Harka der Sohn des Haeuptlings
Schonka zu ärgern, obgleich es ihn gar nichts anging. Der Bursche war nicht Gehilfe Hawandschitas geblieben, sondern wieder in das Zelt Mattotaupas gezogen. Doch fiel ein Schimmer des großen Ansehens, das der Geheimnismann gewonnen hatte, auch auf ihn, und er ging immer umher, als werde er von einem besonderen Licht bestrahlt. Das aber war Harka zuwider.
So warteten beide nur darauf, wann sie sich wieder einmal miteinander messen könnten.
Die Gelegenheit dazu fand sich beim nächsten Pferderennen. Dieses Wettrennen wurde nicht von den Jungen Hunden veranstaltet, sondern von den Roten Federn. Harka hatte also nichts dabei zu suchen, da er zu jung war. Schonka gehörte dem Bund nicht an, stand aber im gleichen Alter wie Tschetan und die anderen Burschen. Die Roten Federn forderten jeden Burschen im Dorf auf mitzumachen. Schonka sagte zu. Er hatte von seinem Vater vorzügliche Pferde geerbt.
Als der für das Rennen bestimmte Morgen anbrach, schlenderte Schonka zu Tschetan. Harka stand abseits, beobachtete und hörte jedoch alles.
»Tschetan«, sagte Schonka, »du warst immer gut Freund mit Harka, dem Büffelpfeilversender. Warum kümmerst du dich gar nicht mehr um ihn? Ist es richtig, daß du ihn ganz dem Kraushaar überläßt, von dem Harka nichts lernen wird als Dummheiten?«
Tschetan schaute den Burschen von oben bis unten mit einem nicht sehr freundlichen Blick an.
»Mir scheint, du redest nichts Kluges, Schonka«, erwiderte er dann verhältnismäßig höflich. Natürlich traf es zu, daß Harka in letzter Zeit viel weniger mit seinem großen Freund zusammen gewesen war als früher. Aber das hatte seinen guten Grund, da Harka der Lehrmeister Kraushaars geworden war. »Wie du meinst«, sagte Schonka in spöttischem Ton. »Aber heute könnte Harka sich einmal bei uns größeren Burschen einfinden. Warum soll er das Rennen nicht mitreiten?«
»Er sieht erst den zwölften Sommer.«
»Er hat ein sehr gutes Pferd.«
»Ja, ein sehr gutes. Hat Harka dich gebeten, mir diesen Vorschlag zu machen – daß er mitreitet?«
»Nein. Harka redet überhaupt nicht mit mir, er mag mich nicht leiden und ist ein Hartschädel. Aber ich denke, es wäre richtig, ihn mitreiten zu lassen. Ich habe gehört, daß er später einmal den Bund der Roten Feder anführen soll.«
»Das soll er. – Wegen des Rennens werde ich mit den anderen sprechen.« Tschetan entfernte sich, um das zu tun.
Schonka entdeckte jetzt Harka, der sich nicht von seinem Platz gerührt hatte. »Da bist du ja! Hast du gelauscht?«
»Was heißt gelauscht? Wer mich hier nicht stehen sieht, muß wohl blind sein!«
»Vielleicht bin ich blind.«
»Für manches ja, mag sein.« Harka entfernte sich.
Tschetan ging Harka nach und sagte ihm, daß die Roten Federn ihn in dem Rennen mitreiten lassen wollten. So sehr sich Harka sonst über diese Auszeichnung gefreut hätte, jetzt wollte er nichts davon wissen.
»Was wollt ihr von mir«, sagte er zu Tschetan. »Bin ich nicht zweimal im Pferderennen der Knaben nur Zweiter geworden? Was habe ich bei den Roten Federn zu suchen? Ladet lieber die Sieger der Knabenrennen ein!«
»Das laß die Roten Federn entscheiden, Harka. Komm und hole dir dein Pferd!«
»Die Roten Federn haben nicht entschieden, sie haben sich von Schonka überreden lassen wie ein Zelt voll Weiber.«
»Dann versuche dich im Wettkampf mit diesem Zelt voll Weiber!« Tschetan lächelte vorsichtig; er durfte nicht den Eindruck erwecken, als ob er den Knaben verspotte.
Harka überlegte: »Nun, von mir aus«, sagte er dann gereizt, »ich komme.«
»Gut.«
Die Strecke, die für das Rennen vorgesehen war, war doppelt so lang und schwieriger als diejenige, die die Jungen Hunde geritten waren. Im letzten Drittel ging es einen sandigen Hügel hinauf und sehr steil wieder hinab. Vor dem Ziel lag dann noch eine lange flache Strecke, die sich gut übersehen ließ. Zielrichter waren diesmal zwei Krieger, darunter Alte Antilope.
Der Junge holte sich das Büffelpferd, den Grauschimmel. Er führte es so von der Herde zum Startplatz, daß er die ganze Rennstrecke noch einmal genau besehen konnte. Den Sandhügel kannte er sehr gut.
Am Bachufer fanden sich alle zusammen. Als letzter kam Schonka. Sein Startplatz war nicht weit von dem Harkas entfernt. Er ritt einen dreijährigen Fuchs, ein kräftiges Tier. Die Reiter hatten die Lederpeitschen bei sich. Als Kleidung trugen sie nur Gürtel und Schurz wie bei der Büffeljagd.
Die Pferde tänzelten und stampften schon.
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