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Handyman Jack 01 - Die Gruft

Handyman Jack 01 - Die Gruft

Titel: Handyman Jack 01 - Die Gruft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F. Paul Wilson
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sie sich um den Hals.

Kapitel 4
     
    Westbengalen, Indien
    Freitag, 4. Juli 1857
     
    1
     
    Der Svamin Jaggernath und sein Maultierzug mussten jeden Augenblick auftauchen.
    Die Spannung hielt Sir Albert Westphalen wie eine Würgeschlange umklammert. Wenn es ihm nicht gelang, durch diesen Überfall den Gegenwert von 50.000 Pfund Sterling zu erbeuten, war es für ihn nicht angeraten, überhaupt noch nach England zurückzukehren. Dort warteten nur noch Schande und Armut auf ihn.
    Er und seine Männer hielten sich hinter einem grasbewachsenen Hügel ein paar Kilometer nordwestlich von Bharangpur verborgen. Gegen Mittag hatte der Regen aufgehört, aber es sah nicht so aus, als sei das von Dauer. Der Sommermonsun, bei dem innerhalb von ein paar Monaten der Regen eines ganzen Jahres fiel, hatte Bengalen im Griff. Westphalen überblickte die hügelige Grünfläche vor ihm, die noch vor einem Monat eine trockene Wüstenei gewesen war. Dieses Indien war immer wieder ein Land der Überraschungen.
    Während er neben seinem Pferd wartete, ließ Westphalen die Ereignisse der letzten vier Wochen vor seinem inneren Auge Revue passieren. Er war nicht untätig gewesen. Ganz im Gegenteil. Er hatte tagtäglich Stunden damit verbracht, jeden Engländer in Bharangpur über den Hinduismus im Allgemeinen und den Tempel-in-den-Bergen im Besonderen auszuquetschen. Und als er von seinen Landsleuten nichts mehr erfahren konnte, hatte er sich an die einheimischen Hindi gewandt, die ein passables Englisch sprachen. Über den Hinduismus erzählten sie ihm weit mehr, als er wissen wollte, aber fast nichts über den Tempel.
    Er erfuhr jedoch eine Menge über Kali. Die Göttin war in Bengalen sehr beliebt – selbst der Name der größten Stadt in der Provinz, Kalkutta, war eine anglizierte Form von Kalighata, dem Namen des gewaltigen Tempels, der dort zu ihren Ehren errichtet war. Die Schwarze Göttin. Sie war keine schützende Gottheit. Sie wurde Mutter Nacht genannt und verschlang alles und tötete alles, sogar Shiva, ihren Gemahl. Auf vielen der Bildnisse, die Westphalen gesehen hatte, stand sie auf dem Leichnam Shivas. In ihren vielen Tempeln wurden ihr regelmäßig Blutopfer dargebracht, gemeinhin Ziegen und Vögel, aber es gab auch Gerüchte über andere Opfer – Menschenopfer.
    Niemand in Bharangpur hatte je den Tempel-in-den-Bergen gesehen, und niemand kannte jemanden, der ihn gesehen hatte. Aber er erfuhr, dass sich immer mal wieder ein Pilger oder jemand, der einfach nur neugierig war, aufmachte, um den Tempel zu suchen. Manche folgten Jaggernath in gebührendem Abstand, andere versuchten es auf gut Glück. Die wenigen, die zurückkamen, berichteten, ihre Suche sei vergeblich gewesen, und erzählten von schattenhaften Gestalten, die des Nachts durch die Hügel schlichen, immer gerade außerhalb des Feuerscheins, aber unverkennbar da und auf der Lauer. Was mit den anderen geschah, da gab es nur Vermutungen: Es hieß, dass die, die reinen Herzens waren, in den Tempel aufgenommen wurden und die Abenteuerlustigen und die, die einfach nur neugierig waren, von den Rakoshi gefressen wurden, die den Tempel und seine Schätze bewachten. Ein Colonel, der schon seit fast dreißig Jahren in Indien lebte, erklärte ihm, ein Rakosh sei ein fleischfressender Dämon, mit dem man kleine Kinder erschreckte.
    Westphalen zweifelte nicht daran, dass der Tempel bewacht wurde – aber von menschlichen Wächtern, nicht von Dämonen. Und die Wachen würden ihn nicht abschrecken. Er war kein einsamer Wanderer, der ziellos die Hügel durchstreifte – er war ein britischer Offizier, der sechs Lanzenreiter befehligte, die mit den neuen leichten Enfield-Gewehren ausgestattet waren.
    Westphalen fuhr mit dem Finger den Lauf seiner Enfield entlang. Diese einfache Konstruktion aus Holz und Stahl war der auslösende Faktor des Sepoy-Aufstandes gewesen.
    Und das nur wegen der eng sitzenden Patronen.
    Es war albern, aber so war es. Die Enfield-Patronen wurden, wie alle anderen Patronen auch, in einem Fapiermantel geliefert, der aufgebissen werden musste. Aber im Gegensatz zu den schwereren »Brown Bess«-Gewehren, die die Sepoys seit vierzig Jahren benutzt hatten, waren die Patronen der Enfield gefettet, damit sie in den engen Lauf passten. Das war alles kein Problem, bis sich das Gerücht verbreitete, diese Schmiere sei ein Gemisch aus Schweine- und Ochsenschmalz. Die muslimischen Truppen weigerten sich, auf etwas zu beißen, das vom Schwein stammte, und die Hindus

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