Hannah, Mari
hereingekommen war. Sekunden später kam er zu ihnen in die Küche, zog seine Jacke aus und setzte sich hin. Carmichael setzte Wasser auf und kochte eine Kanne Tee. Er fand, dass sie ausgelaugt aussah und ein bisschen angespannt. Offensichtlich hatte sie es aber überhaupt nicht eilig, nach Hause zu kommen, obwohl sie schon seit sechzehn Stunden im Dienst war.
»Ich habe eben etwas wirklich Interessantes gefunden«, sagte Carmichael. »Ein paar Jpegs in einer gelöschten Datei auf Forsters Computer.«
Ihre Worte und ihr Widerwillen, nach Hause zu gehen, versetzten Gormley in Panik. Er löste seine Krawatte und warf sie auf den Tisch, wobei er zu Jo hinüberschielte. Sie schien ähnlich beunruhigt.
»Ich seh mir das nachher mal an«, sagte Gormley und versuchte, nicht zu interessiert zu klingen. »Ab nach Hause mit Ihnen.«
»Ach, seien Sie doch nicht albern!« Sie nahm drei Becher aus einem Schrank und stellte sie auf den Küchentresen. »Das macht mir nichts aus, ich …«
»Lassen Sie mir einfach den Dateinamen hier, und ich seh’s mir an«, insistierte Gormley.
Es war ein Wink mit dem Zaunpfahl. Carmichael widersprach nicht länger, sah aber auch nicht glücklich aus. Sie blickte in ihren Becher dampfenden Tee, schob ihn dann weg und zeigte auf einen gelben Haftzettel, der an ihrem Monitor klebte.
»Da steht er«, sagte sie. Sie bemerkte, wie unwohl Gormley sich fühlte. »Hab ich irgendwas verpasst?«
»Lisa, würde es Ihnen was ausmachen?«, schaltete sich Jo ein und reichte Carmichael ihren Mantel. »Ich müsste wirklich dringend mit Hank privat sprechen.«
Carmichael machte sich zum Gehen bereit, zog ihren Mantel an und hob ihre Tasche vom Boden auf. »Das konnte ich ja nicht ahnen. Nun, dann seh ich euch zwei Turteltäubchen morgen.«
Nachdem sie gegangen war, schüttelte Gormley den Kopf.
Jo lachte laut: »Oh, welche Netze wir doch spinnen, wenn wir auf Täuschung sinnen«, sagte sie.
Die Briefe waren alle gleich beschriftet, alle abgestempelt mit: Gefängnis Ihrer Majestät. Es waren unzählige, aber soweit Daniels das sehen konnte, waren die meisten nicht einmal geöffnet worden. Ihr fiel auf, dass die Briefe aus verschiedenen Einrichtungen kamen, und sie schloss daraus, dass Forster während seiner lebenslänglichen Gefängnisstrafe mit alarmierender Regelmäßigkeit verlegt worden war, von einem Gefängnis zum anderen, quer durch das ganze Land.
Warum überraschte sie das jetzt nicht?
Sie setzte sich aufs Bett und las die Briefe, die alle mit Bleistift auf liniertem A4-Papier geschrieben waren; kindlich und sehr klein sah die Schrift aus, als sei eine Spinne übers Papier gelaufen. In den Briefen, die kurz nach Antreten seiner Haft geschrieben worden waren, bestritt Forster vehement, etwas Falsches getan zu haben, und flehte seine Eltern an, ihm zu glauben, erklärte, er sei von der Polizei »angeschwärzt« worden. In jedem Brief bestand er darauf, nach Hause zurückkehren zu wollen. In den späteren Briefen, fand Daniels, hatte der Ton sich geändert, wirkte sehr aufgeregt und fahrig. Forster zog unkontrolliert über seine Eltern her, weil sie ihn zurückgewiesen hätten. Es war klar, dass er seine Mutter leidenschaftlich hasste. Dies waren Ergüsse eines kranken Geistes, Seiten über Seiten verwirrter, unzusammenhängender Gedanken; in allen Briefen fehlte die Unterschrift, sie waren lediglich mit dem Wort ENDE markiert.
Im Wehrhaus nahm Gormley seinen Tee und setzte sich an den Computer, während Jo ihm über die Schulter blickte. Er setzte seine Brille auf und gab den Dateinamen ein, den Carmichael an den Monitor geklebt hatte, und stellte den Computer auf Diashow ein.
Die ersten Fotos, die auf den Bildschirm kamen, waren keine Überraschung. Es waren Bilder von Daniels und Jo, wie sie sich auf der Türschwelle küssten. Sie passten zu den Abzügen, die Gormley in dem Versteck auf dem Balkon von Forsters Wohnung gefunden hatte. Schwer zu sagen, wem es peinlicher war, als weitere Bilder folgten – doch das Unbehagen wurde schon bald von Entsetzen abgelöst, als die Szenerie wechselte.
Sie sahen schweigend zu, während die Bilder vor ihren Augen aufschienen und wieder verschwanden; stapelweise Bilder, alle mit Daniels als Hauptperson: mit Jo, mit Gormley, mit Bright an verschiedenen Orten – einschließlich einer Aufnahme vor St. Camillus – und schließlich, wie sie das Haus von David und Elsie Short betrat oder verließ.
Die Erkenntnis traf Gormley wie ein
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