Harrison, Kim - Hollows 7 - Blutkind
in den Glockenturm getragen, während ich im Krankenhaus war, und der Gedanke, sie alle wieder runterzuholen, ließ mich seufzen. Al hatte gesagt, dass es keinen Zauber gab, der die Aura einer Person ersetzte, aber vielleicht gab es etwas, das einen vor einer Banshee beschützen konnte.
Ich stand auf, um nachzuschauen, als im Wohnzimmer das noch abgehobene Telefon piepte. Jenks schoss aus dem Raum, 365
um sich darum zu kümmern, und ich zögerte, weil mir wieder einfiel, dass ich Gesellschaft hatte. »Ähm,’tschuldigung«, meinte ich und starrte in Marshals amüsiertes Gesicht. »Ich muss auf den Speicher und ein paar Bücher holen. Um nach einem, ähm, Zauber zu suchen.«
»Soll ich dir helfen?«, fragte er und war bereits aufgestanden.
»Es sind nur ein paar Bücher«, wiegelte ich ab und dachte an die Dämonentexte zwischen den anderen Büchern.
»Kein Problem.« Er ging bereits Richtung Altarraum, und ich beeilte mich, ihm zu folgen. Dreck, wie soll ich erklären, dass ich Dämonenbücher habe ?
Im Altarraum war es ruhig, nur das kleine Heizgerät, das wir für die Pixies aufgestellt hatten, brummte. Jenks hatte das Telefon aufgelegt und saß jetzt mit seinen zwei ältesten Söhnen, die Wachdienst hatten, in den Dachbalken. »Ich kann das auch alleine«, sagte ich, als ich Marshal einholte, und er warf mir einen Seitenblick zu.
»Es sind nur ein paar Bücher«, meinte er und biss von dem Doughnut ab, den er mitgenommen hatte. »Ich hole sie runter, und wenn ich dann gehen soll, gehe ich«, sagte er mit vollem Mund. »Ich weiß, dass du zu arbeiten hast. Ich wollte nur mal nach dir schauen, das ist alles.«
Er klang irgendwie verletzt, und ich fühlte mich schlecht, als ich ihm durch das kalte Foyer auf die ungeheizte Wendeltreppe folgte, die in den Glockenturm führte. Ich hatte schon einmal dort oben gezaubert, letztes Halloween, als ich mich vor Dämonen versteckt hatte. Marshal war gerade erst in die Stadt gekommen und noch auf der Suche nach einem Apartment gewesen. Mann, das Ganze lief erst seit zwei Monaten? Mir erschien es länger.
»Marshal«, sagte ich, als wir oben waren und ich wegen der Kälte im Glockenturm meine Arme um mich schlang. Dreck, war es kalt hier oben. Mein Atem dampfte. Ich schaute in die 366
offenen Balken über der riesigen Glocke, aus denen die Decke über dem Turm bestand, aber Bis war nicht da. Er hatte sich wahrscheinlich letzte Nacht aufs Dach gesetzt, wo ihn den ganzen Tag die Sonne bescheinen konnte. Der halbwüchsige Gargoyle kam selten nach drinnen, außer bei wirklich scheußlichem Wetter, und wenn er irgendwann ausgewachsen war, würde er wahrscheinlich nicht mal mehr das tun.
»Hey, das ist nett hier!«, meinte Marshal. Ich blieb stehen und war froh, als er den sechseckigen Raum ausgiebig musterte. Der rohe Boden hatte die Farbe von Staub, und die Wände waren nie abgeschliffen worden, sodass man immer noch die Balken und die Hinterseite der Hausverkleidung sehen konnte.
Hier herrschte dieselbe Temperatur wie draußen, ungefähr acht Grad, was nach der dampfigen Hitze unten fast erfrischend war.
Die Spaltfenster ließen ein wenig Licht und Lärm herein. Sie waren ein nettes Versteck, hinter dem man sitzen und den Tag einfach verstreichen lassen konnte. Ich war nicht überrascht, als Marshal sich zu einer der Spalten bückte und nach draußen schaute. Neben ihm stand der Klappstuhl, den ich hier oben gelassen hatte, für die Gelegenheiten, wenn ich einfach mal allem entkommen musste. In der Mitte des ungefähr drei mal drei Meter großen Raumes stand eine alte Kommode mit einer grünen Marmorplatte und einem vom Alter fleckigen Spiegel.
Meine Bibliothek stand auf einem Mahagonibrett, das in die Balken zwischen zwei Fenstern geklemmt war. Daneben, direkt neben der Tür, stand ein verblichenes altes Sofa. Ansonsten war der Raum leer, mal abgesehen von der Glocke, deren unterschwelliges Brummen leicht nachhallte.
Müde setzte ich mich auf das Sofa und zog eines der Bücher auf meinen Schoß. Ich wollte einfach nur hier sitzen, während Marshal seine Neugier befriedigte. Meine Gedanken wanderten zurück ins Erdgeschoss zu den nutzlosen Zaubern in meinem 367
Schrank. »Ähm, Marshal, wegen dieser Ortungsamulette«, sagte ich leise.
Marshal drehte sich mit einem Lächeln um. »Meine Lippen sind versiegelt«, sagte er. »Ich weiß, dass das, was du fürs FIB
machst, vertraulich ist. Mach dir keine Sorgen.«
Okay, das ist seltsam , dachte ich, als Marshal
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