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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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schmales Gesicht strahlte auf. Er streichelte dem Schecken den Hals.
    »Und nun du, Harka«, sprach Mattotaupa, »du mußt jetzt ein neues Tier haben. Welches wünschst du dir?«
    »Ich hatte drei Pferde, Vater, nun habe ich noch zwei. Das genügt.« Harka sagte das kurz und preßte dann die Lippen fest aufeinander, weil er alles, was er sonst noch dachte, nicht aussprechen wollte.
    »Harka mit den beiden anderen Mustangs, die dir jetzt noch bleiben, wirst du im nächsten Rennen der dritte oder vierte werden.«
    »Das mag sein. Ich werde mich künftig zu beherrschen wissen, auch wenn ich nicht siege.« Es fiel Harka unsagbar schwer, diese Worte vor den Ohren Harpstennahs auszusprechen. Er sprach sie. Aber sie klangen hart.
    Der Vater sah ihn nachdenklich an. »Du wirst wieder drei Pferde haben«, sagte er schließlich. »Ich will es so.«
    »Dann bestimme du, Vater, welches künftig das dritte sein soll.«
    »Nun gut. Kommt!«
    Die beiden Jungen gingen mit dem Vater durch die Herde. Mattotaupa blieb vor dem Grauschimmel stehen, der Harka durch die fliehende Büffelherde getragen hatte.
    »Hier, Harka Wolfstöter Büffelpfeilversender! Dieser Mustang wird dein dritter sein. Diesen hast du gut geritten.«
    »Vater!«
    »Was ist?«
    »Es ist dein zweitbestes Pferd! Wie willst du es entbehren?«
    »Du bist mein Sohn. Nimm es.«
    Harka trat an das Tier heran und legte die Hand auf den Rücken des Pferdes.
    »Es wird nicht mehr lange währen, Harka, bis du uns auf der Büffeljagd zu begleiten hast.«
    »Ja, Vater.« Harka sprach trotz der Anerkennung, die er hier erhielt, immer noch gehemmt; seine Worte klangen, als ob sie Kanten hätten.
    Aber der Vater gab kein Zeichen, daß er das bemerkte. Er sagte nur: »Benutzt den Tag heute, um eure neuen Pferde auf euch einzureiten.«
    Dann ging er.
    Die beiden Jungen gehorchten. Jeder machte das ihm zugesprochene Tier los und ritt in die Prärie hinaus. Aber die Brüder ritten nach verschiedenen Richtungen.
    Als es nach diesem Tag dunkle Nacht geworden war und im Zelt Mattotaupas alles in tiefem Schlaf lag, rührte sich Harka in seinen Decken. Mit der Behutsamkeit eines Gefangenen, der entfliehen will, kroch er von seinem Lager und schlüpfte aus dem Zelt hinaus. Der angepflockte Mustang des Vaters rührte sich leise, zwei Hunde erwachten aus dem Schlaf, schlugen aber nicht an. Harka ging barfuß zwischen den ruhenden Zelten hindurch, er streifte am Bachufer entlang, und endlich wandte er sich seinem Ziel zu, der Herde der Mustangs. Tschetan hatte um diese Stunde die Pferdewache, das wußte der Knabe. Er ging aber nicht zu dem älteren Freund hin. Er ging von Mustang zu Mustang, bis er seinen alten Schecken fand. Er machte ihn los, sprang auf und ritt erst im Schritt, dann in einem leichten Galopp in die nächtliche Prärie hinaus. Er ritt, bis er zu einem der sanften Täler kam, wo ihn kaum einer der Späher beobachten konnte.
    Da sprang er ab, befahl dem Tier, sich hinzulegen, und legte sich dazu, so daß er dem Mustang ins Ohr sprechen konnte.
    Und er sprach mit leiser Stimme, so sanft, wie ihn noch nie ein Mensch hatte sprechen hören: »Mein Schecke, wir nehmen Abschied voneinander. Weißt du noch, wie ich ein kleiner Knabe mit vier Sommern war, und Tschetan, mein Freund, hob mich auf deinen Rücken? Damals warst du noch jung und ungestüm, und du hast mich vierzehnmal ins Gras geworfen, bis ich endlich fest auf deinem Rücken saß. Mit den Hufen hast du mich getreten, daß ich des Nachts nicht mehr wußte, wie ich mich legen sollte, ohne daß die Schmerzen mich weckten. Aber ich hatte mir geschworen, daß du mein Reittier wirst, und du bist es geworden. Du hast mich über die Prärie getragen und durch den Wald, durchs Wasser bist du gewatet und über steile Hänge geklettert. Du warst ein großer Krieger unter den Mustangs, und wenn sich die Kojoten zu nahe wagten, hast du mit Hufen und Gebiß gegen sie gekämpft. Ich habe dich sehr lieb, Schecke, aber du zürnst mir, weil ich ungerecht gegen dich gewesen bin, als du nun alt wurdest, und ich habe dich verloren. Jetzt liebst du Harpstennah.«
    Harka schmiegte den Kopf an den Pferdehals, und seine Augen waren naß. Aber das durfte niemals ein anderer Mensch erfahren.
    Der Junge sprang wieder auf, und sogleich war auch der Schecken wieder auf den Beinen. Harka ritt ihn zurück zur Herde. Noch immer hatte Tschetan dort die Wache, und Tschetan würde über das schweigen, was er beobachtet hatte. Er sah auch jetzt nicht nach

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