Hadschi Halef Omar im Wilden Westen
ich.«
»Nicht etwa Ihr und er?« Sir Edward zeigte sein eigentümliches Lächeln.
Halef lächelte sphingenhaft zurück. »Das ist bei uns Helden einerlei.«
Saleh schien Wort zu halten, denn als der eine der »Helden« und sein Begleiter sich dem Sammelplatze näherten, herrschte dort schon der munterste Betrieb. In unglaublicher Geschwindigkeit trieben die Askaris von Faris Abbas Dutzende von Sklaven und Handlangern zwischen einem »Magazin«, das aus mehreren Zelten und Erdlöchern bestand, und einer Schar bereits gesattelter
Kamele hin und her. Eines stach heraus. Es war ein außergewöhnlich hochgewachsener, fast weißer Kamelhengst, der seinen kostbar aufgezäumten Kopf stolz in die Abendluft reckte. Auch in diesem Punkte hatte Saleh also nicht gelogen, er stellte für Halef eines seiner besten Tiere bereit.
Es war Faris Abbas höchstselbst, der die beiden so wundersam vor der Züchtigung Verschonten in Empfang nahm, und er war es auch, der Halef ein üppiges Bündel entgegenhielt. »Nimm, Hakim, und erkenne, welch Gnade unser Gebieter dir erweist. Ich selbst durfte aus seinen Truhen diese Kleider für euch wählen; diese mögen dir passen, jene anderen deinem Gefährten. Die Oase Dschunet beherbergt Menschen unterschiedlichster Statur – du jedoch bist der erste, der uns bereits nach kurzer Zeit wieder verläßt – – – «
Halef lächelte und retournierte diese Anspielung, indem er sagte:
»Ich danke dir, o Faris Abbas, für deine Gunst, zumal ich hoffe, daß während meiner Abwesenheit mein englischer Freund – und ich wiederhole dieses Wort: er ist mein Freund – sowohl den Schutz deines Herrn als auch deine ganz persönliche Aufmerksamkeit genießt. Zwar besitzt er Geldes genug, um einen jeden Handgriff zu bezahlen, doch bedenke, zu welchem Zwecke ich ausreite, auf diesem prachtvollen Tiere – – – «
Diesen Wink verstand Faris Abbas. Ein Schnalzen mit der Zunge, und mehrere seiner Offiziere setzten sich in Bewegung. Sie eilten zu dem nunmehr reisefertig gemachten Kamele, um es zu seinem neuen Besitzer zu führen.
»Fürwahr, kein schlechter Tausch«, lobte Halef, nachdem er Zähne, Hals, Flanken und Sehnen des Tieres mit Kennerschaft begutachtet hatte. »Auch du, Faris Abbas, wirst mit der Weise, wie alles gekommen ist und noch kommen wird, zufrieden sein. Bald wirst du Kara Ben Nemsi sehen – und er dich – – – «
Damit war es genug mit Zweideutigkeiten.
Faris Abbas reichte Halef vier Beutel, deren Inhalt fraglos feststand.
Nach einem tiefen Blick in Halefs zuversichtliches Gesicht bedurfte es keiner weiteren Worte. Der Auftrag des Hakims, zu welchem der oberste Räuber ihn entsandte, diente auch seinem Herzenswunsche. Faris Abbas wandte sich um und ging.
Zwei Diener waren abgestellt worden, um Halef und Sir Edward mit ihrer Kleidung sowie ihrem im Palast verbliebenen Eigentume zu versehen. Danach klapperten Schüsseln und Tiegel, aus denen die vormaligen Gefangenen sich freudig bedienten. Zeit für ein richtiges Abendessen konnte es, im mindesten für Halef, nicht geben, obwohl die Einwohnerschaft sich zum Feste rüstete, weil noch der Sieg über die Karawane zu feiern war. Also nippte Halef, vornehm eingekleidet wie ein Scherif, nur hier und da. Im Geiste war er schon auf dem Weg.
»What a day!« seufzte Sir Edward, der sich weniger Zurückhaltung auferlegte. »Heute morgen hatten wir unser karges breakfast 32 zwischen den Felsen. Wir zogen los, und Ihr, verehrter kleiner Sir, beschriebt mir die Barttracht Winnetous, welche der Euren so sehr ähneln soll. Noch vor dem lunch 33 , der leider ausfiel, ritten wir Attacke gegen die Räuberschar; danach heiltet Ihr einen kaum Verwundeten. Wir gerieten in Gefangenschaft, und zum Fünf-Uhr-Tee, der aus zwei Täßchen Minze bestand, gelangten wir in die Oase. Nacheinander bekamen wir einen fragwürdigen Palast zu sehen, einen Mohren, eine Fontäne, einen Blutmörder, eine Tänzerin, und fast hätten wir noch Bekanntschaft mit einer Nilpferdpeitsche geschlossen. Jetzt ist es hohe Zeit für dinner 34 , da will ich nicht fehlen, aber Ihr müßt leider fort. Bereits mein supper 35 werde ich ohne Euch genießen müssen – daß Ihr es nur wißt: Ich bin traurig, Ihr werdet mir fehlen!«
Am Ende seiner Worte packte der Engländer Halef beim Kopfe, hob ihm den Turban ab und drückte auf die Stirn darunter einen recht ungefähren Schmatz. Anschließend gab er die ausladende Kopfbedeckung wieder zurück an ihren Platz und trat, wie
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