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Halbgeist: Roman

Halbgeist: Roman

Titel: Halbgeist: Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Adam-Troy Castro
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wurdest * wir wissen, dass du uns die schuld zuschreibst * wir wissen, dass du glaubst, du wüsstest, welchem Zweck du dienst * wir wissen, dass du glaubst, dies wäre eine gelegenheit für dich, alte schandtaten zu rächen * aber die kernfragen sind hier weit komplizierter, als du ahnen kannst * sie künden von dem auto-genozid an einer ganzen ordnung intelligenter wesen * deine einmischung ist närrisch * und sie ist nicht willkommen))
    Es hörte sich beinahe an, als bettelten sie.
    Aber ich konnte noch immer das Flehen hören, das ich auf Bocai gehört hatte. »Ich bin nicht deinetwegen hier.«
    ((zumindest nicht heute))
    »Richtig«, stimmte ich zu und starrte sie nieder. »Nicht heute. Heute bin ich nur wegen des menschlichen Wesens hier, das für die Verbrechen auf One One One verantwortlich ist. Und heute bin ich autorisiert zu passieren.«
    ((du bist heute schon einmal übergelaufen * warum nicht ein zweites mal? * du weißt, wie mächtig wir sind * du weißt, wir dienen einer gerechten sache * du weißt, wir können dich auf eine weise belohnen, die zu erfassen du nicht imstande bist * der mensch, den du suchst, war eine enttäuschung für uns * willige ein, und wir liefern dir deinen gefangenen als erste rate eines lohns, der dich für den rest deines natürlichen lebens reich machen wird))
    »Klingt verlockend«, sagte ich. »Würde ich euch nicht für die Ermordung meiner Familie verantwortlich machen und dafür, mich selbst ein Leben lang als Monster betrachtet zu haben, könnte ich fast darüber nachdenken. Aber nein, danke. Und jetzt geht mir aus dem Weg oder setzt euch mit meinen Vorgesetzten auseinander.«
    Die Antwort fiel scharf aus. ((auch wir sind deine vorgesetzten, andrea cort))
    Was zufällig korrekt war. Sie waren schlauer als ich, schneller als ich, mächtiger als ich, höher entwickelt als ich und gefährlicher als ich. Gegen sie hatte ich außer meiner Haltung nichts zu bieten.
    Aber Haltung hatte ich genug.
    »Gehört ihr zur Majorität?«
    Einige Herzschläge lang ließen sie mich raten, schwebten vor mir, so unkommunikativ wie eine x-beliebige unbeschriftete Schiefertafel, und gaben mir mehr als ausreichend Zeit, mir Gedanken darüber zu machen, ob ich wohl bald herausfinden würde, welche Konsequenzen es hätte, wenn ich zu weit ginge. Dann zog sich der Flachschirm zu einem einzigen Punkt zusammen, und die Glasbruchstimme grollte kapitulierend.
    ((eines nicht fernen tages werden wir über den preis für das hier sprechen müssen))
    Ein einzelnes Portal hatte sich auf der rechten Seite des unendlichen Korridors geöffnet, etwa fünfzig Meter weiter unten. Das Licht, das sich aus diesem Portal ergoss, schnitt einen hellen Keil in die allumfassende Düsternis. Kurz glaubte ich einen Schatten zu sehen, der das Licht verdunkelte, ehe er wieder in das Reich des Unbekannten und Unsichtbaren zurückkehrte.
    Was immer es war, es verschwand zu schnell, um seine Gestalt auszumachen. Aber ich konnte seine Hast erkennen.
    Ich sah nicht, ich fühlte die Anwesenheit des Zwischenrufers.
    Ich presste mich flach an die Wand und bewegte mich auf den Lichtkeil zu, zürnte dem leisen, zischenden Geräusch, mit dem meine Tunika über die Wand des Korridors glitt. Mein eigener Atem, so kontrolliert und ruhig er war, klang doch ohrenbetäubend laut. Ich schürzte die Lippen, erinnerte mich an die Panzerung, die meine Zielperson gegen den Gleiter eingesetzt hatte, auf dem Oscin und Skye unterwegs gewesen waren, stellte mir vor, ich würde versuchen, einen Feind, der solchermaßen bewaffnet war, in einem Korridor zu stellen, der so eng war, dass ich nicht einmal von einer Seite zur anderen ausweichen konnte, und ignorierte die innere Stimme, die ständig versuchte, mich zu überzeugen, dass ich nichts aufzubieten hatte.
    Denn ich hatte mehr als nichts.
    Ich hatte Bocai.
    Der Lichtkeil, der sich in den Korridor ergoss, flackerte kein weiteres Mal, nahm aber einen ekelhaft gelblichen Ton an, die Farbe von altem Papier, verriet mir jedoch nichts über den Raum, aus dem er kam. Der Zwischenrufer konnte direkt hinter dem Eingang warten, er konnte auch weit außer Reichweite geflohen sein. Machte ich mich nicht an die Verfolgung, würde ich es nie erfahren.
    Schweiß brannte in meinen Augen. Ich wischte sie mit dem Handrücken trocken, kämpfte gegen die Benommenheit, als eine Woge der Erschöpfung über mich hereinbrach, wünschte mir wieder einmal, ich hätte diese Sache um eine Stunde, einen Tag oder ein Jahr

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