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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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Zwischen Felsen und Sand hat der Allmächtige die Zeit versteckt. Willst du sie finden und den rechten Glauben dazu, so halte dich nur eng an mich, der ich dein Begleiter und Wegweiser bin. Du wirst keinen besseren finden als mich, Hadschi Halef Omar Ben Hadschi Abul Abbas Ibn Hadschi Dawuhd al Gossarah!«
    Aber natürlich, Halef – Hadschi Halef Omar!
    Kein anderer betete so inbrünstig, kein anderer rühmte sich so unüberhörbar seines Glaubens – und keiner neigte mehr zu Übertreibung und Schulmeisterei als mein lieber, guter, braver Halef! Genau wie er seinen englischen Schützling immerfort »Effendi« nannte, so war vor langer Zeit ich, der Deutsche, zu seinem »Sihdi« geworden – damals, als ich mich zum ersten Male von dem berühmtesten Sohne der Haddedihn durch die Wüste, überhaupt durchs orientalische Leben hatte geleiten lassen. Wie oft hatte er, aus christlicher Sicht ein Heide, sich an mir, dem »Ungläubigen«, gerieben, nicht hinnehmend, daß ich nur andersgläubig, aber keinesfalls ungläubig sei.
    Doch komme man einem Jünger Mohammeds nicht mit theologischen Erklärungen, er wird sie als Spitzfindigkeiten abtun. Was dem Christen die Mission, ist dem Moslem, dem »sich Hingebenden«, der ständige Versuch der Bekehrung. Man soll darüber nicht schmunzeln. Nichts verbreitet sich leichter in der Welt als die Illusion von Gewißheit.
    Anstatt balkanesischer oder türkischer Gefilde war es also das
algerische Tassili-Gebirge, in welchem Halef sich befand, weitab von den Weidegründen der Haddedihn. Was mochte den Freund in diese Gegend verschlagen haben? Selbst ich, der – außer dem australischen – alle Kontinente und bis auf ganz wenige ihre sämtlichen Länder durchstreift habe, war dem genannten Gebirgszuge niemals näher gekommen als bis zu dem Ort Adrar, ein winziges, im Glast dahinträumendes Dörfchen, mehrere Tagesritte von der Großprovinz Fessan 3 entfernt. Die Veranlassung Halefs, seine geliebte Hanneh sowie sein »Volk« für längere Zeit zurückzulassen, mußte in jenem Manne zu finden sein, der, auf gleichmäßigen Abstand bedacht, hinter ihm ging.
    Dieser war ein wunderlicher Genosse. Wie schon erwähnt, hatte auch er, der Christ, sich in hiesige Tracht geschlagen. Das sprach für ihn, zeugte es doch von der bei Ausländern selten anzutreffenden Bereitschaft, sich in Land und Leute buchstäblich einzufühlen. Jedoch war das Erscheinungsbild des Mannes insgesamt ein so drolliges, kurioses, daß es Spott erregen mußte. Eine Gestalt sah man da gleich der Don Quijotes, die auffällig war in der lautesten Weise. Jener Mensch, wollte man ihm gut, konnte als hochaufgeschossen und asketisch bezeichnet werden; wollte man ihm übel oder sich schlicht der Wahrheit nicht in den Weg stellen, so waren die Bezeichnungen abgezehrt oder verhungert treffender. Weil der Mann jede seiner sparsamen Bewegungen mit großer Geziertheit ausführte, mit einer ins Ätherische strebenden Vornehmheit, war er leicht als ein Adeliger zu erkennen, dem Zungenschlag zufolge englischer Herkunft.
    Wer mir in Gedanken auf meinen Reisen nachzufolgen pflegt, der weiß, wie reich die Welt an Sonderlingen ist. Insbesondere das Vereinigte Königreich bringt sie in ganz erstaunlicher Zahl hervor. Immer noch regiert dort ja Königin Viktoria, Tochter der Prinzessin von Sachsen-Coburg-Saalfeld, so daß mit einiger Berechtigung von einer deutschen Monarchin gesprochen werden darf.
Deren nicht abreißender deutscher Einfluß bewirkt auf ihre Untertanen die erfreulichste Wirkung. Anders nämlich als in unseren drei Dutzend vielfach zerstrittenen und sich befehdenden deutschen Landen begreift der englische Mensch sich als Teil eines Reiches. Solange wir Deutsche uns in kleinlichem Gezänk auseinandertreiben, anstatt einmütig zusammenzuhalten, werden wir gewiß ebenfalls vermögende, aber schwerlich in größerer Zahl souveräne Menschen hervorbringen.
    Als ein der Nüchternheit verschriebener Berichterstatter übertreibe ich nicht, wenn ich sage, daß der überwiegend auf Sklavenhandel, Gold, Seide, Gewürzen und Diamanten begründete Reichtum des britischen Adels ohne die wunderlichsten wie abenteuerlustigsten, ohne die ausdauerndsten und zugleich spleenigsten Zeitgenossen nicht denkbar ist. In seiner Farbigkeit übertrifft der englische Charakter ganz gewiß den deutschen, so schmerzhaft diese Feststellung für manchen von uns sein mag. Noch auf den zivilisationsvergessensten Flecken begegnet man Angehörigen des

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