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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Pferde abgeladen, die Zelte aufgeschlagen, die Decken ausgebreitet, die Feuerstellen zugerichtet und die Töpfe und Schüsseln aufgestellt. Auch das große Beratungszelt wurde auf Anweisung des Häuptlings aufgeschlagen. Dorthin brachten die Krieger auch den ausgehöhlten Stamm mit dem ewig glimmenden heiligen Feuer, der stets mitgetragen worden war. Der Platz, an dem künftig das Tipi des Zaubermannes aufgestellt werden sollte, blieb noch frei. Vor dem Zelt des Häuptlings wurde die Trophäenstange aufgerichtet, und sein bestes Reitpferd wurde dabei angepflockt. Die Hundemeute war schon unterwegs, um das Wäldchen zu durchschnüffeln. Die Mustangs begannen sofort das Gras zu weiden, das hier verhältnismäßig saftig wuchs.
    Die Kette des Felsengebirges im Westen war deutlich sichtbar, und in überwältigender Feuerpracht senkte sich dort der Sonnenball. Stumm, durstig nach Frieden, Freude, Spiel und Jagd, nahm Harka das Bild der neuen Heimat in sich auf.
    Der Bach hatte zwei tiefere Stellen oberhalb und unterhalb der Biegung. Die Frauen und Mädchen waren schon unterwegs, um Wasser in die Zelte zu holen. Die tiefe Stelle oberhalb der Biegung wurde zum Badeplatz der Frauen, die unterhalb der Biegung zum Badeplatz der Männer bestimmt. Harka eilte mit den Jungen Hunden dorthin, um wieder einmal ganz nach Herzenslust zu kraulen, zu tauchen, zu spritzen und mit den Gefährten Scherze über und unter Wasser zu treiben. Prustend, lachend salbten sich die Knaben endlich am Ufer mit Bärenfett und kamen mit dem Aufleuchten der ersten Sterne in die Zelte, die schon von Bratengeruch erfüllt waren. Während sie aßen, hörten sie draußen die leise Melodie von Flöten, die von jungen Burschen gespielt wurden. So vergingen zwei Tage und auch der dritte Tag. Harka und seine Gefährten hatten viel zu tun. Sie durchstreiften die neue Umgebung weithin, ließen sich bei den Spähern sehen und lugten mit ihnen ins weite Land. Sie trieben ihr Spiel mit den Präriehunden, den kleinen schlauen fetten Nagetieren, die ihren Bau unter der Erde hatten und pfeifend verschwanden, wenn sich ihnen eine Gefahr näherte.
    Die Sorgen Harkas hatten sich in Hoffnung und Zuversicht umgewandelt, und so erging es allen Dorfbewohnern. Zwar dachte Harka, besonders des Abends im Zelt, an die Mutter, und er dachte daran, daß sie all diese große Freude nicht mehr erleben durfte. Aber seine Gedanken und Gefühle waren nicht hart und bitter, sondern sie wurden weicher, wehmütiger, und die Zeit strich heilend über alle empfangenen Wunden. Schonka war nicht im Zelt, er war weit fort. Scheschoka blieb schüchtern. Die Kinder merkten wenig von ihr und empfingen alle Pflege, die sie gewohnt waren.
    Das Leben war schön, und der Zauber, der alles zum Guten gewandelt hatte, war groß – wenn endlich die Büffel kamen. Mit Antilopen und anderem kleinen Wild konnte die Bärenbande einige Zeit leben, jedoch nicht über den Winter. Frühling, Sommer und Herbst mußten große Beute bringen, die lange vorhielt.
    Aber es hatte sich alles so glücklich gewendet, man war vorläufig satt, die Pani hielten sich fern. Warum sollten nicht auch die Büffel kommen?
    Es war tatsächlich niemand erstaunt, als am achten Tag des Aufenthalts am Pferdebach die Späher, die weit nach Süden hin ausgesandt worden waren, mit allen Zeichen der Erregung in das Dorf stürzten und das Nahen einer Büffelherde aus dem Süden meldeten.
    Die Krieger und Burschen eilten aus den Zelten und vom Bach herbei. Alles, was über vierzehn Jahre war, sollte an der Jagd teilnehmen, also auch Tschetan.
    Selbst Tschetans Vater Sonnenregen, dessen Schulter noch immer nicht voll beweglich war und dem alle abrieten, an der Jagd teilzunehmen, bestieg in stillschweigender Ablehnung der guten Ratschläge den Mustang und ordnete die Pfeile im Köcher.
    Die Jäger wählten ihre »Büffelpferde« zum Reiten, diejenigen Mustangs, die für die halsbrecherische Jagd abgerichtet, mutig und zuverlässig waren. Es war üblich, für die Büffeljagd alle Kleidung abzulegen, um möglichst beweglich zu sein. Die Köcher wurden mit Pfeilen vollgestopft. Den ersten zu versendenden Pfeil und den Bogen nahm jeder schon zur Hand. Die Pferde waren unruhig, und als die Jäger aufgesprungen waren, donnerte auch schon die lange Reihe unter Führung Mattotaupas im Galopp südwärts.
    Harka hatte alles mit angesehen; sein Herz klopfte vor Erregung. Jetzt lag er auf einer Anhöhe und spähte den Jägern nach. Bei ihm hatte sich die

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