Habe ich dich schon mal geküsst?
Füßen weggezogen wird. Ich weiß, wie es ist, wenn man von dem Menschen, der einem viel bedeutet, belogen wurde.“
Bryony ließ die Schultern sinken. „Ich werde Ihnen etwas vorheulen.“
Er lächelte kurz, bevor er zu einem Wagen deutete. „Sie können mir so viel vorheulen, wie Sie wollen. Nach allem, was ich mitbekommen habe, ist das Ihr gutes Recht.“
„Sie können jetzt gehen“, meinte Bryony leise, als Ryan ihre Tasche am Check-in-Schalter auf die Waage stellte.
„Sie haben noch Zeit. Lassen Sie uns etwas essen gehen. Sie sind schrecklich blass und zittern immer noch.“
„Ich glaube, ich bekomme nichts runter.“ Sie legte eine Hand auf ihren Bauch und versuchte, der Übelkeit Herr zu werden.
„Dann trinken Sie wenigstens etwas.“
Seufzend fügte sie sich, weil es am einfachsten war. Schon wenig später saß sie in einem kleinen Bistro, ein großes Glas Orangensaft vor sich auf dem Tisch.
Ihre Augen wurden feucht, als sie blindlings darauf starrte. Mit zitternden Fingern strich sie über die kühle Oberfläche des Glases.
„Oh, nein, Sie fangen nicht noch einmal an zu weinen, oder?“
Sie atmete tief durch. „Es tut mir leid. Sie waren sehr lieb und haben es wirklich nicht verdient, dass ich all meinen Kummer bei Ihnen ablade.“
„Es ist schon okay. Ich verstehe, wie Sie sich fühlen.“
„Ja?“, fragte sie mit zitternder Stimme. „Wieso? Wer hat Ihnen so etwas angetan?“
„Die Frau, die ich eigentlich heiraten wollte.“
Bryony zuckte zusammen. „Autsch. Ja, das tut weh, was? Zumindest hat Rafael mir nie versprochen, mich zu heiraten. Obwohl er es angedeutet hat, aber so weit hat er seinen Verrat dann doch nicht getrieben. Was ist passiert?“
Ryan verzog das Gesicht, und eine Sekunde lang nahm Bryony an, er würde nicht antworten.
„Sie hat mit meinem Bruder geschlafen, wenige Wochen nachdem wir uns verlobt hatten.“
„Das ist ja ungeheuerlich“, meinte sie. „Es tut mir leid, dass Ihnen das passiert ist. Es ist schon mies, wenn Menschen, in die man sein Vertrauen setzt, einen so hintergehen.“
Er nickte und wechselte das Thema. „Soll ich Ihnen nicht doch etwas zu essen holen? Meinen Sie, Sie bekommen jetzt etwas herunter?“
Es war nett, wie besorgt Ryan war, und sie schenkte ihm ein müdes Lächeln. „Danke. Ich habe keinen Appetit, aber Sie haben vermutlich recht, ich sollte eine Kleinigkeit essen.“
Er stand auf und kehrte einige Minuten später mit einer Auswahl von Sandwiches und einem Glas Orangensaft zurück. Nachdem Bryony von ihrem Sandwich abgebissen hatte, stellte sie fest, wie hungrig sie tatsächlich war.
Ryan musterte sie mitleidig. „Was wollen Sie jetzt machen?“
Bryony kaute zu Ende und schluckte, bevor sie antwortete: „Nach Hause fahren. Mein Baby bekommen. Versuchen zu vergessen. Mein Leben weiterleben. Ich habe meine Großmutter und die Menschen auf der Insel. Ich schaffe das schon.“
„Ich frage mich, ob es das ist, was Kelly getan hat“, überlegte er laut. „Ihr Leben weiterleben.“
„Heißt sie so? Kelly? Ihre Exverlobte?“
Ryan nickte.
„Also ist sie nicht mehr da? Nicht mehr mit Ihrem Bruder zusammen, meine ich?“
„Nein, sie ist weg. Ich habe keine Ahnung, wo sie ist.“
„Ist vermutlich auch gut so. Wenn Sie tatsächlich mit Ihrem Bruder geschlafen hat, ist Sie es nicht wert, dass Sie noch einen Gedanken an sie verschwenden.“
„Vielleicht“, erwiderte er leise.
Sie schwiegen, und Bryony aß so viel, wie sie hinunterbringen konnte. Immer wieder hörte sie Rafaels Worte. Sie gingen ihr einfach nicht mehr aus dem Sinn.
Es war so beschämend. Und es machte sie wütend. Doch vor allem war sie völlig niedergeschmettert. Zweimal hatte sie ihm erlaubt, sie zu manipulieren. Das Schlimmste war, dass sie sich beim zweiten Mal noch heftiger in ihn verliebt hatte. Sie war sogar so weit gewesen, ihm die Erlaubnis für das Bauprojekt zu geben – das, worauf er es von Anfang an abgesehen hatte. Er hatte nie die Absicht gehabt, sein Versprechen an sie zu halten.
Es war so dumm von ihr gewesen, ihm einfach zu glauben und sich nichts schriftlich geben zu lassen.
Noch dümmer war es gewesen, sich in ihn zu verlieben.
Eine Träne rann ihr über die Wange, und sie wischte sie hastig weg, doch leider kullerten immer mehr hinterher.
„Es tut mir leid, Bryony. Sie haben das nicht verdient“, meinte Ryan mitfühlend. „Rafael ist mein Freund, aber er ist definitiv zu weit gegangen.“
Sie wischte sich die Tränen
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