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Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein

Titel: Hänschen klein - Winkelmann, A: Hänschen klein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andreas Winkelmann
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Liebe, ihre Liebe – zerstört, nicht mehr als eine wehmütige Erinnerung an eine kurze, schmerzhafte Zeit.
    Aber heißt es nicht, dass aus Zerstörung immer auch Neues entsteht?
    Saskia fühlte bei dem Gedanken in sich hinein. Die Vorstellung machte ihr Angst, ließ sie gleichzeitig aber auch vor Spannung erstarren. Noch hatte sie den Test, der seit dem Ausbleiben ihrer Tage oben im Bad lag, immer wieder hinausgezögert. Es war leichter, die Gedanken daran zu verschieben, aber natürlich wurde es mit jedem verstreichenden Tag ohne Menstruation mehr zur Gewissheit. Test hin oder her, Fakten schaffen in blauer oder rosa Farbe: Es spielte keine Rolle. Sie wusste, was mit ihr geschah, was Sebastian ihr hinterlassen hatte.
    Saskia stieg die Stufen hinunter, ging zur Koppel hinüber und lehnte sich an den Zaun. So wie an jenem Tag, als Sebastian hinter ihr gestanden hatte. Damals hatte sie seine Blicke gespürt, seine bewundernden, sehnsüchtigen Blicke, und auch jetzt schaute sie kurz hinter sich, weil sie meinte, er wäre noch da. Das passierte ihr öfter. Dieses
Gefühl, er sei noch auf dem Hof, passte auf, wachte über sie. Der Psychotherapeut sagte, es würde sich irgendwann geben, noch sei die Erinnerung aber zu präsent. Saskia wusste nicht, ob sie das wollte. Eigentlich fühlte es sich sogar gut an, Sebastian bei sich zu spüren, wenn auch nur als Erinnerung. War es vielleicht das, was man gemeinhin als Geistererscheinung bezeichnete?
    Aus der geöffneten Stalltür winkte ihr Lars zu. Sie winkte zurück. Wie immer trug er seine blaue Latzhose und die grüne Baseballkappe. Er war eine zuverlässige Konstante für Saskia geworden, kam jeden Morgen um acht und ging jeden Nachmittag um fünf. Lars war nicht gerade gesprächig, aber er war freundlich und ein Arbeitstier. Dieser Mann, immerhin schon über fünfzig, schaffte doch tatsächlich beinahe die ganze Arbeit auf dem Hof allein. Und zum Bewegen der Pferde brachte er an drei Tagen in der Woche seine achtzehnjährige Tochter mit, die voller Zuneigung mit den Pferden umging. Sie waren Menschen aus dem Ort. Menschen von da unten , wie Sebastian mal gesagt hatte, aus einer Welt, der Edgar und Anna entflohen waren. Jetzt hatten die Welten sich vermischt, und es war gut, denn ohne diese Hilfe wäre der Schneiderhof verloren.
    Saskia hörte ein Motorgeräusch den Berg hinaufkommen. Sie schob ihre Gedanken beiseite und ging vom Zaun zur Hofeinfahrt. Heute war der große Tag! Uwe holte sie ab. Uwe! Der Polizist war in den letzten Monaten zu ihrem besten Freund geworden. Eine Zeit lang hatte sie mangels Alternativen bei ihm im Ort gelebt. Auf den Schneiderhof hatte sie nicht zurückgekonnt, ihre Wohnung in der Stadt hatte sie aufgegeben. Die Erben der Ostrowskis wollten das Haus jetzt selbst nutzen, aber sie wäre ohnehin nicht
dorthin zurückgekehrt. Niemals! Alles dort erinnerte zu sehr an Stefanie … und an jene wunderschöne Nacht mit Sebastian. Also hatte sie fast einen Monat bei Uwe und seiner Frau gelebt, die dadurch so etwas wie ein Elternersatz geworden waren. Und als sie dann auf den Schneiderhof zurückgekehrt war, weil Anna sie inständig darum gebeten hatte, hatte Uwe einige Nächte mit ihr auf dem Hof verbracht. So lange, bis sie es sich allein zugetraut hatte.
    Sein Wagen rollte in die Einfahrt. Er war wie immer pünktlich. Sie begrüßten sich mit einer herzlichen Umarmung. Es war drei Tage her, seitdem sie sich gesehen hatten, und Saskia fiel auf, dass Uwe noch mehr abgenommen hatte.
    »Und, bist du bereit?«, fragte er und lächelte sie an.
    Saskia nickte. »Es kann losgehen.«
    Uwe hielt ihr die Beifahrertür auf, und nachdem sie eingestiegen waren, sah er sie von der Seite an.
    »Wie geht es dir?«, fragte er.
    »Gut!«, antwortete Saskia und ließ den Gurt einschnappen.
    Uwe sah sie mit einem Blick an, den Saskia nicht deuten konnte, nickte dann, startete den Wagen und lenkte ihn unter der Toreinfahrt hindurch. Im Seitenspiegel sah Saskia das große Haus kleiner werden und schließlich verschwinden.
    »Und es geht dir wirklich gut?«, wiederholte Uwe seine Frage, als sie aus der ersten Kurve heraus waren.
    Saskia wusste, dass er sich mit einem erneuten Gut! nicht zufriedengeben würde. Dafür waren sie sich in den letzten Wochen zu nahe gekommen. Kurz erwog sie den Gedanken, Uwe von ihrem Verdacht, nein, von ihrem Zustand zu erzählen, tat es aber doch nicht. Noch nicht. Stattdessen
zuckte sie mit den Schultern und täuschte Gleichmut vor.
    »Es gibt

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