Harrison, Kim - Hollows 7 - Blutkind
zu erringen.
Aber während der gesamten Haarwäsche blieb mein Kopf wohlig leer.
Letztendlich war es das leise Rumpeln von Marshals Stimme, das mich daran erinnerte, dass das dringendere Problem gerade in meiner Küche saß und Kaffee trank. Ich warf meine Haare nach hinten und wischte den Spiegel ab, während ich mich fragte, was ich deswegen unternehmen sollte. Jenks hatte ihm wahrscheinlich Flausen in den Kopf gesetzt. Ich konnte nicht Marshals Freundin sein. Er war ein zu guter Kerl, und obwohl er in Krisensituationen Nervenstärke bewies, hatte wahrscheinlich noch nie jemand versucht, Marshal umzubringen.
Ich zog mich schnell an, dann zog ich eine Bürste durch meine nassen Haare und ließ sie offen trocknen. Jenks’ Stimme war klar zu hören, als ich die Tür öffnete und strumpfsockig in 358
die Küche tapste. Ich betrat den sonnendurchfluteten Raum und stellte fest, dass jemand mit Klebeband den Kühlschrank geschlossen hatte. Ansonsten sah alles normal aus. Jenks saß auf dem Tisch vor Marshal, und der große Mann wirkte, als gehöre er hierher, mit dem Pixievater und einem seiner Kinder, das seine Nachmittagsmüdigkeit bekämpfte.
Marshal fing meinen Blick auf, und mein Lächeln verblasste.
»Hi, Marshal«, sagte ich und erinnerte mich daran, wie er Jenks und mir in Mackinaw geholfen hatte, als wir Hilfe wirklich nötig hatten. Dafür würde ich ihm immer dankbar sein.
»Morgen, Rache«, sagte die Hexe und stand auf. »Neuer Di-
ätplan?«
Ich folgte seinem Blick zum Kühlschrank und war nicht gerade scharf drauf, ihm zu erzählen, dass ich ihn in die Luft gejagt hatte. »Jau.« Ich zögerte, dachte an seinen Besuch im Krankenhaus und umarmte ihn kurz, fast ohne ihn zu berühren.
Jenks hob mit seinem Kind ab und flog zu einem Sonnenfleck an der Spüle. »Irgendwelche Neuigkeiten über meine Kurse?«
Marshal hob seine breiten Schultern und ließ sie wieder fallen. »Ich habe heute meine E-Mails noch nicht abgeholt, aber später fahre ich sowieso rein. Ich bin mir sicher, dass es nur ei-ne Panne war.«
Ich hoffte, dass er Recht hatte. Ich hatte noch nie gehört, dass eine Universität Geld ablehnte. »Danke für’s Frühstück«, sagte ich, als ich die offene Schachtel mit Doughnuts auf der Arbeitsfläche sah. »Das ist wirklich nett.«
Marshal fuhr sich mit einer Hand durch die kurzen schwarzen Haare. »Ich wollte nur mal nach dir schauen. Ich habe noch nie erlebt, dass jemand aus dem Krankenhaus flieht. Jenks sagte, du hättest gestern Nacht einen Zusammenstoß mit Al gehabt?«
»Du hast Kaffee gekocht?«, fragte ich, weil ich nicht über Al reden wollte. »Danke. Riecht gut.« Ich ging zur Kanne neben der Spüle.
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Marshal verschränkte die Hände vor dem Bauch, dann löste er sie wieder, als wäre ihm aufgefallen, wie verletzlich er dadurch wirkte. »Ivy hat den Kaffee gemacht.«
»Bevor sie gegangen ist«, ergänzte Jenks. Er saß mit seinem schlafenden Kind auf dem Schoß auf dem Wasserhahn.
Ich lehnte mich gegen die Spüle, nippte an meinem Kaffee und betrachtete die zwei Männer in ihren verschiedenen Ecken der Küche. Ich mochte es nicht, wenn meine Mom den Kuppler spielte. Ich mochte es noch weniger, wenn Jenks sich als Kuppler versuchte.
Marshal setzte sich wieder. Er wirkte, als wäre ihm unbehaglich zumute. »Also, deine Aura sieht besser aus.«
Ich seufzte und gab nach. Es war nett von ihm gewesen, mich im Krankenhaus zu besuchen. »Es wird schon werden«, sagte ich säuerlich. »Deswegen habe ich Al um einen freien Tag gebeten. Anscheinend ist meine Aura zu dünn, um sicher durch die Linien zu reisen. Ich kann nicht mal einen Schutzkreis errichten. Schwindel.«
Und ich habe dabei solche
Schmerzen, dass ich nicht atmen kann, aber warum sollte ich darüber reden?
»Es tut mir leid.« Marshal nahm sich einen Doughnut und hielt mir die Schachtel entgegen. »Es kommt in Ordnung.«
»Das sagen sie mir alle.« Ich trat vor und lehnte mich über die Kücheninsel, um mir einen mit Zuckerguss zu nehmen.
»Ich denke, nächste Woche ist alles wieder normal.«
Marshal warf einen kurzen Blick zu Jenks, bevor er leise sagte: »Ich meinte das mit Pierce. Jenks hat mir erzählt, dass du ihn in der Kraftlinie gesehen hast und Al ihn sich geschnappt hat. Gott, Rachel. Es tut mir leid. Du musst wirklich fertig sein.«
Ich fühlte, wie mir das Blut aus dem Gesicht wich. Jenks hatte den Anstand, verlegen zu wirken. Ich legte den Doughnut auf eine Serviette. »Das ist eine
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