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Haltlos

Haltlos

Titel: Haltlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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gleich vorhaben, wirst du jede Menge Zimt benötigen.“
    Sie sah ihn neugierig an. „Ahh, jetzt machen wir die Gehirn-Abschirm-Geschichte. Mit Magie?“
    Er nickte. „Jawohl, mit Magie!“
    Dann runzelte er die Stirn. „Eigentlich dürftest du das gar nicht können. Aber du beherrscht ja den Ortungszauber und das auch noch in Perfektion – dann müsste dieser Schutzzauber für dich ein Kinderspiel sein.“
    Sie sah ihn aufmerksam an und er begann mit seiner Professorenstimme zu erklären: „Das Gedankenlesen ist eigentlich die Vorstufe zum Ortungszauber. Stell dir vor, dein Geist ist ein Haus mit vielen Fenstern und Türen.“
    Victoria musste grinsen und dachte: „Er hört sich genauso an, als würde er in der Geometrievorlesung das Neun-Punkte-Modell erklären.“
    Er grinste ebenfalls kurz, ließ sich aber nicht unterbrechen. „Wenn jemand deine Gedanken liest, macht er eigentlich nichts anderes, als dass er durch die Fenster in deinen Geist blickt. Bei manchen Menschen sind die Fenster auch weit offen, so dass man nur in der Nähe sein muss, um alles mitzubekommen.“
    Sie nickte. „So wie J heute Nachmittag?“
    Jaromir schmunzelte. „Genau. J’s Fenster waren sperrangelweit offen und zudem hat er auch noch gebrüllt.“ Dann wurde er wieder ernst und sprach weiter: „Wie du diese Fenster geschlossen hältst und eventuell auch noch einen Vorhang vorziehst, das möchte ich dir heute gern zeigen.“
    Sie unterbrach ihn: „Vorher habe ich aber noch eine Frage.“
    „Bitte, was willst du wissen?“ Er strahlte sie an und warmes Glück durchströmte ihre Adern.
    Das brachte sie irgendwie immer aus der Fassung. „Ähh, ja...“ Sie versuchte sich zu konzentrieren. „Wie kommt es denn, dass ich deine Gedanken hören kann? Ich meine, ich wusste ja noch nicht einmal, dass so etwas geht und schon gar nicht, wie ich es anstellen muss. Ich habe jedenfalls keine Fenster gesehen oder irgendwo durchgeschaut.“
    Er lächelte. „Schließ bitte mal deine Augen.“
    Sie gehorchte.
    „Gut. Kannst du mich jetzt hören?“
    „Ja.“
    „Versuch mal rauszukriegen, wo meine Stimme herkommt. Ich erzähle einfach noch eine Runde und du versuchst dich zu orientieren. Also, was habe ich denn so in der letzten Woche gemacht…“
    Zuerst sah Victoria gar nichts. Dann machte sie das, was sie auch im Dunklen oder im Nebel tun würde. Sie folgte den Geräuschen – jedoch nur mit ihrem Geist. Während Jaromir sprach, suchte sie weiter und fand nach ein paar Minuten schließlich die Quelle.
    Erstaunt näherte sie sich. Es war ähnlich wie die neue Form der Wahrnehmung, wenn sie Jaromir ortete, nur dass sie diesmal bewusst mit ihrem Geist umherstrich. Sie sah die Umgebung weniger, sondern fühlte sie viel mehr.
    Da war tatsächlich eine Art Fenster. Sie schaute hindurch.
    Jetzt konnte sie nicht nur hören, sondern auch sehen, wovon Jaromir sprach. Gerade saß er im Projensdorfer Gehölz und machte ein Picknick mit einer Studentin, die ihm offensichtlich sehr gefiel.
    Plötzlich waren Jaromirs Worte weg und sie fühlte nur noch die Bilder. Gerade nahm er das Gesicht der Studentin zärtlich in beide Hände, zog es heran und küsste sie vorsichtig.
    Victorias Schmetterlinge erinnerten sich genau daran und waren jetzt außer Rand und Band!
    Sie öffnete die Augen und blickte in sein lächelndes Gesicht. Die Luft knisterte, seine Augen leuchteten.
    Sie nahm nun ihrerseits sein Gesicht in beide Hände, stellte sich auf ihre Zehenspitzen, schloss die Augen wieder genießerisch und küsste ihn.
    Erst ganz vorsichtig, dann etwas mutiger.
    Ein angenehmes Kribbeln strömte durch ihren ganzen Körper und machte Victoria süchtig. Sie wollte mehr und küsste Jaromir leidenschaftlich.
    Nach wenigen Augenblicken löste er sich mit einem tiefen Seufzer von ihr. Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie, dass die Luft um ihn herum flirrte.
    Er lächelte sie an und meinte leise: „Und da wage noch einer zu behaupten, dass Bilder nicht mehr sagen als tausend Worte.“
    Sie konnte ihn nur anstrahlen. „Das, was ich gesehen habe, fühlte sich so real an.“
    „Das ist es ja auch, nur eben schon vergangen. Ganz alte Erinnerungen sind oft etwas blasser, manchmal auch lückenhaft oder etwas verdreht. Aber du hast es geschafft und das gleich beim ersten Versuch!“
    Sie zog die Stirn kraus. „Eines verstehe ich nur noch nicht: Als ich dich zum ersten Mal gehört habe, da habe ich nicht nach deinen Gedankenfenstern gesucht.“
    „Das ist

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