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Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
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für ein, zwei oder drei Tage die Zeit vertreiben mußten, bis die Jagdgruppe zurückkehrte und das Dorf erfahren konnte, ob die Jagd auf den großen Grauen geglückt war.
    So rief Harka die Jungen Hunde wieder einmal zum Ballspiel zusammen. Der harte kleine Lederball wurde herbeigebracht und die Zelteingänge bestimmt, die als Tor dienten. Die Jungen kamen mit ihren Eschenstöcken herbei, deren Ende gebogen war, die Parteien bildeten sich, und dann war der Dorfplatz, der eben noch der Bärenbeschwörung gedient hatte, von dem fröhlichen und aufgeregten Geschrei der spielenden Jungen erfüllt. Großen Beifall und viel Gelächter rief es hervor, wenn der jüngste Sohn von Alte Antilope mit unglaublicher Geschwindigkeit hinter dem Ball hersetzte und ihn den größeren Jungen oft eben vor dem Stock noch wegschlug.
    Nach diesem Spiel beschloß Harka mit dem Rat der Jungen Hunde, dem fremden Mann, der nicht jagen wollte, einmal vorzuführen, wie Dakotajungen mit Pfeil und Bogen umzugehen verstanden. Als die Roten Federn die Vorbereitungen hierzu bemerkten, kamen auch sie herbei und sagten höflich, daß sie sich beteiligen möchten. Die Jungen Hunde waren durchaus einverstanden. Harka bat den Maler, als Zielscheibe einen grauen Bären zu zeichnen.
    Der Fremde sagte bereitwillig zu. Er opferte eine Leinwand und malte mit schnellen Pinselstrichen einen aufgerichteten Graubären in halber Lebensgröße. Als das Bild außerhalb der Zelte auf einer großen Wiesenfläche aufgestellt wurde, verstummte das Geschrei der Jungen ringsum. Sie machten große Augen, und auch die Krieger schwiegen betreten. »Der Bärengeist«, flüsterten sie, »der Bärengeist ist da!«
    Auch Harka war jetzt unschlüssig geworden.
    »Was ist?« ließ der Weiße durch Fremde Muschel fragen. »Ist das Bild nicht gut gelungen?«
    »Zu gut«, übersetzte Fremde Muschel die Antwort der Krieger, »die Männer fürchten den Zauber.«
    »Dann werde ich selbst den Zauber brechen«, erwiderte Weitfliegender Vogel in raschem Entschluß. »Die Männer der Dakota sollen sehen, daß niemand ein Bild zu fürchten braucht!«
    Er ging in das Häuptlingszelt, holte seine Flinte und stellte sich in einer Entfernung von hundert Metern vom Bild auf. Harka stand sofort neben ihm, beobachtete, wie das Mazzawaken geladen und zum Schuß angelegt wurde. Er hörte den Knall des Schusses und bemerkte den Rückstoß, der dem Schützen nicht schadete.
    Dem Bären auf dem Bild hatte die Kugel die Schulter durchschlagen; das Loch in der Leinwand war zu sehen.
    Harka zog die Mundwinkel herab.
    »Nicht zufrieden?« ließ der weiße Mann ihn durch
    Fremde Muschel fragen.
    »Nein«, antwortete Harka aufrichtig. »Du hast den Bären mit diesem Schuß nur gereizt, aber nicht getötet. Ist es so schwer, mit deinem Mazzawaken das Ziel richtig zu treffen?«
    »Du machst mir Spaß, Junge! Nein, das liegt nicht an der Flinte, es liegt an meiner unruhigen Hand! Aber nun zeigt mir, wie die jungen Dakota zu zielen vermögen.«
    Der Bann war gebrochen. Zuerst traten die Roten Federn an. Sie wählten ihren Standplatz 150 Meter vom Ziel entfernt und schossen die Pfeile mit Kraft und Sicherheit ab. Mehr als ein Pfeil blieb im Körper des Bären stecken. Auch Schonka kam herbei und traf nicht schlecht. Weitfliegender Vogel äußerte wiederholt seine Bewunderung.
    Dann kamen die Jungen Hunde an die Reihe. Sie schossen ihre Pfeile aus einer Entfernung von 80 Metern ab. Der Maler war überrascht, als der schmächtige Knabe, den er im Häuptlingszelt neben Harka kaum beachtet hatte, den besten Schuß abgab; sein Pfeil war dem Grizzly direkt »ins Herz« gegangen. Ein allgemeines Jubelgeschrei belohnte Harpstennah.
    Als letzter kam Harka an die Reihe. Als er vortrat, hatte er weder Pfeil noch Bogen bei sich.
    »Dieser Bär ist mit dem Pfeil Harpstennahs getötet«, sagte er. »Sagen wir, daß jetzt ein neuer Bär auf dieses Bild herbeigekommen sei. Ihn will ich mit dem Speer töten!« Und der Knabe hob einen Jagdspeer seines Vaters, den er unbemerkt herbeigebracht hatte, aus dem Gras auf. Er ging in die Haltung des Speerwerfers, wiegte die Waffe in der Hand und schleuderte sie. Aller Augen folgten dem Wurf.
    Der leichte Jagdspeer mit der schlanken, messerscharfen Spitze aus Feuerstein drang dem »Bären« zwischen den Augen in den Schädel. Der Speer durchbohrte die Leinwand und kam ein gutes Stück dahinter zur Erde. Mit einem neuen Jubelgeschrei bewunderten alle Umstehenden diesen Wurf.
    Harka holte

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