Blick in den Rückspiegel: schwarz, nichts. Wir scheren aus, ziehen nach links, ich drücke das Gaspedal langsam durch. Lift Off!
Das kleine Biest ist roh und hart zu mir. Die Beschleunigung drückt mich in den Sitz. Ich muss lachen. Sie ist laut und brutal, schreit mich an. Ich drehe die Musik weiter auf. Vor mir alles frei, der Regen lässt etwas nach. Ich beschleunige voll durch – es ist ein Höllenritt. Ich übe Kontrolle aus, sie macht, was ich will. Wir überholen, Lichter verschwinden im Rückspiegel schnell in der Nacht. Ich rase den Standstreifen entlang – überhole rechts, ziehe wieder nach links. Herrscher der Straße. Schneide die langgezogenen Kurven, nutze die Breite der Fahrbahn aus. Wir werden eins. Machine It! Technik, Konzentration, Dominanz, Aggression. Ich verliere mich darin.
In der Ferne wieder ein roter Punkt. Schnell kommt er näher, Rücklichter, die auf mich zu rasen. Überholen! Links vorbei oder doch rechts? Erregung! Ich lächele wieder. Ich muss einlenken – nein, noch nicht. Noch näher! Wir rasen auf das Auto zu, es erscheint im Lichtkegel des Scheinwerfers. Ich lenke nicht ein... Sehnsucht nach dem ultimativen Thrill.
Der Crash! Ich werde nach vorne geschleudert, die Gurte fangen mich hart auf. Airbag. Zerren, Gewalt, Chaos. Dann Stillstand. Verzerrte Bilder von mir selbst. Ich spüre meinen Herzschlag, sehe verschwommen meinen Bauch, meine Hüfte, meine Beine. Ich sehe meinen linken Arm und kann durch die aufgerissene Türe auf den Asphalt blicken. Es regnet und ich sehe das Mondlicht auf dem schwarzen Boden reflektieren.
Kann mich nicht bewegen, höre das Klicken des Blinkers. Klick, klick, klick... Sie lebt! Wir beide leben, ich spüre den Schmerz durch meinen Körper strömen, spüre, dass ich lebe. Noch. Geschmack von Blut in meinem Mund. Fragmentierte Bilder und Erinnerungen zucken durch mein Gehirn. Mein Herz klopft. Dann sehe ich den Sex in deinen Augen.
Das Vorspiel
Vor einiger Zeit war ich bei einer guten Kollegin zum Abendessen eingeladen. Ein bisschen hatte mich die Einladung überrascht – aber eben nur ein bisschen. Wir kennen uns schon ein paar Jahre, haben einige Zeit sogar im selben Team gearbeitet. Ich muss gestehen, dass ich seit der Zeit, als sie mir das erste Mal aufgefallen ist, sehr auf sie stehe. Obwohl ich mich als selbstbewussten Typ einschätze, bin ich, was Frauen angeht, eher schüchtern. Also habe ich meine Zuneigung ihr gegenüber für mich behalten – es gibt für alles gute Gründe. Ich habe mich damit abgefunden, mit ihr regelmäßig Mittagessen zu gehen. Wir verstehen uns sehr gut, und somit war es dann
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