Haltlos
beiseite, lächelte ihn an und rutschte etwas näher.
Seine Augen weiteten sich erstaunt, als er bemerkte, dass sie seine Gedanken gelesen hatte.
Die Luft knisterte und sie dachte frech: „Sehr gern Herr Professor, diese Übung mache ich so oft Sie wollen!“
Voller Vorfreude schloss sie die Augen und küsste ihn. Er wollte erst noch protestieren, gab den Widerstand aber auf und schloss sie seufzend in seine Arme.
Warmes Glück breitete sich bis in ihre Zehenspitzen aus. Sie hielt sich bewusst zurück, auch wenn ihre Schmetterlinge entschieden protestierten. Als er dann aber leidenschaftlicher wurde, warf sie alle Vorsicht über Bord und küsste ihn fordernd zurück. Sie musste einfach mehr von ihm haben!
Ihr Geist war offen, als es passierte.
Sie merkte, wie Jaromir die Kontrolle verlor und der Zwang, sich in seine wahre Gestalt zu verwandeln, übermächtig wurde. Seine Enttäuschung über sich selbst war fast greifbar, als er sich von ihr löste und sich in einer fließenden Bewegung in einen Drachen verwandelte.
Sie öffnete die Augen und sah das kraftvolle schwarze Himmelswesen, das nun mitten im Salon stand. Bei Tage wirkten die matt schimmernden Schuppen noch viel beeindruckender. Sie verschluckten tatsächlich alles Licht.
Sie sah die Frustration in seinen Augen, aber auch seine Liebe und sein Verlangen. Die Luft flimmerte und dann Stand Jaromir wieder in Menschengestalt vor ihr.
Sie blickte ihm in die Augen und sagte grinsend: „Wir machen Fortschritte! So lange haben wir uns noch nie geküsst und ich bin bei dieser Verwandlung nicht mal ohnmächtig geworden.“
Nun musste auch er lächeln und kam wieder auf sie zu. „Du bringst mich völlig aus der Fassung“, flüsterte er hilflos.
„Na, da haben wir ja mal wieder was gemeinsam“, neckte sie ihn leise. „Aber da ich das Gedankenlesen anscheinend schon ganz gut beherrsche, haben wir doch bestimmt Zeit fürs Üben deiner Selbstbeherrschung, oder?“
„Ich denke schon“, sagte er mit rauer Stimme.
Seine Augen leuchteten und die Luft knisterte. Sie schickte ihren Geist zu seinem und sah durch das Gedankenfenster, dass sie auf Zehenspitzen vor ihm stand, sein Gesicht mit beiden Händen zu sich heranzog und ihn dann küsste.
Victoria lächelte und ging auf ihn zu.
Gegen acht erklang das silberhelle Leuten einer kleinen Glocke.
Jaromir sah Victoria verliebt in die Augen und seufzte: „Ich glaube, Albert hat das Abendessen fertig.“
„Wenn das genauso lecker ist, wie die Zimtschnecken und das Picknick, dann sollten wir ihn lieber nicht warten lassen.“
Er lachte. „Es wird besser sein, versprochen!“ Dann nahm er sie bei der Hand und führte sie aus dem Zimmer.
In den vergangenen zwei Stunden hatte Jaromirs Selbstbeherrschung kleine Fortschritte gemacht, aber trotzdem hatte er sich mehrfach in seine Drachengestalt verwandelt. Victoria störte das nicht – sie war von seiner Nähe noch ganz berauscht und glücklich von Kopf bis Fuß.
Gemeinsam gingen sie die breite Treppe nach unten. Dort führte er Victoria durch verschiedene Flure und Hallen bis er an eine Doppelflügeltür kam. Er öffnete einen Flügel und ließ ihr den Vortritt in ein herrschaftlich eingerichtetes Speisezimmer. Die Abendsonne schien durch die raumhohen Fenster und strahlte alles flammend orange an. Schwere dunkelrote Samtvorhänge rahmten die Fenster ein. Die Wände waren mit einem schwarzen Holz vertäfelt, das kunstvoll geschnitzte mittelalterliche Kampfszenen der Drachen und Menschen zeigte. Von der ebenfalls mit schwarzem Holz verkleideten Decke hingen drei schwere Kristallleuchter. Der Boden war im Schachbrettmuster mit glänzend polierten, smaragdgrünen und schwarzen Granitfliesen bedeckt.
Imposant war dieser Raum – bedrückend imposant! Mehrere große Spiegel an den Wänden verstärkten den Eindruck noch. Dieses Speisezimmer war eindeutig von Jaromirs Mentor gestaltet worden. In der Mitte stand eine lange Tafel, an deren oberem Ende für zwei Personen gedeckt war.
Er spürte ihr Unbehagen und dachte: „Ich werde einen Esstisch für den Salon oben besorgen.“
Sie lächelte ihn an. „Danke.“
Er war kurz etwas verwirrt und lächelte dann. „Mit dem Gedankenlesen klappt es ja schon ganz gut, was?“
„Ja, eben musste ich mich nicht mal darauf konzentrieren – ich habe dich einfach gehört.“
„Dann muss ich zukünftig ja wirklich aufpassen, was ich denke, oder meinen Geist abschirmen…“
„Hey, das gilt nicht! Den Geist darfst du
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