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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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unfreiwillig mit einem großen Plumps mitten in die Feuerstelle.
    Es wurde dunkel im Zelt. Harka hörte seinen Vater und den weißen Mann belustigt auflachen. Alte Antilope blieb zuerst verblüfft in der etwas vertieften Feuerstelle sitzen. Allmählich mußte die Glut aber durch Lederhose und Gürteltuch hindurch seine Haut ansengen, und Alte Antilope begann von neuem zu klagen. »Ich Bär, ich guter Bär, die Tatzen … oh … ah …«, und er kroch auf allen vieren aus der Feuerstelle heraus. Eben mußte sich der Rabe abermals übergeben, und der stinkende Auswurf traf Alte Antilope im Nacken. »Aih-oh!« schrie Antilope und schüttelte sich wie ein Hund. »Was macht ihr mit mir! Ihr Kojoten, ihr Stinktiere!«
    Harka konnte die Szene deutlich sehen, denn der Weiße fachte das Feuer von neuem an. Was hier geschah, war widerlich und komisch, aber da Mattotaupa und The Red darüber lachten, fühlte sich Harka erleichtert. Er lächelte an seinem Beobachtungsposten auch vor sich hin, wenn er Alte Antilope mit versengtem Gesäß und verschmierten Haaren herumkriechen sah und unaufhörlich plärren hörte: »Ich Bär – der Bär – der gute Bär! Nicht dem guten Bär die Tatzen wegessen. Ihr Stinktiere, was habt ihr mir ins Haar geschmiert! Feuer hinter mir! Die Prärie brennt. Das Feuer hat meine Hose aufgefressen!«
    Der rothaarige Bursche füllte sich aus einem Schlauch voll Getränk, den er neben sich hielt, einen Becher ab, schüttete diesen in einem Zuge hinunter und rief: »Weiter zum Wettkampf! Bis jetzt bin ich der Sieger! Drei eurer Krieger habe ich auf den Boden getrunken, einen jeden mit einem einzigen Becher des Geheimnistranks! Ich aber habe nur drei Becher des Tranks getrunken und bin nicht schwächer, sondern stärker geworden! Wer wagt es noch, sich mit mir zu messen?«
    Der vierte und fünfte von Mattotaupas Gästen meldeten sich.
    »Halloo!« schrie The Red. »Alle auf einmal? Es sei!« Er füllte den Becher schnell hintereinander dreimal, bot ihn den beiden Kriegern und goß den letzten Trunk auf einen Zug selbst hinunter.
    »Na …? Noch einen?« fragte er dann seine Partner. Die beiden kamen wieder heran, aber Harka erkannte, daß sie schon unsicher auf den Beinen waren. Sie tranken noch einmal, aber sie hielten den Becher schief und schluckten ungeschickt. Einer verschluckte sich und spie, der andere hustete, und The Red und Mattotaupa fingen wieder an zu lachen, so wie sie über Alte Antilope gelacht hatten. Aber Harka fiel jetzt auf, wie verschieden sein Vater und der Weiße lachten. Mattotaupa lachte heiter, guten Mutes und ohne Bosheit, so wie die Männer bei lustigen Jagdgeschichten oder über die Verlierer des »RoheHundeleber-Tanzes« zu lachen pflegten. The Red lachte lauter. Etwas Verachtung schwang in seinem Lachen mit.
    Dieses Mitklingen von Verachtung störte Harka. Denn es war ein Weißer, der sich hier über Krieger der Bärenbande lustig machen konnte. Der Knabe hatte aber keine Zeit, sein Gefühl zu einem klaren Nachdenken zu entwickeln, denn die beiden Krieger, die zuletzt getrunken hatten, fingen an, sich zu streiten, und nahmen die Aufmerksamkeit des Jungen damit ganz in Anspruch.
    »Du schmierige Kröte!« sagte der Hustende, »du hast mich angespien!«
    »Schweig!« schrie der andere. »Du lügst! Soll ein Krieger der Dakota lügen?«
    »Daß dich ein Geier zerhacke!« »Was humpelst und schwankst du herum! Geh zum Bach und frische dein schläfriges Gehirn auf!«
    »Friß du lieber Fische, damit dein Maul gestopft wird!«
    In diesem Augenblick kam Alte Antilope auf allen vieren heran und rieb sein beschmutztes Haar am Hosenbein des hustenden Kriegers ab.
    »Was machst du! Das Auge des Donnervogels möge dich treffen!«
    Derjenige, der gespien hatte, fing an zu lachen.
    »Sei ruhig, du aasfressende Krähe!« Der von Alte Antilope beschmierte Krieger schlug dem Lachenden ins Gesicht.
    Die beiden begannen sich zu prügeln. Sie purzelten übereinander und blieben schließlich beide am Boden liegen. Der eine wurde ganz still, der andere grunzte Unverständliches vor sich hin.
    Mattotaupa und The Red lachten wieder, und wieder auf ihre verschiedene Weise.
    »So. Nun wir beide!« sprach dann der rothaarige Bursche zum Häuptling. »Ich wette, Mattotaupa, daß du diesem Trank nicht unterliegst, sondern so stark bleibst wie ich selbst!«
    Harka durchzuckte die Angst. Wenn der Vater nun annahm und wenn er sich mit diesem Geheimnistrank im Leib ebenso lächerlich benahm wie die fünf

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