Harpyien-Träume
auszustoßen, der zum Himmel stank. Aber irgendwie hatte sie sich nie allzu viel aus dieser Fähigkeit gemacht. Ihre Mutter war Gloria Kobold, und die war wunderschön und freundlich, und Gloha zog es nun mal vor, der Mutter nachzueifern. Ja, wenn ihr Bruder Harglo jetzt hier wäre! Der hätte bereits einen Fluch ausg e stoßen, der die Wolke hätte zerfasern lassen. So aber mußte Gloha selbst mit dieser Herausforderung fertig werden.
Fracto noch mehr zum Dampfen zu bringen, schied also aus. Und ausweichen würde sie ihm wohl auch kaum können, weil er direkt über dem Schloß schwebte, zu dem sie wollte, und das nicht nur zufällig. Was blieb da noch?
Schlauer zu sein als Fracto? Gloha war sich zwar sicher, daß sie schlauer war als eine Kreatur, deren Gehirn nur aus strudelndem Dampf bestand, aber wie sollte sie das beweisen? In einer Situation wie dieser schien Klugheit nicht allzu viel zu zählen. Fracto brauchte ja nichts anderes zu tun, als dazuhocken und sie naßz u machen, wenn sie versuchte, zum Schloß vorzustoßen.
Na ja, dann mußte sie eben riskieren, naß zu werden. Sie war ja nicht aus Zuckerwatte. Gloha setzte eine ernste Miene auf und flog schnurgerade in die Richtung weiter, von der sie hoffte, daß dort das Schloß liegen mußte.
Fracto plusterte sich auf wie eine Fleckenwarze. Er öffnete den klammen Schlund und blies Gloha einen übelriechenden Windstoß entgegen. Der hüllte sie ein und bedeckte ihre hübschen kleinen Zöpfe mit Smog und ihre süßen kleinen Schwingen mit schmutz i gem Eis. Stinkende Luft stieg ihr in die kleine Nase und verklebte ihr die aufgerissenen kleinen Augen. Plötzlich befand sie sich im Blindflug, und noch dazu verlor sie an Höhe. Sie würde gleich abstürzen!
Gloha nieste. Der Stoß schleuderte sie rückwärts aus dem sti n kenden Luftschwall, und sie bekam blinzelnd die Augen wieder frei. Sie hatte noch ein wenig Flughöhe und konnte den Rückstoß nutzen, um sich wieder emporzuschwingen.
Sie holte ihr hübsches kleines Taschentuch hervor und wischte sich damit das Gesicht ab. Fractos häßliche Schnauze lachte und spuckte zerbrochene Wind- und Wolkenfetzen hervor, die in sti n kenden Farben heranschwebten. Gloha kam zu dem Schluß, daß sie nun am Ende war. Die schreckliche Wolke verfügte einfach über viel zu viel üblen Wind.
Schön – wenn sie schon nicht hinfliegen konnte, würde sie eben zu Fuß gehen. Sie war ein Koboldmädchen mit Harpyienflügeln, und obwohl sie die meiste Zeit unter den Flügelungeheuern zug e bracht hatte, war sie auch am Boden zu Hause. Fracto würde sie nicht daran hindern können, ihre schnellen kleinen Beine zu gebrauchen.
Im Schwebeflug setzte sie bereits am Boden auf, noch bevor die bösartige Wolke einen weiteren üblen Windstoß zustande gebracht hatte, um sie wegzupusten. Eigentlich hatte Gloha darauf gehofft, einen verzauberten Pfad vorzufinden, der sie ans Ziel führte, doch sie konnte keinen ausmachen. Und so berührten ihre hübschen kleinen Sandalen eine Lichtung, und sie setzte ihren Marsch fort. Es gab immerhin einen normalen Pfad, der ihr schon genügen würde. Sie hatte ihn beim Landeanflug bemerkt und war überzeugt davon, daß er sie ans Ziel führte. Sie würde allerdings Ausschau nach feindseligen Ungeheuern und Ähnlichem halten müssen, die ihr auf einem unverzauberten Pfad gefährlich werden konnten.
Fracto war außer sich. Er prustete und hustete und ließ einen solchen Sturm entstehen, daß schon zweieinhalb Momente später dichter Schnee fiel. In dem verbliebenen halben Moment häufte er sich bereits so hoch auf, daß er jede Spur eines Pfades unter sich begrub.
Mist. Wie sollte sie jetzt weiterfinden? Gloha wußte genau, daß sie sich in dem Schnee verirren würde. Sie konnte nicht einmal ihre eigenen Spuren zurückverfolgen. Außerdem war es bitterkalt; Gl o ha froren die verkrampften Füßchen.
Sie würde sich irgendwo unterstellen müssen, bis der Sturm sich erschöpft hatte. Vielleicht fand sie ja einen Deckenbusch und konnte sich darunter verstecken; dann würde der Schnee sie se i nerseits bedecken, bis Fracto nicht mehr wußte, wo sie sich b e fand, und schließlich davonschweben.
Doch Gloha entdeckte weder Decken- noch Kopfkissensträ u cher. Tatsächlich war diese Lichtung bemerkenswert frei von je d weden nützlichen Gewächsen. Nur am Rand der Lichtung war ein großer Schneeball auszumachen. Mit dem wollte sie ganz bestimmt nichts zu tun haben!
Als ihre Zähne jedoch undamenhaft zu
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