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Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Hadschi Halef Omar im Wilden Westen

Titel: Hadschi Halef Omar im Wilden Westen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl Hohenthal
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klein und rundlich, Effendi, wo meine Sprache treffendere Worte bereithält! Sage über mich, ich sei groß und stattlich, und sprich von mir als weise und klug, wenn du dir vollends meine Achtung erwerben willst. Auch nenne mich erhaben und edel; es trifft ja
alles zu. – Effendi! Obwohl ich mir jede Mühe mit dir gebe, sind deine Kenntnisse unserer Sprache immer noch unvollkommen. Wieder nehme dir meinen Sihdi zum Vorbild: Auch er war anfangs des Arabischen nicht mächtig, kaum daß er sich im Basar mit dem Nötigsten zu versehen wußte. Wer aber begleitete ihn überallhin und lehrte ihn sprechen wie eine Mutter ihr Kinde? Wer brachte ihn zu jener Reife, die es ihm heute erlaubt, noch mit den feinsinnigsten unserer Gelehrten in Disput zu treten? Ich bin es gewesen, ich allein, sein Lehrer und Berater! Wie du weißt, schreibt mein Sihdi sogar Bücher. Rate, wieso er das kann: Weil er auch in dieser Beziehung von mir unterwiesen wurde. Bete, daß es dir gleichfalls vergönnt sein möge, von meinen Lippen so viel Weisheit zu trinken, und hoffe, auch einmal einen Menschen zu treffen, den du lehren und formen kannst wie ich meinen Sihdi und nun dich. Meine Hoffnung ist es, daß du vielleicht doch etwas her vorbringst, was mehr wert ist als diese Kanne und dieser Topf. Jedenfalls wert genug, zu den Menschen getragen und nicht zu ihnen geschleppt zu werden.«
    »Ja, verehrter kleiner Sir, lobt nur immer Euren Sihdi gegen mich. Ein gar so berühmter Schreiber ist er, ein so unersetzlicher Autor, ein überaus geschätzter Erzähler, daß Ihr es Euch nicht leisten könnt, ihn auch nur eine Minute unerwähnt zu lassen. Er ist doch, wenn ich recht verstehe, ein Deutscher? Warum begeistert Ihr Euch für Bücher, die Ihr nicht lesen könnt – könnt Ihr es?«
    »Merke, Effendi, Sir Edward!« rief der andere wieder, und trotz der Felswand, die ihn verbarg, konnte man geradezu sehen, wie sein Zeigefinger sich in den lichter werdenden Himmel bohrte. »Merke, mein Sihdi schreibt in seiner mir verschlossenen Sprache, weil sein Gemüt ein so bescheidenes, bedürfnisloses ist, bescheidener noch und bedürfnisloser als das meine. Wovon er schreibt, davon erzählt er mir; wozu also Zeit verlieren und das Lesen erlernen? Bedenke, ich bin auch so der herausragendste Kopf meiner Sippe. In mir erblickst du deren Oberhaupt in sämtlichen geistigen wie geistlichen Dingen. Mein Sihdi, mag er auch
lesen und schreiben können, muß einer solchen Überlegenheit noch entbehren. Da ziemt es sich für ihn nicht, sich mit fremden Zungen zu spreizen. Jedenfalls nicht, solange ich ihn unterweise.«
    » Well, verehrter kleiner Sir, ich kapituliere. Euch ist nicht beizukommen.«
    »Das, Effendi, macht die Überlegenheit meines Glaubens!«
    »Ihr meint: die Überlegenheit solchen Anscheins? Stets wißt Ihr alles besser.«
    »Doch nur, Effendi, weil ich fromm bin und Allah mir wohlgesinnt ist. Darin liegt kein Widerspruch.«
    »So bedanke ich mich, Sir, und schirre mein Kamel. Nur fürchte ich, Eure Freimütigkeit wird Euch nicht überall Freundschaft eintragen.«
    »Feinde mache dir zu Gegnern, und Gegner mache dir zu Freunden – so habe ich es schon meinem Sihdi geraten. Wenn auch du, Sir Edward, dir diese Worte einprägst, hast du für heute schon viel gelernt!«
    » Well, ehe Ihr mir auch für diese Lektion einen Piaster abfordert, wird es besser sein, endlich aufzubrechen. Das Feuer habt Ihr ausgetreten, Topf und Kanne sind erkaltet genug, um sie an mein Tier und nicht an eines der Euren zu binden. Versteht doch, mich drängt es zu den Zeichnungen und Ritzungen. Allein ihretwegen folge ich Euch überallhin.«
    Das Arabische des abwechselnd »Effendi« und »Sir Edward« Genannten erklang in jenem nasalen, leicht für hochmütig zu haltendem Tone, wie man ihn von Engländern immer dann zu hören bekam, wenn diese Unmut hegten, es aber auf Grund ihrer Zurückhaltung nicht zeigen wollten. Jetzt, da das Licht am Horizont an Kraft gewann, traten aus einem tiefgezogenen Felseinschnitt, hinter dem man ein sicheres Nachtlager vermuten durfte, die beiden Sprecher hervor.
    Der eine war ziemlich klein, aber ordentlich genährt, der andere ungleich größer, dafür entsetzlich mager. Der Kleine trug auf
dem Kopfe einen mächtigen Turban in der im Islam bedeutsamen Farbe Grün; der Große begnügte sich mit einem simplen, mehrfach um den kantigen Schädel geschlungenen Tuche, das vielleicht einmal blau gewesen war. Als Hauptkleidung hatte sich ein jeder in

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