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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Vater.
    »Die Spur, Vater! Ich habe in der Nacht eine Fußspur gesehen, die Spur eines fremden Fußes, du weißt es, und Sonnenregen weiß es auch.«
    »Wir können auf dem Rückweg noch einmal suchen«, entschied Mattotaupa nach einigem Zögern.
    Sonnenregen stimmte nur ungern zu. Aber er wollte sich auch nicht weigern. So riefen die Männer Tschetan von seinem Ausguck herbei; sie riefen nicht seinen Namen, sondern gaben ein dreimaliges Zeichen mit einer Vogelstimme. Zu viert machten sie sich dann auf den Weg nach jenem Platz im Wald, an dem Harka in der Nacht gewartet und den Fußabdruck gesehen hatte. Zu viert suchten sie, ohne eine Fährte zu finden. Allerdings, Harka war der einzige, der ganz entschlossen und sehr genau suchte, und er glaubte, daß die Männer und Tschetan, verwirrt durch das Geschehene, die Suche zu früh abbrachen. Aber er war nur ein Knabe, und es war genug, daß er einmal seine Meinung hatte sagen dürfen. Ein zweitesmal würden ihm die Häuptlinge nicht das Wort gegeben haben. So blieb ihm nichts anderes übrig, als nach der bis dahin vergeblichen Umschau dem Vater und seinen Begleitern zurück ins Dorf zu folgen.
     
     
     

 
Kampf mit Wölfen
     
    Es war dem Jungen seltsam zumute, als er wieder zu dem väterlichen Zelt kam, aber er ließ sich äußerlich nichts von seinen erregten Gedanken und Gefühlen anmerken. Die Mutter rief ihn zum Essen. Sie röstete den Hasen über dem Feuer in der Zeltmitte, und Harka setzte sich mit dem jüngeren Bruder und der Schwester, mit der Mutter und der Großmutter zusammen. Das röstende Fleisch duftete köstlich, und vor dem Zelt lauerten die halbwilden Hunde und schnüffelten sehnsüchtig. Als das Fleisch gar war, nahm jeder sein Messer – auch Harkas jüngere Geschwister besaßen schon ein eigenes – und eine irdene Schüssel. Die Großmutter wählte sich den Hasenkopf, die Mutter und das kleine Mädchen Uinonah erhielten je einen Vorderlauf, die beiden Jungen Harka und Harpstennah je einen Schlegel. Das Rückenstück blieb für den Vater, der jetzt nicht im Zelt anwesend war und nach der Sitte des Stammes auch nicht mit Frauen und Kindern zusammen aß.
    Nach der Mahlzeit traf Harka sich mit Tschetan. Er hätte gern mit dem älteren Freund über die Ereignisse gesprochen; am liebsten wäre er nochmals in den Wald gelaufen, um nach Fährten bei dem Höhleneingang zu suchen. Ein Mensch konnte unmöglich spurlos kommen und gehen. Aber da Tschetan nicht mehr von der Sache sprach, wagte auch Harka es nicht, seine eigene Meinung offen zu vertreten. Er schwieg über das, was er dachte, doch er blieb voll Unruhe. Um sich nichts anmerken zu lassen und auch, um sich selbst über seine Unruhe hinwegzutäuschen, rief er eine ganze Rotte Junger Hunde zusammen. Sie rannten miteinander hinunter zu dem Fluß am Fuße des Berges. Dort spielten die Buben, tauchten rasch in das eiskalte Wasser unter, schwammen ein Stück. Die Jungen waren sehr abgehärtet. Wer empfindlich war, starb bei dem rauhen Leben in der Wildnis früh, und die Kinder, die herangewachsen waren, konnten schon viel vertragen.
    Harka bemerkte, daß auch Schonka, der Sohn des Weißen Büffel, durch den Wald zu dem Fluß herankam. Er beschloß, ihm einen Streich zu spielen, und versteckte sich hinter einem Weidengebüsch, bei dem Schonka das Ufer erreichen mußte, wenn er seinen Weg nicht änderte. Es wurde schon dämmrig. In schimmerndem Rosa leuchteten Wolken und Wasser, die Blätter spielten zwischen Abendschein und wachsenden Schatten. Schonka kam arglos zum Ufer. Er war breit und kräftig gebaut. In seinem jungen Gesicht lag schon ein Anflug von Verbissenheit, der sich verhärtete, sobald es schien, daß Schonka von seinen Altersgenossen und den Jüngeren nicht so geachtet wurde, wie er es verlangte. Niemand wußte eigentlich, warum sein Ansehen nicht uneingeschränkt war, denn er blieb in den Übungen der Burschen, im Wettreiten, im Steinwerfen, im Schwimmen, nicht hinter den anderen zurück. Aber es gab einen, der ihn übertraf, obgleich er jünger war: Harka Steinhart Nachtauge. Dieser genoß noch größere Achtung, und das beeinträchtigte das Ansehen Schonkas bei den Jungen und Mädchen.
    Schonka hatte das Weidengebüsch erreicht, ohne Harka zu bemerken. Dieser faßte nach Schonkas linkem Fuß und riß ihn aus dem Halt. Schonka, völlig überrumpelt, klatschte bäuchlings ins Wasser. Ein lautes Gebrüll der Knabenhorde belohnte Harkas Erfolg. Harka selbst sprang mit ein paar Sätzen über

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