Harrison, Kim - Hollows 7 - Blutkind
darum bemüht, nicht zu erbrechen.
»Sie hier rausschaffen«, knurrte sie irgendwo weit entfernt hinter mir.
»Du kannst sie nicht so schnell bewegen«, rief er und be-stäubte mich, als könne er mir damit einen Auraersatz geben.
»Sie bewegt sich nicht langsam, weil sie verletzt ist, sondern um ihre Aura bei sich zu behalten. Du hast sie gerade so ungefähr beim Lift verloren.«
Ivys Stimme war nur noch ein Flüstern: »Oh, mein Gott.«
Ich fühlte eine warme Hand auf meinem Arm. »Rachel, es tut mir leid. Geht es dir gut?«
Ich erholte mich erstaunlich schnell, und die Welt hörte auf sich zu drehen. Ich hob den Kopf und blinzelte, bis ihr Gesicht scharf wurde. »Yeah.« Ich holte vorsichtig Luft. »Beweg mich nur nicht so schnell.« Dreck. Wie sollte ich nur mit dem Auto klarkommen?
Ivys Gesicht wirkte verängstigt, und ich berührte ihre Hand, die immer noch auf meiner Schulter lag. »Mir geht es gut«, sagte ich und riskierte einen weiteren tiefen Atemzug. »Wo sind wir?«
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Sie setzte sich wieder in Bewegung, diesmal unendlich langsam. Jenks, der neben mir flog, nickte zustimmend. »Im Kindertrakt«, flüsterte sie.
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Ängstlich presste ich meine Knie zusammen, als Ivy mich den Flur entlangschob. Wir hatten den langen Durchgang über der Liefereinfahrt überquert und waren jetzt tatsächlich im Kindertrakt. Ein schreckliches Gefühl von Grauen und Vertrautheit ergriff von mir Besitz, und mein Magen verkrampfte sich.
Der Geruch war anders, mit Untertönen von Babypuder und Wachsmalstiften. Die Wände hatten jetzt ein wärmeres Gelb, und der Handlauf … Ich beäugte die Wände, als wir vorbeiroll-ten. Es gab jetzt noch einen zweiten, niedriger angebrachten Handlauf, und das brachte mich fast um. In Sitzhöhe hingen Bilder von Welpen und Kätzchen an den Wänden. Und Regenbogen. Kinder sollten nicht krank sein. Aber das waren sie. Sie starben hier, und das war nicht fair.
Ich fühlte Tränen in meinen Augen, und Jenks landete auf meiner Schulter.
»Bist du okay?«
Es ist nicht fair, verdammt nochmal . »Nein«, sagte ich, zwang aber ein Lächeln auf mein Gesicht, damit er Ivy nicht dazu brachte, anzuhalten. Ich konnte Kinder reden hören, mit dieser Intensität in den Stimmen, die Kinder hatten, wenn sie wussten, dass ihnen nur wenig Zeit blieb, um sich Gehör zu verschaffen.
Wir kamen am Spielzimmer vorbei. Die großen Fenster blickten mit zurückgezogenen Vorhängen auf den Schnee hinaus, und die Deckenlichter waren an, so dass es dort fast so hell war, als wäre es Mittag. Es war kurz nach Mitternacht, und 275
nur die Inderlander-Kids waren wach. Die meisten waren wahrscheinlich gerade in ihren Zimmern, mit einem oder beiden Elternteilen beim Abendessen. Wenn sie es einrichten konnten, besuchten die meisten Eltern ihre Kinder zum Essen, in dem Versuch, ein wenig vertrautes Zuhause in das Krankenhaus zu bringen, indem sie mit ihnen aßen. Und die Kinder -
ohne Ausnahme - waren zu nett, ihnen zu sagen, dass dies nur dafür sorgte, dass Zuhause umso weiter entfernt schien.
Wir rollten langsam an dem hellen Raum mit den nachtschwarzen Fenstern vorbei. Ich war nicht überrascht, dass er fast leer war, bis auf die paar Kinder, deren Eltern zu weit weg wohnten, um zum Essen zu kommen, oder die andere Pflichten zu erfüllen hatten. Sie waren ein unabhängiger Haufen, und sie redeten viel. Ich lächelte, als sie uns sahen, erschrak aber, als eines von ihnen rief: »Ivy!«
Sofort leerte sich der Tisch in der hinteren Ecke, und ich saß überrascht in meinem Stuhl, als wir plötzlich von Kindern in bunten Pyjamas umringt waren. Ein Mädchen zog fröhlich ihren Infusionsständer hinter sich her, drei hatten nach einer Chemotherapie keine Haare. Chemo war auch nach dem Wandel noch legal, anders als effektivere Medikamente.
Die Älteste der drei, ein dünnes Mädchen mit zusammengebissenen Zähnen, schlurfte entschlossen hinterher. Sie trug ein leuchtend rotes Kopftuch, das zu ihrem Pyjama passte, und das verlieh ihr einen liebenswerten Böses-Mädchen-Look.
»Ivy, Ivy, Ivy!«, rief ein rotbäckiger Junge von ungefähr sechs Jahren und erschütterte mich bis ins Mark, als er begeistert Ivys Knie umarmte. Ivy wurde rot, und Jenks lachte, wobei er goldenen Staub verlor.
»Bist du gekommen, um mit uns zu essen und Erbsen auf den Papagei zu werfen?«, fragte das Mädchen mit der Infusion, und ich drehte mich in meinem Rollstuhl, um Ivy besser sehen zu können.
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»Pixie, Pixie, Pixie«, schrie
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