Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Harka der Sohn des Haeuptlings

Harka der Sohn des Haeuptlings

Titel: Harka der Sohn des Haeuptlings Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liselotte Welskopf-Henrich
Vom Netzwerk:
stimmte etwas nicht, und Harka nahm sich vor, dies noch zu ergründen.
    Mattotaupa wechselte das Thema. »Haben Weitfliegender Vogel und Langspeer auf ihrem Ritt vom Felsengebirge zu unseren Zelten Spuren gefunden, sind sie Kriegern oder großem Jagdwild begegnet?«
    Auf diese Frage hin wurden die Gäste lebhaft. Sie sprachen erst beide, dann ließ der Weiße dem Indianer wieder allein das Wort, da er bemerkte, daß er von den Dakota nicht verstanden wurde.
    »Wir haben die Spuren eines grauen Bären gefunden!«
    Es fehlte nicht viel, daß Mattotaupa aufgesprungen wäre. »Einen grauen Bären! Eh! Wo habt ihr diese Spur gesehen?«
    »Zwei Tagesritte von hier, dem Gebirge zu.«
    »Wie alt war sie?«
    »Ganz frisch.«
    »Ihr seid der Fährte gefolgt?«
    »Das sind wir!«
    Mattotaupa fragte nicht weiter, er schaute seine Gäste nur voll Spannung an. Langspeer lächelte. »Es ist eine Geschichte, die ich nicht glauben würde, wenn ich sie nicht selbst erlebt hätte«, sagte er. »Wir sind der Fährte erst zu Pferde gefolgt, denn sie lief deutlich durch die Bergwiesen. Sie führte bis zu einem Felsen, da war sie verschwunden. Mein weißer Bruder bat mich, bei den Pferden zu warten, er wollte im Fels umherklettern und Ausschau halten. Er hatte nicht die Absicht, den grauen Bären zu erlegen, er wollte ihn aber einmal sehen.«
    »Das ist auch gefährlich. Warum wollte er ihn nicht töten? Ist der Bär das Totemtier Weitfliegenden Vogels?«
    »Nein, Häuptling, aber mein weißer Bruder sagt, daß alle Tiere unsere Brüder sind.«
    »Hau, daran ist etwas richtig. Aber erzähle weiter!«
    »Gut. Weitfliegender Vogel wollte also in den Fels klettern, aber ich widersprach, weil die Spur sehr frisch war und weil der graue Bär groß, schlau, stark und, wie du schon gesagt hast, sehr gefährlich ist.«
    »Hau, das ist er!« bekräftigte Mattotaupa.
    »Wir sprachen und widersprachen uns. Endlich gestand mein älterer weißer Bruder mir zu, daß ich über den Fels klettern und er bei den Pferden wachen wollte. Wir stiegen beide ab.«
    »Hau, und was geschah?« fragte Mattotaupa, da
    Langspeer eine Pause eintreten ließ. »Wo habt ihr eure Mazzawaken gelassen?«
    »Ich gab das meine meinem weißen Bruder, um ungehindert klettern zu können. Ich gab ihm auch die Zügel, und so hielt er beide Pferde, und ich wollte in den Felsen einsteigen –«
    »Erzähle weiter!«
    »Dabei drehte ich mich um, und mein weißer Bruder hat mein Gesicht gesehen, das plötzlich schreckerstarrt war, und er wandte sich auch um – und – wir sahen beide den Grizzly, der hinter uns stand, hoch auf den Hintertatzen aufgerichtet – und bereit, mit seinen Tatzen zuzuschlagen!«
    »Ho, ho, ho! Er hatte euch gut beschlichen, der graue Bär!«
    »Das hatte er. Es war ein großartiges und gewaltiges Tier.«
    »Ihr lebt noch. Wie habt ihr euch gerettet?«
    »Mein älterer weißer Bruder konnte eben noch aufspringen. Mit beiden Pferden und beiden Mazzawaken galoppierte er davon. Oder die Pferde galoppierten mit ihm. Ich versteckte mich in dem zerklüfteten Felsen.«
    Mattotaupa lachte gutmütig, und seine beiden Gäste lachten mit.
    »Der Bär hat uns in die Flucht geschlagen, Häuptling.«
    »Ihr habt euch nicht an ihm gerächt?«
    »Wir haben einander gesucht und waren froh, als wir uns wiederfanden.«
    Mattotaupa lachte abermals. »So weit fort ist Weitfliegender Vogel mit den beiden Pferden enteilt, daß du ihn suchen mußtest?«
    »So weit sind die Pferde mit ihm enteilt, Häuptling!«
    Mattotaupa konnte sich gar nicht fassen: »So weit davongeritten, so weit! Mit zwei Mazzawaken! Davongeritten.«
    Der weiße Mann lächelte in seinen Bart. »Aber gewiß«, ließ er den Cheyenne übersetzen. »Ich bin nicht gekommen, um Bären zu jagen, sondern um die Bilder der großen Häuptlinge mit dem Geheimnisstab zu malen.«
    Mattotaupas Lachen erstarb. »Du bist ein Geheimnismann?«
    »Er ist ein Geheimnismann besonderer Art, Häuptling«, erklärte der Cheyenne. »Darf er dir die Bilder der Häuptlinge der Pani und der Schoschonen zeigen?«
    »Hau! Das soll er.«
    Die beiden Gäste erhoben sich, Mattotaupa ebenfalls. Die Fremden kramten in dem Gepäck im Hintergrund und brachten dann einige Rollen Leinwand mit ans Feuer. Der weiße Mann entrollte die erste und ließ das Bild vom Feuer beleuchten.
    Mattotaupa stand stumm und starr wie verzaubert davor, und die Frauen und Kinder im Hintergrund waren nicht weniger verblüfft, entsetzt und neugierig. Scheschoka hielt

Weitere Kostenlose Bücher