HABE MUTTER, BRAUCHE VATER - Mallery, S: HABE MUTTER, BRAUCHE VATER
„Die acht Stunden haben es in sich.“
„Verstehe. Hat sie ein gutes Verhältnis zu ihren Verwandten?“
„Nein.“
„Wenn Sie sich ihr vor ihrem Herzinfarkt mehr gewidmet hätten, wäre sie vielleicht nicht so schwierig.“
„Wie kommen Sie darauf, dass ich es nicht getan habe?“
Sie lächelte frostig. „Bei Ihrer äußerst beeindruckenden Baseballkarriere waren Sie sicher immer viel unterwegs.“
Es war eindeutig sarkastisch gemeint. Ihre Stimme klang zwar völlig neutral, aber Reid hatte die Botschaft verstanden.
„Gloria ist nicht wie andere Großmütter“, sagte er. „Sie leitet ein Firmenimperium.“
„Mag sein, Mr. Buchanan, aber jeder Mensch kann sich einsam fühlen. Ganz besonders ältere Menschen, deren Freunde und Verwandte zum Teil schon gestorben sind. Hat Ihre Großmutter noch Kontakt mit Gleichaltrigen?“
„Freunde, meinen Sie?“
„Ja, Menschen in ihrem Alter, die ihr nahestehen.“
Er hätte ihr gern gesagt, dass er nicht der Idiot war, für den sie ihn offenbar hielt, doch es schien zwecklos. Sie hätte ihm nicht geglaubt. „Keine Ahnung.“
„Verstehe.“
Ihre Stimme klang missbilligend.
„Leben Ihre Eltern noch?“, fragte sie.
„Äh, nein.“
„Ihre Großmutter hat also, soviel Sie wissen, keine Freunde und zumindest eines ihrer Kinder verloren. Ist Ihnen klar, was es für Eltern bedeutet, ein Kind begraben zu müssen?“
Er rutschte vom Tisch. „Ich habe nichts falsch gemacht, Mrs. Johnston.“
„Ich bin sicher, Sie haben überhaupt nichts gemacht.“
„Hey, ich bin nicht der Böse in dieser Geschichte. Wenn Sie den Job nicht haben wollen, sagen Sie es einfach.“
„Ich bin sehr wohl interessiert an der Stelle, Mr. Buchanan. Ihre Großmutter braucht mich, glaube ich.“
Nun musste Reid lächeln. „Sie denken also, Sie müssten Gloria vor der bösen Verwandtschaft retten? Sie werden sich noch wundern, das kann ich Ihnen versichern.“
Lori wirkte nicht überzeugt.
Aber das würde sich ändern. Ein paar Minuten in Glorias Gesellschaft, und sie würde sich auf Knien für das entschuldigen, was sie zu ihm gesagt hatte. Reid freute sich schon drauf.
„Sie können den Job haben, wenn Sie möchten“, sagte er.
„Danke. Aufgrund meines niedrigen Blutzuckerspiegels muss ich regelmäßig essen und möchte dafür auch Zeit haben. Ich kann meine Mahlzeiten gern gemeinsam mit Ihrer Großmutter einnehmen.“
„Kein Problem. Bringen Sie Ihr eigenes Essen mit, oder wäre es Ihnen lieber, wenn wir dafür sorgen?“
„Ich bringe es selbst mit. Außerdem würde ich gern die anderen Schwestern kennenlernen, die Sie angestellt haben.“
Reid hatte den leisen Verdacht, dass sie keine große Freude an Sandy Larson haben würde.
„Selbstverständlich.“ Er blickte noch einmal in seinen Kalender und teilte ihr mit, wann sie anfangen sollte.
„Ausgezeichnet.“ Sie erhob sich und reichte ihm die Hand. „Danke für das Gespräch, Mr. Buchanan. Ich werde bei der Agentur den Vertrag unterzeichnen und freue mich schon sehr darauf, Ihre Großmutter bald kennenzulernen.“
„Ich mich auch“, sagte er süffisant, „ich mich auch.“
Während Walker den letzten Karton in seinem Wagen verstaute, stand Elissa daneben und trat nervös von einem Bein auf das andere.
„Das gefällt mir ganz und gar nicht“, sagte sie. „Es ist mir unangenehm. Was ist, wenn etwas passiert?“
Als sich herausgestellt hatte, dass der ganze Schmuck nicht in ihrem kleinen Auto Platz haben würde, hatte er darauf bestanden, dass sie seines nahm.
„Es ist ein so teurer Wagen“, hatte sie protestiert, woraufhin er erklärt hatte, dass er ja gerade aus diesem Grund eine Versicherung abgeschlossen hatte. Schließlich hatte sie mangels Alternativen zugestimmt, doch Walker wusste, dass sie nicht begeistert davon war, mit seinem Auto zu fahren.
„Ich werde besonders vorsichtig fahren“, versprach sie.
Er legte den Arm um ihre Schulter. „Das brauchst du nicht. Entspann dich. Es wird ein schönes Wochenende für dich, ganz bestimmt.“
„Ich hoffe es.“ Sie holte tief Luft. „Nein, du hast recht, es wird toll. Wenn es nur nicht so früh wäre.“
Er schaute auf seine Uhr. Es war erst kurz nach sechs Uhr morgens, doch Elissa musste zeitig beim Kunsthandwerksmarkt sein, damit sie ihren Stand aufbauen konnte.
„Was ist, wenn mir niemand etwas abkauft?“, fragte sie. Ihre Stimme klang leicht panisch. „Was ist, wenn ich drei Tage dort sitze und nichts verkaufe? Dann bin ich
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