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Halskette und Kalebasse

Halskette und Kalebasse

Titel: Halskette und Kalebasse Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert van Gulik
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Hof zum Feind gemacht. Und nun haben Sie in gefährlicher Weise die mächtige Partei der Eunuchen gegen sich aufgebracht. Ich möchte Sie darauf hinweisen, daß Sie erbitterte Feinde am Kaiserlichen Hof haben. Aber auch zuverlässige Freunde. Mich eingeschlossen.«
    Seine dünnen Lippen verzogen sich zu einem feinen Lächeln. So sah Richter Di den Oberaufseher zum ersten Mal. Er verbeugte sich und ging hinaus. Der Leutnant am Tor fragte ihn, ob er eine Sänfte wolle, aber der Richter sagte, er ziehe ein Pferd vor. Das Tor öffnete sich weit, und er ritt über die Marmorbrücke.
     

    Das letzte Zusammentreffen von Richter Di und Meister Kalebasse.
     

Zweiundzwanzigstes Kapitel
     
     
    Als er den Kiefernwald erreichte, spürte Richter Di die warmen Strahlen der Sonne auf seinem Rücken. Es ging auf Mittag zu. Während er tief die frische Luft einatmete, überlegte er, daß dies nach der hektischen Treibhausatmosphäre des Wasserpalastes eine schöne Abwechslung war. Er straffte die Schultern und dachte stolz an den Drachenthron, der von infamen Einflüsterungen unbefleckt geblieben war. Es würde immer alle möglichen Intrigen im Palast geben - das war ein unvermeidlich schwacher Punkt in der Verwaltung dieses großen Landes. Aber solange die Spitze gesund blieb, war alles in Ordnung unter dem Himmel. Geräuschlos ritt er dahin, denn die Hufe seines Pferdes erzeugten keinen Laut auf der dicken Schicht aus Kiefernnadeln.
    Plötzlich hielt er sein Pferd an. Um die Ecke bog Meister Kalebasse. Er saß zusammengekauert auf seinem Esel, die Krücken quer auf dessen Rücken. Die Kalebasse hing an einem mit roten Quasten verzierten Strick von seinem Gürtel. Der alte Mann brachte sein Reittier zum Stehen und musterte den Richter mit seinen wachen Augen unter den buschigen Brauen.
    »Freut mich zu sehen, daß Sie wieder Ihr Käppchen tragen, Bezirksrichter. Ich wußte, daß ein gelber Papierfetzen mit einem Klecks roter Tinte darauf Ihr Wesen nicht ändern könnte. Wo ist Ihre Kalebasse?«
    »Ich habe sie im >Eisvogel< gelassen. Ich bin sehr froh, Sie noch einmal zu treffen, bevor ich abreise, Meister Kalebasse.«
    »Dies ist das dritte und letzte Mal, Richter. Wie alles in der Natur verläuft auch das Leben des Menschen in Kreisen. Für einen kurzen Moment haben sich Ihres und meines berührt. Was gibt es für Neuigkeiten aus dem Palast?«
    »Ich habe Ihrer Tochter die Halskette zurückgebracht. Nun vermute ich, daß ihre Verlobung mit Oberst Kang in der nahen Zukunft bekanntgegeben wird. Wer sind Sie, Meister Kalebasse?«
    »War ich, besser gesagt«, brummte der alte Mann unwirsch.»Da Sie schon so viel wissen, können Sie auch dies noch erfahren. Vor vielen Jahren war ich ein General. Als ich nach Norden in den Tatarenkrieg zog, ließ ich meine heimliche Liebste zurück, die mein Kind unter ihrem Herzen trug. In unserer letzten Schlacht wurde ich schwer verwundet: Mein Pferd brach unter mir zusammen und zerquetschte mir die Beine. Ich wurde ein Gefangener der tatarischen Barbaren; fünfzehn Jahre lang war ich ihr gemeinster Sklave. Das ließ mich die Leere weltlicher Macht erkennen. Ich hätte mich getötet, aber der Gedanke an meine Geliebte gab mir Kraft, am Leben festzuhalten, so erbärmlich es war. Als mir die Flucht gelang und ich nach China zurückkehrte, war meine Liebste tot. Sie war zur Kaiserlichen Gemahlin erwählt worden, kurz nachdem ich abgereist war, und hatte zu gegebener Zeit eine Tochter geboren. Meine Tochter, wie Sie richtig vermutet haben. Sie wurde als des Kaisers eigenes Kind registriert, da die Eunuchen fürchteten, bestraft zu werden, weil sie sich bei der Aufnahme der Braut in den Harem nicht vergewissert hatten, daß sie Jungfrau war. Das, Richter, zeigte mir die Leere weltlicher Liebe. So wurde ich ein Wandermönch mit nur noch einer einzigen Verbindung zu dieser Welt, nämlich der Sorge um das Glück meiner Tochter.« Er hielt inne und fügte dann widerstrebend hinzu: »Mein Name war U-yang Pei-han.«
    Richter Di nickte langsam. Er hatte von dem berühmten, verwegenen General gehört. Sein Tod in der Schlacht war von der ganzen Nation betrauert worden. Seither waren fünfundzwanzig Jahre vergangen.
    Der alte Mann fuhr fort:
    »Ein Kürbis wird erst nützlich, nachdem er entleert worden ist. Denn dann kann seine trockene Schale als Behälter dienen. Dasselbe gilt für uns, Richter. Wir können anderen erst dann etwas nützen, wenn wir uns von all unseren eitlen Hoffnungen, von all unseren

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