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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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Cheyenne hin. Er deutete auf den Stein an der Halskette des Cheyenne, der leuchtete wie die Mittagssonne, und fragte rasch mit einem scharfen Blick, der den Blick des Cheyenne einfing und festhielt: »Geheimnisse? Welche? Diese?«
    »Ah, diesen Stein meinst du«, erwiderte der Cheyenne leise, verwirrt, »dies … ja, das Gold …«
    »Wollen die weißen Männer es haben? Wollt ihr es in unseren Jagdgründen rauben?« Ehe Mattotaupa den Knaben zurückweisen konnte, griff der Weiße ein und ließ sich von dem Cheyenne übersetzen, was gesprochen worden war.
    »Junge«, antwortete er dann tiefernst, und der Cheyenne übersetzte Wort für Wort: »Wir wollen euch nichts rauben. Sieh hier –« er holt zwei Beutel, öffnete sie und ließ glänzende Münzen durch seine Finger gleiten, die man bei der Bärenbande noch nie gesehen hatte. »Sieh hier, Gold und Silber! Ich bin im Vergleich zu den Wünschen, die ich hege, ein reicher Mann, habe Gold genug und brauche niemanden zu bedrohen und zu bestehlen. Ich will nichts als Bilder malen, darum bin ich selbst verzaubert. Aber du hast recht, Kind, wenn du in Sorge bist: Es ist nie gut, wenn man solche Geheimnisse besitzt. Es gibt der Räuber und Diebe zuviel! Am besten ist es, über die Dinge zu schweigen und sie zu verbergen!«
    Harka dankte dem Sprecher und zog sich wieder zurück.
    »Hau!« sprach Mattotaupa. »So ist es, und ich sehe, daß du, weißer Mann, ein aufrichtiger Mann bist. Ich werde den Bären jagen, und du sollst mein Bild malen. Morgen beginnen wir.«
    Als der nächste Tag kam, war im Zelt des Häuptlings schon bei Morgengrauen alles wach. Da die Jäger bei dem geplanten Unternehmen nicht mehr Proviant mitnehmen wollten als unbedingt nötig war, setzte der Häuptling seinen Gästen eine ausgiebige Morgenmahlzeit vor. Weitfliegender Vogel Gelbbart hatte geglaubt, daß man gleich danach aufbrechen werde, aber er hatte sich geirrt. Der Häuptling ließ zunächst durch Alte Antilope seine Krieger zusammenrufen, um mit ihnen den Bärentanz zur Beschwörung des Bärengeistes zu tanzen. Alte Antilope äußerte zwar Bedenken, weil der Zaubermann Hawandschita nicht im Zeltdorf war und vor einer so gefahrvollen Jagd nicht selbst mit dem Bärengeist sprechen konnte. Aber Mattotaupa fieberte in Jagdleidenschaft und lieh diesen Bedenken kein Gehör. Er nahm das Braunbärenfell, das in seinem Zelt aufbewahrt wurde, setzte das Kopfstück auf, ließ das Fell über den Rücken hängen und traf sich so mit zwanzig anderen Kriegern, die ebenfalls als Bären auftraten. Die Männer bewegten sich auf dem Dorfplatz im Kreis wie Bären, täppisch und doch zugleich geschickt, und sie ahmten dabei das Brummen und Knurren von Bären täuschend nach.
    Die Zeltbewohner kamen alle, um dem Bärentanz beizuwohnen.
    Harka hielt sich ein wenig abseits, um den Gelbbart zu beobachten. Dieser hatte etwas aus der Tasche gezogen, was aussah wie weißes Leder, und machte darauf mit einem Geheimnisstäbchen Striche. Als er bemerkte, daß der Knabe ihn beobachtete, winkte er ihn und Langspeer herbei, ließ Harka die Skizze des Bärentanzes sehen und ihm sagen:
    »Siehst du, Junge, so entsteht ein Bild. Es ist nichts anderes als die Bilder, die ihr mit blauer, gelber und roter Farbe auf eure Büffellederdecken malt.«
    Harka betrachtete die Skizze gründlich. »Das mag sein«, sagte er dann.
    Einige Krieger waren auf den Vorgang aufmerksam geworden. Ihre Mienen verdüsterten sich, aber sie sagten nichts.
    Der Bärentanz nahm den ganzen Vormittag in Anspruch. Um die Mittagszeit brach die kleine Jägerschar endlich auf. Mattotaupa, Langspeer, Alte Antilope und ein weiterer Krieger gehörten ihr an. Die Obliegenheiten des Häuptlings im Dorf sollte in der Zeit der Abwesenheit Mattotaupas sein Bruder wahrnehmen, der den Namen »Gefiederter Pfeil« trug.
    Weitfliegender Vogel Gelbbart blieb zurück. Die Männer, Frauen und Kinder der Bärenbande seien für ihn viel wichtiger als der Bär, so erklärte er lachend den ausziehenden Jägern.
    Die Gruppe der vier galoppierte unter Führung Langspeers westwärts in die Prärie hinaus. Die Jungen gaben den Jägern noch ein Stück Wegs das Geleit. Als sie wieder zu den Zelten zurückkehrten, bemerkte Harka, daß Weitfliegender Vogel ihn sprechen wollte. Der Knabe ging zu dem Maler, der Fremde Muschel als Dolmetscher herbeirief. Durch diesen ließ er Harka bitten, mit den Jungen indianische Spiele vorzuführen. Harka kam die Bitte gelegen, da die Jungen Hunde sich

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