Hafen der Träume: Roman (German Edition)
tun.«
»Hier?« Phillip kniff die Augen zusammen und klappte den Mützenschirm mit dem Wayfarer-Logo herunter. »Verdammt, Ethan. Du hast doch gesagt, das Boot wäre fertig zum Ausliefern. Gleich kommt der Eigner und holt es ab. Ich wollte nur noch ins Büro gehen und die letzten Papiere vorbereiten.«
»Bloß eine Kleinigkeit. Aber dafür muss ich auf Cam warten.«
»Was denn für eine Kleinigkeit?« Ungeduldig sah Phillip auf seine Armbanduhr. »Der Kunde kann jede Minute hier sein.«
»Wird nicht lange dauern.« Ethan nickte in die Richtung des großen Hallentores. »Da kommt Cam schon.«
»Das Schiff ist viel zu gut für diesen groben Kerl«, rief Cam, als er mit einem Akkuschrauber die Anlegemauer herunterkam. »Ich sage euch etwas. Wir sollten die Frauen und die Kinder packen und selbst mit dem Schiff zu den Bahamas segeln.«
»Für die letzte Rate, die heute fällig wird, kann er ein gutes Schiff verlangen. Sobald er mir den bestätigten Scheck überreicht, ist er der Kapitän.« Phillip wartete, bis Cam behände an Bord gesprungen war. »Wenn ich auf die Bahamas fahre, will ich keinen von euch dabei haben.«
»Phil ist eifersüchtig, weil wir Frauen haben«, sagte Cam zu Ethan. »Hier.« Er drückte Phillip den Akkuschrauber in die Hand.
»Was, zum Teufel, soll ich damit?«
»Das Schiff fertig machen.« Grinsend zog Cam eine Messingklampe aus der hinteren Hosentasche. »Den letzten Handgriff haben wir für dich aufgespart.«
»Wirklich?« Seltsam gerührt nahm Phillip die Klampe und hielt sie hoch. Das Metall spiegelte sich in der Sonne.
»Wir haben gemeinsam angefangen«, erklärte Ethan. »Deshalb schien es mir nur gerecht, dass wir die Arbeit gemeinsam beenden. Das Teil gehört nach Steuerbord.«
Phillip nahm die Schrauben, die Cam ihm reichte, und beugte sich über die markierte Stelle an der Reling. »Und hinterher feiern wir.« Der Schrauber drehte sich in seiner Hand. »Zuerst dachte ich an eine Flasche Dom Pérignon«, sagte er und hob die Stimme, um das Drehgeräusch zu übertönen, »aber bei euch schien mir Champagner vergeudet. Deshalb habe ich drei Flaschen Harps-Ale kalt gestellt.« Das Bier würde gut zu der kleinen Überraschung passen, die er für den späteren Nachmittag geplant hatte.
Es war fast Mittag, als der Kunde umständlich auch den letzten Zentimeter seines neuen Schiffes begutachtet hatte. Ethan war die Aufgabe zugefallen, mit dem zukünftigen Eigner eine Probefahrt zu unternehmen, bevor sie das Sportboot aus dem Wasser hoben und auf den neuen Anhänger verladen würden. Vom Anleger
aus verfolgte Phillip, wie der Wind die buttergelben Segel blähte – der Kunde hatte diese Farbe gewünscht.
Ethan hatte Recht, dachte Phillip. Das Boot lief gut.
Das kleine einmastige Schiff glitt auf die Wasserseite von St. Christopher zu und lag wunderbar im Wind. Phillip stellte sich vor, wie die Spätsommertouristen stehen blieben, das hübsche Boot betrachteten und mit dem Finger zum Wasser wiesen, um es auch anderen zu zeigen. Es gab keine bessere Werbung als das Qualitätsprodukt selbst, dachte er.
»Er setzt das Boot auf Grund, wenn er zum ersten Mal allein segelt«, sagte Cam hinter ihm.
»Sicher. Aber er wird eine Menge Spaß dabei haben.« Phillip schlug Cam auf die Schulter. »Ich gehe nach oben und stelle die Übereignungsquittung aus.«
Das alte Backsteingebäude, das sie gepachtet und für den Werftbetrieb eingerichtet hatten, bot keinen übermäßigen Komfort. Es bestand im Wesentlichen aus einer riesigen Halle, beleuchtet durch von den Dachsparren herabhängende Neonröhren. Die Fenster waren klein und von einer Staubschicht überzogen, so dass nur mattes Tageslicht hereinfiel.
Werkzeuge, Maschinen, Behälter mit Epoxidharz, Firnis und Antifouling-Farbe sowie Holzvorräte und anderes Material standen bereit, um bei der Arbeit leicht erreichbar zu sein. Auf der Hebebühne ruhte als nacktes Skelett der Schiffskörper für ein nach Maß gebautes Sportfischerboot, ihr nächster Auftrag.
Die Wände bestanden aus rohem Mauerwerk und unverputzten Platten aus Fasergips. Über die steile Eisentreppe erreichte man einen voll gestopften kleinen Raum ohne Fenster, der als Büro diente.
Trotz der bedrückenden Enge hatte Phillip das Büro übersichtlich eingerichtet. Der metallene Schreibtisch sah aus, als stamme er vom Flohmarkt, aber er war sauber abgewischt. Auf der Arbeitsfläche lag aufgeschlagen
ein Kalender mit Monatsübersicht. Daneben standen sein alter Laptop,
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