Happy End auf Sizilianisch
machen, hinter denen sich das fruchtbare Binnenland erstreckte, das am Horizont mit den nebelverhangenen Berggipfeln zu verschmelzen schien.
Nachdem sie sich frisch gemacht hatte, zog sie statt der Jeans, die sie auf der Reise getragen hatte, ein leichtes blaues Sommerkleid an. Als auch Heather sich umgezogen hatte, führte das Hausmädchen die beiden Freundinnen über die Terrasse um das halbe Haus, bis sie schließlich eine große Veranda erreichten.
Baptista und ihre beiden jüngeren Söhne saßen unter einer Schatten spendenden Markise und erwarteten sie bereits. “Darf ich Ihnen etwas zu essen bringen?”, erkundigte sich Bernardo, nachdem er Angie zu ihrem Platz geführt hatte.
“Gern”, erwiderte sie und kam aus dem Staunen nicht heraus, als er ihr schließlich einen Teller mit sizilianischen Spezialitäten hinstellte. “Versteht Ihre Mutter das unter einem Imbiss?”
“Baptista kennt Ihren Geschmack noch nicht”, erklärte Bernardo. “Deshalb hat sie den Koch angewiesen, von allem ein bisschen zu machen.”
Angie fiel auf, dass sich Bernardo zum wiederholten Male dagegen zur Wehr gesetzt hatte, als Mitglied der Familie Martelli angesprochen zu werden. Auf dem Flugplatz hatte er nicht nur einen anderen Namen genannt, sondern betont, dass er nur Lorenzos Halbbruder sei. Und so kühl die Begrüßung Baptistas ausgefallen war, so sehr bestand er nun darauf, dass sie nicht seine Mutter war.
Noch ahnte Angie nicht einmal, was ihn dazu brachte, doch ihr Gefühl sagte ihr, dass sie einen zwar komplizierten, aber nicht minder aufregenden Mann vor sich hatte. Ihre Neugier war jedenfalls geweckt.
So kam sie bei der anschließenden Unterhaltung nicht umhin, ihn heimlich zu beobachten. Dass Lorenzo und er keine leiblichen Brüder waren, war nur allzu offensichtlich. Sie waren in allem das genaue Gegenteil. Lorenzo war fröhlich und unbeschwert, und seine braunen Locken wie sein fröhliches Lächeln verliehen ihm etwas Unbeschwertes und Jungenhaftes.
Bernardo hingegen wirkte abweisend und grüblerisch, und seine Stimmung schien ebenso finster zu sein wie sein Gesichtsausdruck. Sein Teint verriet, dass er die Schreibtischarbeit hasste und sich lieber in der freien Natur aufhielt.
Am meisten faszinierte Angie jedoch sein Gesicht, das sich von einer Sekunde auf die andere verwandeln konnte. Wenn er einfach nur dasaß und das Gespräch scheinbar teilnahmslos verfolgte, verliehen ihm die tief liegenden Augen und die vollen Lippen eine eigentümliche Schwermütigkeit, die sich jedoch augenblicklich in eine ungeahnte Lebendigkeit verwandelte, sobald er sprach.
“Wenn Sie möchten, zeige ich Ihnen gern den Garten”, bot er sich an, als Baptista darum bat, sie mit ihrer künftigen Schwiegertochter allein zu lassen.
“Sie scheinen Gedanken lesen zu können”, erwiderte Angie, ohne auch nur den Versuch zu machen, ihre Freude zu verbergen.
Gemeinsam betraten sie die ausgedehnten Parkanlagen, die, wie Bernardo zu berichten wusste, von mehreren Gärtnern gepflegt wurden und jedem Schloss zur Ehre gereicht hätten. Im Zentrum stand ein großer Springbrunnen, von dem aus sternförmig mehrere Wege abgingen, die durch großzügige und reich bepflanzte Blumenbeete führten und schließlich in ein Wäldchen mündeten.
Bernardo war sichtlich beeindruckt, dass Angie die meisten Blumenarten kannte, und wenn sie auf eine besonders seltene Sorte stießen, erklärte er ihr geduldig Namen und Herkunft.
Doch so viel Sachverstand er auch besaß, er ließ jegliche Begeisterung vermissen. Fast schien es, als machte ihn die Atmosphäre befangen – was Angies Wunsch, mehr über diesen rätselhaften Mann zu erfahren, noch anstachelte.
“Kennen Sie Heather schon lange?”, fragte er unvermittelt.
“Seit sechs Jahren”, erwiderte sie. “Wir sind uns fast jeden Morgen auf dem Weg zur Arbeit begegnet, wenn sie zu dem Schreibwarengeschäft fuhr, in dem sie damals angestellt war, und ich zur Klinik.”
“Ich wusste gar nicht, dass Sie Krankenschwester sind.”
“Ich auch nicht”, erwiderte Angie spitz.
Erst Bernardos Blick machte ihr klar, wie sehr ihn ihre Antwort verunsichert hatte. “Ich bin Ärztin”, erklärte sie leicht gereizt.
“Verzeihen Sie bitte”, entschuldigte er sich verlegen. “In manchen Dingen sind wir Sizilianer ziemlich altmodisch. Erst recht oben in den Bergen, wo ich die meiste Zeit des Jahres verbringe.”
Das offene Eingeständnis, dass ihm traditionelle Werte und Gebräuche durchaus etwas
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