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Haltlos

Haltlos

Titel: Haltlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johanna Benden
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bei einem Becher Tee besprechen kann. Das Telefon ist irgendwie so anonym.“
    Victoria hatte das Gefühl, damit bei ihrer Mutter ins Schwarze zu treffen. Sie unterhielten sich noch eine Weile und als sie auflegte, war Victoria sicher, dass ihre Mutter nicht mehr gekränkt war. Mit Sicherheit würde sie auch in der Zukunft noch ab und zu anrufen, aber J würde von diesen bohrenden Fragen verschont bleiben und darauf kam es ja schließlich an.
    Das Wochenende verbrachte sie bei Jaromir und die nächste Woche begann wieder ganz normal. Mittlerweile hatte sich Victoria daran gewöhnt, dass sie sich in den Vorlesungen und Übungen langweilte. Irgendwie war das blöd, aber es nützte ja nichts…
    Der Dienstag startete mit so einer langweiligen Stochastikübung. Als die endlich zu Ende war, fragte Felix: „Hey Mädels! Wie sieht es aus, kommt ihr morgen mit ins Kino? Da läuft der neue Star Trek – soll wirklich cool sein. Kirk als Kind! Das müssen wir doch sehen, oder?“
    Sabine war ganz begeistert und fragte sofort, ob sie sich nicht schon vor dem Film auf eine Pizza treffen wollten.
    Beide sahen sie erwartungsvoll an.
    Victoria zuckte entschuldigend mit den Schultern. „Ich würde ja wirklich gern mitkommen, aber ich habe morgen wieder meinen Schachclub.“
    Felix grinste. „Davon redest du nun schon seit Wochen. Jetzt will ich endlich mal was sehen! Komm, spielen wir eine Partie!“ Mit diesen Worten zog ihr Kommilitone ein Taschenschachspiel aus dem Rucksack und fragte: „Schwarz oder Weiß?“
    Victoria fluchte in Gedanken: „Verdammter Mist! Bei all der Aufregung in den letzten Wochen habe ich ganz vergessen, mich von Jaromir im Schachspielen unterrichten zu lassen. Scheiße, nun ist es zu spät und wir waren vorhin schon in der Mensa, so dass ich keine Ausrede mehr habe. Mist! Mist! Mist!“
    Sie zwang sich zu einem Lächeln. „Ich nehme schwarz – dann muss ich immerhin nicht anfangen.“
    Sie bauten die Figuren auf. Felix spielte regelmäßig Schach und war als guter Spieler bekannt. Victoria hingegen war froh, dass sie sich daran erinnerte, wie sie die Figuren hinzustellen hatte. Sie wusste zum Glück auch noch, wie sie die Figuren bewegen durfte, das war es dann aber auch schon.
    Sie wollte Jaromir um Rat fragen, aber als sie bemerkte, dass er gerade ein wichtiges Gespräch führte, beschloss sie, ihn nicht zu unterbrechen.
    Felix begann mit einem Bauern und sie zog wahllos einen der ihren nach vorn.
    So ging das ein paar Züge lang. Victoria machte einfach irgendwas. Anfangs war Felix auf der Hut, welche Strategie sie verfolgte, aber nun nach den ersten Zügen fragte er sich ernsthaft, was das bei ihr werden sollte: „Wenn ich nicht wüsste, dass Vici ein mathematisches Genie ist und seit Wochen intensiv Schach spielt, würde ich sagen, dass sie keinen blassen Schimmer hat, was sie hier tut – naja, bestimmt hat sie ein paar wirklich fiese Tricks auf Lager und ich blicke einfach nur nicht, worauf sie hinaus will.“
    Innerlich verdrehte Victoria die Augen. „Ha ha, wenn es mal nur so wäre…“
    Ständig sah sie nach, ob Jaromir das Gespräch endlich beendet hatte, aber der unterhielt sich immer noch.
    Drei Züge später war sie wirklich verzweifelt und Felix nur noch verwirrt wegen ihrer offensichtlichen Unfähigkeit.
    Victoria ärgerte sich jetzt darüber, dass sie diese bescheuerte Ausrede benutzt und nie etwas dafür getan hatte, damit sie nicht aufflog. Aber nun war es zu spät!
    Da hörte sie plötzlich Jaromirs Stimme: „Hey, was ist denn los? Worüber regst du dich so auf? ... Ah, ich sehe schon. Oh Mann – du hast ja wirklich so gut wie keine Kenntnisse im Schach und ich dachte, du würdest nur tiefstapeln.“
    Das brachte Victoria auf die Palme. Sie konnte sich gerade noch zusammenreißen, um nicht laut loszubrüllen. Statt zu schreien, dachte sie megagenervt: „Nein Jaromir, ich habe KEINESWEGS «tiefgestapelt» sondern wirklich ÜBERHAUPT KEINEN PLAN VOM SCHACH UND DAS WEISS DER GUTE FELIX JETZT AUCH!“
    Jaromir merkte sofort, dass sie wirklich am Ende und sauer war und meinte beruhigend: „Konzentriere dich bitte mal genau aufs Spielfeld und sieh in Felix Gedanken.“
    „Und was soll das bringen?“ , jammerte sie. „Er denkt die ganze Zeit nur irgendwelches Kauderwelsch von wegen «Igelstellung», «Isolani», «Minoritätsangriff» und ähnlichem Schwachsinn. Das bringt mir rein gar nichts! Außerdem ist er mittlerweile ohnehin schon überzeugt, dass ich in wenigen Zügen

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