Hale 1 Piraten der Liebe
denken.
Also nahm sie den Schwamm in die eine und die Seife in die andere Hand und bearbeitete gründlich ihre Arme und Beine. Eine lange Haarlocke fiel aus dem Knoten auf ihrem Kopf ins Wasser, und sie befestigte sie ungeduldig wieder an ihrem Platz. Schließlich schrubbte sie auch noch ihr Gesicht und wusch die Seife davon ab. Martha stand schon mit einem Handtuch bereit, als sie aus der Wanne herausstieg.
Cathy wickelte sich gerade in das große Handtuch, als die Kabinentür mit einer solchen Wucht aufgestoßen wurde, daß sie beinahe aus den Angeln flog. Cathy schnappte nach Luft und starrte erschreckt zur Tür. Martha ging es nicht anders, und der kleine Cray wachte auf. Er blinzelte verstört, bevor er anfing zu schreien.
Cathys Verwirrung war so groß, daß sie nicht einmal einen Gedanken für den Kleinen hatte. Der Mann, der dort im Türrahmen stand und sie so grimmig anstarrte, war Jon. Das Wasser tropfte von seiner Hutkrempe, und seine Kleider waren triefend naß. Cathy stellte jetzt erst fest, daß es in Strömen regnete, was die Nacht noch dunkler erscheinen ließ. Jons Mund war eine kompromißlose, dünne Linie, und seine Augen blitzten sie wütend an.
»Guten Abend, Cathy«, sagte er spöttisch, als sie ihn stumm anstarrte. »Ich freue mich, zu sehen, daß es dir in meiner Abwesenheit an nichts gefehlt hat.« Sein Blick musterte ihren kaum bedeckten und immer noch tropfnassen Körper von Kopf bis Fuß.
Cathy inspizierte ihn ihrerseits. Er trug schwarze Reithosen, ein Cape, das bis zu den Knien reichte, hohe Stiefel und einen breitkrempigen Hut. So wie es aussah, war er gerade aus Atlanta zurückgeritten, hatte gemerkt, daß sie fort war, und irgendwie herausgefunden, daß sie sich auf der >Unicorn< befand. Cathy schluckte. Sie hatte plötzlich eine trockene Kehle. All ihre Pläne und Vorbereitungen waren vielleicht umsonst gewesen. Dann schürzte sie gedankenvoll die Lippen. Dies war ein englisches Schiff, und ihr Vater befand sich ganz in der Nähe. Jon konnte sie nicht zwingen, mit ihm zu gehen.
Während Cathy am Boden festgewachsen zu sein schien und Jon einfach nur anstarrte, sammelte Martha ihre Sachen zusammen und ging durch die Kabine zu Cray. Die Schreie des Babys versiegten, als Martha es beruhigend auf ihrem Arm schaukelte. Jon warf einen kurzen Blick auf seinen Sohn und die Kinderfrau.
»Martha, würden Sie bitte Cray irgendwo anders hinbringen? Ich möchte ein paar Worte mit meiner Frau reden.«
»Ja, Sir.« Marthas Stimme klang gedämpft, und Cathy nahm an, daß die Frau Jons Erscheinen fast genauso ein-schüchternd empfand wie sie selbst. Diese Gedanken mußte sie sich jedoch sofort wieder aus dem Kopf schlagen, als Martha ihr noch einen kurzen, triumphierenden Blick zuwarf, bevor sie aus der Kabine schlüpfte. Als die zwei fort waren, schloß Jon sanft die Tür hinter ihnen. Er legte mit größter Selbstverständlichkeit seinen Mantel und seinen Hut ab. Durch die Feuchtigkeit der Nacht schmiegten sich seine schwarzen Haare in langen Wellen um seinen Kopf und er fuhr mit einer Hand ungeduldig hindurch. Dann lehnte er sich mit dem Rücken gegen die geschlossene Tür und verschränkte die Arme über der Brust.
»Ich nehme an, du wirst mir jetzt mal erklären, was zur Hölle du hier tust.« Seine Stimme war immer noch milde, aber in seinen Augen brannte der Ärger. Cathy war versucht, ihre Augen unter seinem glühenden Blick zu senken. Statt dessen zog sie das Handtuch fester um ihren Körper, reckte ihr Kinn und erwiderte seinen Blick kühl.
»Ich verlasse dich. Ich denke, das ist doch offensichtlich.«
»So, also du verläßt mich? Einfach so, ohne ein Wort, während ich unterwegs bin, um den Lebensunterhalt für dich und deinen Sohn zu verdienen? Für unseren Sohn.« Seine Augen glühten jetzt, aber Cathy hielt seinem Blick beharrlich stand.
»Ja.«
»Zum Teufel!« Er verließ die Tür und war mit zwei großen Schritten bei ihr. Seine Hände ergriffen mit schmerzvoller Härte ihre nackten Schultern. Cathy wich keinen Millimeter und zwang sich dazu, gelassen in sein drohendes Gesicht zu sehen. Innerlich war sie bei weitem nicht so ruhig, wie sie sich nach außen hin den Anschein gab. Seine kräftigen Finger drückten sich tief in ihre zarte Haut.
»Du wirst mich nicht verlassen.« Er preßte diese Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Die Muskeln über seinen Wangenknochen arbeiteten bedrohlich. Sein Gesicht war düster und sein Körper angespannt vor Ärger. Er
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