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Hand und Ring

Titel: Hand und Ring Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Kathrine Green
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Dingen, um eine bestimmte Meinung abzugeben. Doch habe ich Herrn Gryce, Sprich Grais. unsern größten Neuyorker Detektiv, sagen hören, daß es ihm nur einmal vollständig mißlungen sei, irgendwelchen Aufschluß über eine verübte Mordtat zu erlangen. Die Sache ging ihm lange im Kopf herum und er hat sie uns weitläufig erzählt: ein jüdischer Händler war bei hellem lichtem Tage erschlagen worden, offenbar während er eine Schachtel mit Strumpfwaren von einem obern Brett herunterlangte, denn man fand ihn am Ladentisch liegen mit einer Wunde im Hinterkopf, die von einem Totschlägerherrühren mochte. Sein Laden, der in einer belebten Straße lag, hatte eine Vorder- und eine Hintertür; es waren fortwährend Leute ein- und ausgegangen, aber wer die Bluttat verübt hatte, ließ sich nicht ermitteln. Auch die genauesten Nachforschungen brachten kein Licht in das Dunkel. Man wußte von niemand, der Böses gegen den Händler im Schilde geführt haben könnte, von keinem Verwandten, den es etwa nach seinen paar Dollars gelüstete. Sein Lebenslauf bot keinerlei verdächtige Umstände, man konnte nur mutmaßen, daß irgend jemand ihn habe aus dem Wege räumen wollen, aber wer und um welcher Ursache willen, das ist nie enthüllt worden. Nur der Täter selbst weiß es.
    Und noch Einer , sagte Richter Evans mit Nachdruck: Gott!
    Es entstand eine feierliche Stille. Rechtsanwalt Orkutt sah nach seiner Uhr.
    Ich muß zum Essen gehen, sagte er und schritt nach flüchtigem Gruß quer über die Straße auf das bescheidene Wohnhaus einer Witwe zu, bei welcher er sein Mittagsmahl einzunehmen pflegte, so oft er um diese Zeit im Gericht zu tun hatte.
    Die andern Herren standen noch einige Minuten beisammen und sahen den Rechtsanwalt drüben in den Heckenweg einbiegen und in der Haustüre der Witwe verschwinden. Eben waren auch sie im Begriff auseinander zu gehen, als Advokat Lord, einen Ruf der Verwunderung ausstoßend, nach dem Hause deutete, in welches Orkutt eingetreten war. Aller Blicke lichteten sich dorthin. Auf der Schwelle stand der Rechtsanwalt, der offenbar in höchster Eile wieder herausgestürzt war.
    Er winkt uns, Ferris, rief Lord, und von unbestimmter Furcht angespornt, eilten beide Herren über die Straße ihrem Freunde entgegen, der in ungewöhnlicher Erregung schleunigst auf sie zukam.
    Ein Mord, rief er ihnen schon von weitem zu, ein Zusammentreffen grausigster Art! Drinnen liegt Frau Klemmens blutend am Boden mit einer tiefen Wunde im Kopf.
    Sprachlos vor Schrecken starrten Lord und der Bezirksanwalt einander einen Augenblick an, dann stürmten sie vorwärts.
    Halt, rief Ferris, plötzlich still stehend, wo ist der Mensch, der so sachverständig über Mordtaten zu reden verstand und die Art, wie man sich vor Entdeckung schützt? Das kann kein bloßer Zufall sein, – er muß sofort zur Stelle. Er winkte den jungen Byrd herbei, der ihnen nachgeeilt kam.
    Rasch, rief er, holen Sie den Polizeidiener Hunt, er soll den buckligen Rotkopf festnehmen. Eine Frau liegt drüben in ihrem Blute, und jener Mensch muß darum wissen.
    Byrd zögerte keinen Augenblick; der Bezirksanwalt aber zog Orkutt mit sich fort dem Hause zu, an dessen Türe Lord bereits auf sie wartete.
    Sie traten zusammen ein; allen voran Ferris, ein kühner Mann, der vor nichts zurückschreckte. Das erste Zimmer war leer, kein Zeichen von Unordnung bemerkbar; es schien die Wohnstube der Witwe zu sein; auf dem Tisch in der Mitte lag Orkutts Hut, wo er ihn beim Eintreten hingelegt hatte. Nie ganze Wohnung machte einen behaglichen, ja wohlhabenden Eindruck. Frau Klemmens hatte zwar allein gelebt und sich kein Dienstmädchen gehalten, befand sich aber, nach ihrer Einrichtung zu schließen, durchaus nicht in dürftigen Umstanden. Durch die offene Türe sah man im Nebenzimmer das seine Porzellanservice auf dem gedeckten Eßtisch glänzen.
    Sie traten ein.
    Dort liegt sie, sagte Orkutt, nach der andern Seite des Zimmers deutend.
    Die Arme weit ausgestreckt, lag die Unglückliche, auseiner Kopfwunde blutend, hinter dem Tisch am Boden; in einer Hand hielt sie ihre Uhr, die sie aus dem Gürtel gezogen, die andere berührte fast ein Stück Knüppelholz, das offenbar als Mordwerkzeug gedient hatte. Sie war starr und unbeweglich, allem Anschein nach tot.

    Entsetzlich! rief Lord zurückschreckend. Welche Verruchtheit, einer harmlosen Frau auf so schändliche Weise das Leben zu nehmen!
    Auch Ferris war tief erschüttert. Ein gräßliches Beispiel, das genau zu dem

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