HABE MUTTER, BRAUCHE VATER - Mallery, S: HABE MUTTER, BRAUCHE VATER
wusste ebenfalls, dass nicht alles in Ordnung war.
„Wir möchten dich nicht länger aufhalten“, sagte ihr Vater. „Wir sprechen uns bald, okay?“
„Sicher.“
Zoe und sie winkten dem davonfahrenden Wagen nach, dann gingen sie ins Haus.
„So“, sagte Elissa und lächelte ihre Tochter an. „Und jetzt erzählst du mir, was du Schönes gemacht hast.“
Die Kleine umarmte sie. „Ich habe dich vermisst, Mommy, aber es hat richtig, richtig viel Spaß gemacht.“
„Na, dann schieß los.“
„Zuerst waren wir einkaufen. Grandma hat gesagt, ich darf mir neue Bettwäsche für mein Bett bei ihnen aussuchen. Also haben wir rosa Bettwäsche mit Prinzessinnen drauf gekauft. Dann sind wir nach Hause gefahren und haben Kekse gebacken. Am Nachmittag …“
Zoe erzählte weiter, doch Elissa konnte sich kaum auf den Bericht der Kleinen konzentrieren. Sie musste ständig an den Streit mit ihrer Mutter denken und daran, ob sie jemals wieder miteinander auskommen würden. Außerdem wanderten ihre Gedanken immer wieder zu Walker. Sie wünschte, er wäre jetzt bei ihr.
Und obwohl sie Zoe von ganzem Herzen liebte, fühlte sie sich zum ersten Mal seit langer Zeit einsam und so, als gehöre sie nirgendwohin.
15. KAPITEL
Lori Johnston hatte alles, was Reid an Frauen nicht mochte. Sie hatte einen kritischen Blick, war unscheinbar und zeigte absolut kein Interesse an ihm. Ihr Blick schweifte mit demselben Ausdruck der Langeweile über die „Sports Bar“, der ihr anzumerken gewesen war, als man sie ihm vorgestellt hatte.
„Wir sollten in mein Büro gehen“, sagte er laut, um das Geschrei der Gäste zu übertönen, die gerade ein Spiel der Mariners im Fernsehen verfolgten. Als die Frau keinerlei Reaktion zeigte, entschloss er sich, das als Zustimmung aufzufassen.
Im Büro bot er ihr einen Stuhl vor seinem Schreibtisch an. Er selbst setzte sich auf die Tischkante. Nicht so sehr deswegen, weil er auf sie herabblicken wollte, sondern eher, um, na ja, die Kontrolle in diesem Vorstellungsgespräch zu behalten.
Nachdem sie ihre Brille zurechtgerückt hatte, reichte sie ihm ihren Lebenslauf. „Die Agentur hat mich für diese Stelle empfohlen, weil ich viel Erfahrung mit schwierigen Patienten habe. Ich arbeite seit zwei Jahren in der privaten Krankenpflege. Davor war ich an einer orthopädischen Klinik beschäftigt, und in letzter Zeit habe ich häufig Patienten mit Herzproblemen betreut. Ich nehme an, darum geht es bei Ihrer Großmutter – sie erholt sich derzeit doch von einem Herzinfarkt und einer Oberschenkelhalsfraktur?“
Sie redete genauso, wie sie aussah – vernünftig und sachlich. Reid fühlte sich leicht unwohl in ihrer Gegenwart.
„Ich könnte das Spiel einschalten, wenn Sie wollen“, sagte er und deutete auf den Fernseher in der Ecke. „Es steht unentschieden.“
Sie sah ihn erstaunt an. „Ich interessiere mich nicht für Sport.“
Warum nur überraschte ihn das nicht? „Sie wissen also nicht, wer ich bin?“
„Sollte ich?“
Autsch. „Selbstverständlich. Ich bin ein bekannter Baseballspieler.“
„Warum arbeiten Sie dann in einer Bar?“
„Ich habe mir die Schulter ruiniert.“
„Wenn man bedenkt, mit wie viel Anstrengung und Stress dieser Beruf einhergeht, überrascht mich das nicht. Der Körper ist nicht unbegrenzt belastbar, Mr. Buchanan. Das ist eine Tatsache, auch wenn wir es nicht gern wahrhaben wollen.“
Ihr selbstgefälliges Auftreten, gepaart mit diesem Charme einer Bulldogge, erinnerte ihn an alle Lehrer, die er je gehabt und nie gemocht hatte.
Sie trug eine langärmelige Bluse, die sie in einen langweiligen, übers Knie reichenden Rock gesteckt hatte. Ihre Schuhe waren hässlich, sie trug weder Schmuck noch Make-up, und wenn sie ihn noch strenger ansah, würde sie gleich zu schielen anfangen. Das einzig Attraktive an ihr – ihr volles goldrotes Haar – war zu allem Überfluss zu einem schrecklichen Zopf zusammengebunden.
Am liebsten hätte er ihr gesagt, dass sie nicht für den Job infrage käme. Nur leider war sie die qualifizierteste Bewerberin, die sich ihm bis jetzt vorgestellt hatte, und von ihrer beruflichen Erfahrung her am besten von allen geeignet, Gloria tagsüber zu betreuen.
„Die Agentur meinte, Sie hätten gern drei Krankenschwestern, die sich im Achtstundenrhythmus abwechseln“, sagte sie. „Sie bezahlen jedoch eine Zwölfstundenschicht, was genau genommen Geldverschwendung ist.“
„Sie haben meine Großmutter noch nicht kennengelernt“, sagte Reid.
Weitere Kostenlose Bücher