Harka der Sohn des Haeuptlings
Alte Antilope pfiff zum Start, und im Nu waren die Tiere alle im Rennen.
Harka hatte sich seine Taktik gut überlegt. Es waren fünfzehn Reiter, die teilnahmen. Jeder würde versuchen, in den ersten beiden Dritteln der Strecke die Spitze zu gewinnen, um dann den steilen Sandhügel als erster an der für die Pferde günstigsten Stelle anzugehen. Diese günstigste Stelle war wenige Meter breit. Es konnte dort zu einem Gedränge der Reiter und Pferde kommen, und niemand konnte wissen, wie etwaige Zusammenstöße ausgingen. Harka entschloß sich daher, von der günstigsten Stelle überhaupt abzusehen und einer schwierigeren Übergangsstelle zuzustreben, die er nach seinem Ermessen mit seinem geübten Pferd nehmen konnte. Was er dabei etwa an Zeit verlor, glich sich leicht dadurch aus, daß er von der Reiterschar nicht behindert werden konnte.
Der Grauschimmel lief leicht und schnell. Harka hatte sich an den Hals des Tieres geschmiegt, um ihm die Last zu erleichtern und dem Luftzug möglichst wenig Widerstand zu bieten. Er flog auf seinem Tier dahin mit der ganzen Lust, die ein guter Reiter in einem solchen Augenblick immer wieder empfindet. Aber er blieb nicht allein, wie er geglaubt hatte. Ein zweiter Reiter hatte dieselbe Route eingeschlagen. Das war Schonka. Kopf an Kopf liefen jetzt der Grauschimmel und Schonkas Fuchs, beide jung, beides Hengste, beide vom eigenen Ehrgeiz getrieben. Die Zuschauer ringsum johlten, um die Reiter zu ermuntern und ihrer eigenen Erregung Luft zu machen. Auch mancher der Reiter brüllte laut, aber Harka und Schonka schwiegen und richteten die äußerste Aufmerksamkeit auf Pferd und Strecke. Die Tiere galoppierten Kopf an Kopf, bald das eine, bald das andere um eine Nasenlänge voraus, mit wehenden Mähnen und Schweifen, die Köpfe weit vorgestreckt, mit geöffneten Nüstern und verhängten Zügeln, nur vom Schenkeldruck der Reiter gelenkt.
»Hi-je-hi-je …!« Die Zuschauer schrien immer lauter und leidenschaftlicher.
Die beiden Reiter kamen an den Sandhügel. Gewandt kletterten ihre Mustangs hinauf, ohne zu zögern, ohne zu rutschen. Die übrigen Pferde kamen jetzt erst am Fuß des Hügels an. Allein Tschetan hatte das Tempo von Harka und Schonka mitgehalten; er schälte sich aus der großen Gruppe heraus und ließ sein Tier auf gleicher Höhe wie die beiden den Hügel erklettern. Aber schon holten ihn auch drei weitere Reiter ein.
Harka hatte keine Zeit mehr, sich nach Tschetan und den anderen umzusehen. Er wollte als erster auf dem Grat der Anhöhe sein, um dann einen tollkühnen Sprung von der überhängenden Kuppe auf den sandigen Abhang zu wagen.
Schonka war ihm mit seinem Tier noch immer zur Seite. Aber jetzt hatte Harka ein paar kleine Vorteile am Hügelhang geschickt berechnet, so daß der Grauschimmel etwas rascher vorankam. Er gewann eine halben Kopf Vorsprung. Noch zwei Meter waren es bis zum Grat, noch ein Meter – noch … Harkas Grauschimmel hatte einen ganzen Kopf Vorsprung gewonnen, und die Zielrichter auf der anderen Seite mußten die Nase schon über der Hügelkuppe auftauchen sehen.
Schonka hatte begonnen, mit der Peitsche auf sein Tier einzuschlagen. In dem Augenblick, in dem Harka mit seinem Grauschimmel zu dem geplanten, sehr gewagten Sprung den Hang hinunter ansetzte, hörte er den Riemen auf die Kruppe seines Pferdes klatschen. Der Mustang war auf den Bruchteil einer Sekunde erschreckt und verwirrt: Er sprang, aber nicht so zielsicher wie bei ruhiger Bewegung – er flog mit seinem Reiter durch die Luft, kam schlecht auf, stürzte und überschlug sich. Harka hatte sich mit Schenkel und Armen festgeklammert, ohne die Zügel anzufassen. Die halbwilden Pferde waren von einer erstaunlichen Geschicklichkeit und Zähigkeit. Der Grauschimmel kam samt seinem jungen Reiter wieder auf und rannte weiter, toll jetzt, als ob der Präriebrand hinter ihm her sei.
Schonka hatte auch die Anhöhe überwunden. Aber der Sturz Harkas am Hang war schneller vor sich gegangen, als irgendein Reiter diesen schwierigsten Abschnitt nehmen konnte, an dem sich das Pferd an der steilen Sandhalde einstemmen mußte. Auch Tschetan, der den Gipfel an der günstigeren Stelle genommen hatte, war an der steilen Halde wieder etwas aufgehalten.
So kam es, daß Harka auf dem scheu gewordenen GrauSchimmel als erster durch das Ziel galoppierte, umbrandet vom Jubel der Zuschauer. Zweiter wurde Tschetan, dritter Schonka.
Alle rissen ihre Tiere kurz hinter dem Ziel herum und kamen im Schritt zu den
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