Hai Fisch Futter
wußten die Götter allein.
Da ich nicht gerne in meinem Gewissen forsche, war ich für das Auftauchen des grauen Ford Fairlane richtig dankbar. Eine schlanke, gutgekleidete Brünette, die eine Sonnenbrille à la Audry Hepburn und einen schattenspendenden Hut trug, ließ sich aus der Fahrertür gleiten, warf schnell einen prüfenden Blick in die Runde, sperrte ab, betrat das Gebäude und tauchte auf dem Fußweg vor Mrs. Suttons Wohnung wieder auf. Die Tür öffnete sich einen Spalt, dann weiter, und sie ging hinein.
Zehn Minuten verstrichen, und die Frau kam mit jemandem heraus, der Kathleen Sutton sein mußte. Für die Besitzerin einer florierenden Autolackiererei schien Mrs. Sutton nicht gerade Geld wie Heu zu haben. Zunächst einmal leben nicht viele reiche Leute in popeligen Backsteinwohnungen im Herzen von Yagoona, und zum anderen wirkte sie völlig daneben. Mit einem kurzärmeligen rosa Kleid und weißen Sandalen bekleidet, trug sie die Art von Dauerwelle, die Friseurläden, die Rentnern Rabatt gewähren, am Fließband produzieren. Späte Sechziger, schätzte ich. Eine weiße Handtasche wie eine kugelsichere Weste umklammernd, beäugte sie den Fairlane vor dem Einsteigen so argwöhnisch, als sei unter der Kühlerhaube eine Bombe versteckt. Die andere Frau hätte durchaus ihre Tochter sein können: Das Alter der beiden paßte ungefähr.
Ich folgte ihnen, bis sie auf den Parkplatz eines riesigen Einkaufszentrums einbogen. An diesem Punkt hätte Sherlock Holmes wahrscheinlich etwas Koks geschnupft und die Morde gelöst, doch ich schrieb mir das Kennzeichen des Fairlane auf und fuhr in Richtung Stadt zurück.
Da es bereits auf fünf zuging, hielt ich an einer Telefonzelle (irgendwann würde ich mir wohl doch noch ein Autotelefon zulegen müssen) und rief das Straßen- und Verkehrsamt an, wo ich einen meiner Kontaktleute bat, die Zulassung des Autos zu überprüfen. Er war nicht gerade scharf darauf. Im Laufe einer Untersuchung, die ein weitverzweigtes Netzwerk an bürokratischem Filz aufgedeckt hatte, waren mehrere seiner Kollegen hinter schwedische Gardinen gewandert, und Banken, Finanzierungsgesellschaften, Privatermittler und verschiedene andere dubiose Gestalten hatten plötzlich so einiges zu erklären gehabt. Es war meinem Informanten zwar irgendwie gelungen, sich bei dem Großreinemachen unbehelligt aus der Affäre zu ziehen, aber er war entschieden nervös.
»Das kann ich nicht machen, Alter. Es ist meinen Job nicht wert.«
Ich erhöhte den Einsatz. »Hundert Piepen.«
»Nein, N-E-I-N.«
»Wär’s dir lieber, wenn ich ihnen erzähle, wer letztes Jahr in deiner Abteilung die ganzen Computer ausgebaut hat?«
»Du kannst nichts beweisen.«
»Ray, ich war in dem verdammten Pub, als du sie verhökert hast, hast du das denn schon wieder vergessen? Und ich weiß, wer sie gekauft hat. Ich bräuchte nur kurz den Anti-Korruptions-Ausschuß oder die Bullen anzurufen...«
Er kapitulierte. »Wie lautet das Kennzeichen?«
Nachdem ich es ihm gesagt hatte, klapperte er auf der Tastatur seines Computers herum und brach dann in Gelächter aus. »Tut mir leid, wenn ich dir die gute Laune verderbe, Sydney. Es ist ein Mietwagen.«
»Von welcher Firma?«
»Dem Car-Rental-Service in Ostsydney.«
»Danke, Alter. Das werd ich dir nie vergessen.«
»Ich dir auch nicht.«
Sobald ich es geschafft hatte, mich wieder in den dichter werdenden Verkehr einzufädeln, fuhr ich in den Osten von Sydney zu dem Autoverleih. Es kostete fünfzig Mäuse, um dem naßforschen jungen Mann hinter dem Schalter den Namen der Kundin zu entlocken: Linda Baker. Da die angebliche Linda Baker den Wagen für drei weitere Tage gemietet hatte, hatte es keinen Sinn, noch länger zu bleiben.
Vielleicht konnte ja die echte Linda Baker etwas Licht in das Rätsel bringen. Ich zwang den Unternehmer, mir sein Telefon auszuhändigen, und wählte die Nummer, die sie mir gegeben hatte: Es hob niemand ab.
Jetzt wußte ich, warum sie einen verdächtigen Eindruck gemacht hatte: Die Hunnetten steckten in dieser Sache bis zum Hals mit drin. Aber wer in Dreiteufelsnamen war die dunkelhaarige Lady, und wie kam es, daß sie Lindas Kreditkarte benützte?
Eine Meldung in den Zehn-Uhr-dreißig-Nachrichten riß mich an diesen Abend aus dem Halbschlaf: Jemand hatte den Mercedes von Matt Simmons in seiner Auffahrt in Kensington mit einer Brandbombe zerstört. Der Wagen sah wie etwas aus einem Dokumentarfilm über Belfast aus. Das Ehepaar Simmons wehrte sich mit
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