Harka der Sohn des Haeuptlings
im Zelt und das Feuer verglomm, sagte Untschida den Kindern, daß die Große Bärin noch lebe … irgendwo … und daß sie heilig sei für die Krieger der Bärenbande und nicht getötet werden dürfe.
Harka und die anderen Jungen Hunde fanden sich des Abends auch schon zu schweren Proben jener Selbstbeherrschung zusammen, die ein Krieger besitzen mußte. Sie ließen sich um das Feuer in Mattotaupas Tipi nieder und legten sich selbst kleine glühende Späne auf die Hand, um zu erproben, wer den Schmerz der Brandwunde am gleichgültigsten und längsten ertragen könne. Harka hielt jede gewünschte Zeit aus.
»Schonka kann das nicht so lange«, sagte auf einmal irgendeiner der Jungen.
Da war wieder dieser Name Schonka! Harka zuckte nur gleichmütig überlegen mit den Mundwinkeln und ließ sich den Span bis ins Fleisch brennen.
Das war der zwölfte Sommer, den Harka erlebte. An einem dieser sonnigen Tage fand Mattotaupa des Morgens seine beiden Jungen bei den Pferden. Harka hatte am Tage vorher ein Pferderennen verloren. Er war mit seinem Lieblingspferd, dem Schecken, nur Zweiter geworden. Es lag nicht daran, daß er ungeschickt abgekommen oder nachlässig geritten war. Das andere Pferd war das bessere gewesen. Dieses Siegerpferd gehörte auch einem der Jungen Hunde, dem Sohne Tschotankas, eines angesehenen Kriegers. Es war eben erst herangewachsen, nicht viel mehr als ein Jahr alt und voller Kraft und Temperament. Harkas Schecken war zehn Jahre alt, er ging ruhig, sicher und schnell. Aber er war nicht mehr der Schnellste.
Harka Steinhart Nachtauge musterte die Pferde, die zum Häuptlingszelt gehörten, mit gerunzelter Stirn. Mattotaupa beobachtete die Kinder einige Zeit stumm, dann trat er an die beiden heran.
»Harpstennah«, sagte er zu dem Jüngeren, »welches Pferd würdest du reiten, wenn du dir aus unserer Herde auswählen dürftest, welches du willst?«
Harpstennah lächelte verlegen und schaute zum Vater auf, wie dieser das wohl meine. Harpstennah war gewohnt, daß der Vater in allem und jedem Harka zuerst fragte und berücksichtigte, und da Harka zweifelsohne der kühnste und gewandteste aller Knaben im Dorf war, schien das selbstverständlich und unvermeidlich. Harpstennah hatte sich besonders nach seiner Krankheit daran gewöhnt zurückzustehen. Darum war er jetzt über die Frage des Vaters verwundert und wußte nicht recht, was er daraus machen sollte.
»Es ist so gemeint, wie ich sagte«, ermunterte ihn der Vater.
Harpstennah zögerte immer noch. »Soll ich die Wahrheit sagen?« fragte er dann leise.
»Ein Dakota lügt nie. Das weißt du, Junge.«
»So will ich es sagen: Am liebsten von allen Pferden möchte ich den Schecken meines größeren Bruders Harka Wolfstöter reiten.«
»Obgleich er gestern nur der Zweite geworden ist?« fragte der Vater.
»Ja, eben darum«, antwortete Harpstennah fest.
»Willst du mir das erklären?«
»Ja, Vater, das will ich. Der Schecken ist ein gutes und erfahrenes Pferd. Ich liebe ihn sehr.«
Harpstennah ging zu dem Mustang und strich ihm über die Nüstern, und mit Verwunderung sahen Mattotaupa und Harka, wie das Tier den Kopf zu Harpstennah neigte, als erwidere es die Zuneigung.
»Harka ist ein guter und harter Reiter«, sprach Harpstennah weiter, nun sicher geworden. »Aber das Scheckentier wird älter, und es kränkt sich sehr, weil es gestern das Rennen verloren hat. Harka hat es im Rennen mit der Peitsche geschlagen, obgleich er wissen mußte, daß das Tier so schnell lief wie es konnte. Es war traurig, als es wieder zur Herde kam.«
Harka hörte zu und senkte die Augen. Er schämte sich, denn er wußte wohl, daß der Ehrgeiz in ihm die Vernunft erstickt hatte.
»Und ich habe das Pferd getröstet, und es liebt mich«, fuhr Harpstennah fort. »Ich möchte es haben. Was tut Harka mit einem Mustang, der nicht siegen kann?«
Harka stieg langsam das Blut in die Wangen.
Die Worte Harpstennahs klangen so, als habe er sagen wollen: Und was tut Harka mit einem jüngeren Bruder, der schwächlich ist?«
»Nein«, sagte Harka Steinhart Wolfstöter nun, ohne gefragt zu sein. »Harpstennah soll nicht dieses Pferd haben, weil es für mich nicht mehr gut genug ist. Sag ihm, Vater, daß er sich ein anderes wählen möge.«
»Mein Wort gilt«, erwiderte Mattotaupa ernst. »Harpstennah entscheidet.«
Harka schaute zur Seite und kämpfte mit sich selbst.
»Ich möchte den Schecken«, wiederholte der Jüngere.
»So gehört er dir, mein junger Sohn.«
Harpstennahs
Weitere Kostenlose Bücher