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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Harka hin.
    Der Junge schlüpfte wieder ins Zelt und wickelte sich in seine Decke. Es war ihm so, als ob Mattotaupa sich auf seinem Lager gerührt hatte, aber er wußte es nicht genau.
    Nach langem Grübeln schlief der Knabe ein.
    Am folgenden Morgen verbreitete sich die Nachricht, daß Harka und Harpstennah neue Pferde ritten, und die Jungen Hunde schrien und johlten, daß abermals ein Pferderennen stattfinden sollte. Harka konnte dem schwerlich widersprechen; die Jungen hätten denken können, er fürchte, wieder nicht auf den ersten Platz zu kommen. Daher stimmte er sofort zu. Auch Harpstennah hatte als Junger Hund teilzunehmen. Der Sieger vom Vortag, Tschotankas Sohn, aber trat zurück. Er behauptete, daß sein Mustang sich den Fuß verletzt habe. Das mußte wohl wahr sein. Tschetan bestätigte, daß er das Tier habe hinken sehen.
    Harka war das nicht recht. Er verhandelte jetzt, die Jungen Hunde sollten mit dem Rennen einige Tage warten, bis das Siegerpferd vom Vortag wieder heil sei, aber die Jungen waren nicht einverstanden. Sie brannten darauf, Harka auf dem Büffelpferd des Häuptlings reiten zu sehen, auf dem Pferd, das über den pfeilgespickten Büffel gesprungen war! Harka Büffelpfeilversender sollte in einem Rennen reiten, und er fügte sich, wenn auch nur ungern.
    Die jungen Reiter sammelten sich am Bachufer; das Ufer diente als Startplatz. Eine sanfte Anhöhe galt als Ziel, und dort wartete Tschetan mit einigen Burschen vom Bund der Roten Feder, um zu entscheiden.
    Auf einen schrillen Ruf Tschetans hin trieben die Knaben ihre Pferde zum Galopp. Mattotaupa selbst sah vom Rand des Gehölzes aus zu, und er freute sich an der Schar der Knaben, die ohne Sattel auf den Pferderücken hängend über das Grasland dahinsprengten. Es zeigte sich sehr rasch, daß das Rennen in Wahrheit zwischen zwei Pferden ausgetragen wurde: zwischen dem Schecken, den Harpstennah ritt, und dem Grauschimmel, auf dem Harka saß. Mattotaupa wußte, daß sein Büffelpferd siegen mußte, wenn es voll ausgeritten wurde. Aber er sah wohl, und vielleicht war er der einzige, der das genau beurteilen konnte, daß Harka das Pferd absichtlich nicht zu seiner vollen Geschwindigkeit kommen ließ.
    Mit einem hellen Siegesruf langte Harpstennah als erster auf der Anhöhe bei Tschetan an; er riß den Schecken hoch, so daß das Pferd weithin zu sehen war, und die Jungen Hunde schrien ihm ihre Anerkennung zu – auch Harka, der Zweiter war.
    In mäßigem Galopp ritt die ganze Schar wieder zurück und dem Bach zu, wo die Jungen noch spielen und baden wollten. Die Pferde wurden schnell zur Herde zurückgebracht, da man sie jetzt nicht mehr brauchen konnte.
    Harpstennah, der zum erstenmal in einem Rennen Erster geworden war, wurde von einigen Jungen umringt, die ihm immer wieder zujubelten. Aber auch bei Harka fanden sich ein paar Knaben ein, die mit ihm über das Rennen sprechen wollten.
    »Es muß an dir liegen, Harka, nicht am Pferd«, sagten sie ernst. »Dein Pferd ist das schnellste von allen, daran kann keiner zweifeln.«
    »Es liegt an mir, ich weiß«, antwortete Harka brüsk, und dann schnitt er diese Gespräche ab, und die Schwimmspiele begannen.
    Gegen Abend trafen sich Harpstennah und Harka beim väterlichen Zelt. Harpstennah stellte den älteren Bruder, der ihm hatte ausweichen wollen.
    »Harka«, sagte er bitter, »warum hast du das getan? Ich will nicht, daß du mir einen Sieg schenkst.«
    Harka wollte erst gar nicht antworten, dann antwortete er doch.
    »Ich habe den Sieg nicht dir geschenkt, sondern dem Schecken. Du sollst wissen, daß ich nicht nur zu siegen, sondern auch zu verlieren vermag.«
    Damit ging er ins Zelt.
    Harpstennah blieb noch allein vor dem Tipi stehen. Es war sein heißer Wunsch, von dem größeren Bruder anerkannt zu werden und freundschaftlich mit ihm zu stehen. Aber immer kam etwas dazwischen, was ihn kränkte oder was anders lief, als er es beabsichtigt hatte.
    Harpstennah ging nicht ins Zelt. Er lief zurück zu den Pferden und streichelte den Schecken, der noch einmal einen Sieg hatte erringen dürfen.
    Einen Tag nach diesen Ereignissen kam Hawandschita in das Zeltdorf zurück. Der hagere Greis mit der scharf gebogenen Nase, der gewölbten Stirn und dem faltigen Geierhals saß auf dem besten seiner fünf Pferde, das die Reihe anführte. Er ritt im Schritt, er hatte keine Eile. Die Späher, die ihn schon von weitem kommen sahen, ließen ihn daherziehen, ohne eine Meldung im Dorf zu machen. Man würde bei den

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